Kapitel 19

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Der Uniformierte wartete nicht länger auf meine Antwort, weshalb er mich weiter voranschob. Endlich erwachte ich aus meiner Starre und klärte ihn nun auf, bevor ich die Chance dazu verpasste. »Ich bin der Beweis, dass die Außerirdischen keine Gefahr darstellen. Sie haben nie einen Menschen umgebracht«, sagte ich ruhig.

Der Soldat schnaufte. »Sie sind also doch eine von denen, die glauben, Aliens sind gut. Das sind sie nicht.« Er war eine harte Nuss.

Etwas eindringlicher fuhr ich fort. »Das Alien hat den Menschen nie umgebracht, sie hat ihn gerettet.«

Seine Miene veränderte sich kein bisschen. »Woher wollen Sie das bitteschön wissen?« Nicht nur seine Geduld schien am Ende zu sein, sondern langsam aber sicher auch meine.

Ich holte tief Luft. »Weil ich die Person auf dem Video bin.« Als ich diese Worte aussprach, schaute ich ihm fest in die Augen. Das musste er doch langsam glauben. Für einen Moment sagte niemand etwas, dann schüttelte er den Kopf. »Für solchen Unsinn habe ich keine Zeit. Selbst, wenn Sie es waren, wären Sie jetzt tot.« Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber er ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen. »Sie müssen jetzt das Sperrgebiet verlassen.«

»Sie verstehen nicht-«, setzte ich an.

»Ist mir egal«, entgegnete der Soldat genervt.

»Das sollte es nicht!«, rief ich. »Es stehen viele Leben auf dem Spiel!«

»Deshalb sollten Sie jetzt gehen.« Für ihn war die Diskussion bereits beendet.

»Nein«, zischte ich. Daraufhin packte er mich grob am Arm und zerrte mich über den Strand in Richtung Zaun. Irgendwie musste es mir doch gelingen, ihn von der Wahrheit zu überzeugen. »Die Außerirdische hat mich wiederbelebt. Sie sind gut! Warum sollten sie auch in der Unterzahl herkommen und uns vernichten wollen? Das ergibt keinen Sinn. Fangen Sie an, mir zu glauben und lassen Sie mich los.« Wenn er das nicht schluckte, wusste ich auch nicht weiter.

Der Soldat bemühte sich, die Beherrschung nicht zu verlieren. »Ich werde gar nichts tun.« Etwas schärfer fügte er hinzu: »Wenn ich Sie noch einmal hier erwische, lasse ich Sie nicht einfach so gehen.« Ich sah ein, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu diskutieren, und fügte mich widerwillig seinem Befehl. Irgendwann würde ich mein Ziel auch mit anderen Wegen erreichen, statt in einer sinnlosen Diskussion verstrickt zu sein.

Selbst, als ich die Absperrungen des Strandes passiert hatte, spürte ich den eisernen Blick des Soldaten, mit dem ich mich gerade noch rumgeschlagen hatte. Ich ignorierte ihn und schlug die Route zu meiner Wohnung ein. Es brachte nichts mehr, weiter durch die Stadt zu streifen, mit der geringen Hoffnung, Tayla zu finden. Insgeheim hatte ich schon damit abgeschlossen, dass ich sie vielleicht nie wieder sehen würde und sie bereits zu dem außerirdischen Raumschiff zurückgekehrt war, um ihr Volk im Krieg zu unterstützen. Ich schüttelte den Kopf. Das passte nicht zusammen. Wenn die Aliens von dem Krieg wussten, hätten sie längst wegfliegen können. Warum also taten sie es nicht?

Plötzlich stoppte ich und warf einen Blick zurück. Wie hatte ich das nur vergessen können? Ich konnte jetzt nicht weg, die Lichtwesen waren für die anderen Menschen zum ersten Mal aus ihrer Kugel gekommen und hatten sich gezeigt. Deshalb hatte ich getan, was ich getan hatte. Seufzend stellte ich fest, dass ich weder in das Geschehen eingreifen, noch mit einer der beiden Seiten reden könnte. Alles das ich tun konnte, wenn ich blieb, war zuzusehen, was sich dort abspielte. Widerstrebend ging ich dann doch nach Hause. An dem Eingang des Wohnblocks schloss ich meinen Briefkasten auf und mir flog neben einem Brief und Zeitung auch ein anderer Zettel entgegen. Ich fing ihn auf, ehe er den Boden erreichte. Grummelnd musterte ich ihn. Die dick gedruckten Zeilen sprang mir sofort ins Auge, »Information für alle Bürgerinnen und Bürger!«, »Evakuierung von verschiedenen Straßen am Mittwoch, 12. September 2046«, »Evakuierungsgebiet muss bis 9 Uhr verlassen werden.« Dann stand noch etwas über die Aufenthaltsorte und dass man sich bei Bedarf vorher anmelden musste. Mittwoch war morgen. Ich musste Tayla also heute noch finden, sonst sah ich sie wahrscheinlich nie wieder. Vielleicht war es aber auch besser so. Menschen und Aliens passten einfach nicht zusammen. Kopfschüttelnd schloss ich den Briefkasten zu. Wieso dachte ich denn sowas? Wir würden uns schon noch verabschieden können, aber erst mal musste ich wissen, was momentan draußen vor sich ging.

Kurzerhand hechtete ich das Treppenhaus zu meiner Wohnung hoch. Der Fahrstuhl wäre sinnvoller gewesen, na ja, irgendwie musste ich ja Sport treiben. Ohne weitere Zeit zu verlieren, stand ich auf dem Balkon und erspähte die Lichtwesen. Insgeheim hatte ich gehofft, Tayla in meinem Zuhause anzutreffen, aber ich fand es genauso vor, wie ich es verlassen hatte. Irgendwie kamen die Schuldgefühle wieder hoch. Ich verdrängte diese schnell, bevor ich mich noch hineinsteigerte und konzentrierte mich auf das, was vor mir lag.

Auch aus den anderen Raumschiffen waren die Aliens herausgekommen und hatten sich vor einer der drei Kugeln versammelt. Am Strand dagegen war nichts weiter passiert, die Menge verteilte sich eher und hatte für heute scheinbar nichts weiter zu tun, als Wache zu stehen oder sich auf den Krieg vorzubereiten, sollte er denn eintreten. Was natürlich niemand hoffte.

Doch dann tat sich etwas. Die Lichtbälle schwebten knapp über den Wellen entlang direkt auf das Boot zu. Die drei Menschen darauf gerieten in Panik, soweit ich es in der Ferne ausmachen konnte. Bitte seid vernünftig, flehte ich, auch wenn sie es nicht hörten.

Mittlerweile war ein frischer Wind aufgekommen, und die fröhlichen Sonnenstrahlen hatten sich hinter den Wolken versteckt. Die zuvor noch ruhige See schwankte nun in Wellen umher. Sie türmten sich spitz in die Höhe, als wollten sie die dort draußen Anwesenden aufspießen. Das Landschaftsbild machte die Szene auf dem Meer doch gleich zum Trauerspiel. Ich ignorierte meine Gänsehaut durch die Frische und sah weiter zu. »Wenn ihr nicht verschwindet, werden wir angreifen!«, dröhnte die Stimme des Offiziers durch den Lautsprecher. Das sah nicht gut aus. Doch den Aliens störte die Drohung nicht weiter, stattdessen taten sie das Gegenteil und setzten ihren Weg unbeirrt fort.

In der Ferne dröhnten Rotorblattgeräusche, dessen Helikopter wenige Momente später auch schon zu sehen war. Wahrscheinlich waren es Reporter einer Fernsehsendung, die natürlich als Erstes davon erfuhren, wenn sich etwas bei den außerirdischen Raumschiffen tat. Das hatte ihnen auch noch gefehlt. Und ich konnte mal wieder nichts dagegen tun. Die Türen des Hubschraubers schoben sich auf und eine Kamera zielte auf das Geschehen. Vielleicht live. Dann wäre das eine Chance für mich, ins Fernsehen zu kommen. Wie immer eine sehr dumme Idee. Ich komme ja nur auf die dämlichsten Gedanken, aber was hatte ich auch erwartet?

Arrival of the unknownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt