3. In der Wohnung eines Fremden?

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Ich hätte es niemanden verübeln können, wenn sie mich als naiv und in gewisser Weise lebensmüde dargestellt hätten. Es wäre eine Lüge, zu sagen, dass ich diesen Mann kannte. Nein, ich kannte ihn nicht. Wie sollte es einem auch möglich sein, eine Person als Bekannte zu betiteln, die man erst zum zweiten Mal sah. Er machte zugegebenen Maßen einen vertrauensvollen Eindruck, aber das meisterten Mörder oder Vergewaltiger zweifellos auch. Das kam mir jedenfalls in den Sinn, als ich die Schwelle zu seiner Wohnung übertrat. Ich hoffte, dass es sich hierbei nicht um die Schwelle als Übergang zu meinem Ende herausstellte, sondern der Umschwung zu einem verheißungsvollen Leben war. Es war der Regen, der mich in diese verflixte Bredouille gebracht hatte. Nun musste ich das Beste aus der Situation machen und hoffen. Hoffen, dass ich diesen Tag unversehrt überstand. Klitschnass befand ich mich im Eingangsbereich und rührte keine Fingerspitze auch nur einen Millimeter, bis er mir gastlich Hausschuhe hinstellte, die ich anziehen sollte, damit meine Füße nicht noch mehr froren, als sie es eh schon taten. Mit den Hausschuhen an den Füßen und nachdem er mir seine Jacke wieder abnahm, folgte ich ihm in sein Wohnzimmer. Er wollte uns einen Tee machen und bot mir einen Sitzplatz auf dem Sofa an. „Setz dich ruhig, das Sofa kann nass werden. Ich komme gleich.“ Ich blieb jedoch stehen, meine Hose wies noch feuchte Stellen auf, weshalb ich das Sofa nicht verunreinigen wollte. Das Sofa war creme-weiß und es lagen viele Kissen darauf verteilt. Allgemein war das Wohnzimmer sehr gemütlich und heimisch eingerichtet. Als ich mich umschaute, drängte sich ein großes Bild in meinen Fokus. Es waren zwei Männer darauf abgebildet, die lächelnd und Arm in Arm in die Kamera schauten. Der eine Mann kam mir nur allzu bekannt vor, es war mein hoffentlich vertrauenswürdiger „Freund“ oder vielleicht auch nur mein Bekannter. Mit dem Tee auf einem Tablett, kam er zu mir in das Zimmer. Der Tee schmeckte vorzüglich und wärmte mich ein wenig auf, wenn es auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war. Ich hatte den Tee innerhalb weniger Momente geleert, fror jedoch weiterhin, weshalb er mir eine heiße Dusche anbot. „Du kannst alles benutzen, was du brauchst, und ich bringe dir gleich noch trockene Klamotten. In Ordnung?“ „Das wäre echt nett, ich weiß gar nicht, wie ich mich bedanken soll.“ „Das musst du auch nicht. der Schlüssel für das Bad steckt von innen.“ Ich ging tatsächlich duschen, da mir kein anderer Weg mehr einfiel, wie mir wieder warm werden sollte. Eingeschlossen in dem Bad kam ich erstmals richtig zur Ruhe. Er hatte mir einen Pulli und eine Jogginghose geliehen, da meine Klamotten vollständig durchnässt waren. In diese schlüpfte ich dann nach meinem ausgiebigen Bad. Ich bediente mich an dem Deo, welches so roch, wie die Kerze, die ich damals in meinem Zimmer stehen hatte. Als ich aus dem Bad trat, hörte ich eine weitere Stimme, die sich mit ihm unterhielt. Nervosität machte sich breit, jedoch blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu ihnen zu gesellen, da ich nicht ewig dort zwischen Tür und Angel stehen konnte.

Auch den anderen Mann kannte ich, obwohl ebenfalls hier das Verb „kennen“ nicht wirklich passend war, aber scheinbar nahm ich das mit den Fremden und Bekannten nicht mehr so genau. Ich hatte diesen Mann auf dem Bild an der Wand gesehen. Sie sahen wie beste Freunde aus. Ich klopfte an den Türrahmen, um nicht unhöflich hereinzuplatzen und stellte mich mit einer etwas zittrigen Stimme vor. Von beiden wurde ich freundlich angelächelt und auch der Mann stellte sich mir vor. „Mein Pulli steht dir echt gut“, fügte er hinzu. Ich hatte also nicht den Pulli meines „Freundes“ an, sondern von einer Person, die nicht hier wohnte? Für eine mögliche WG gab es definitiv zu wenig Zimmer. Sie konnten vermutlich aus meinem verwirrten Gesicht entnehmen, dass ich kein Wort mehr richtig verstand. Mein „Freund“ wollte daraufhin die Situation aufklären und bemerkte, während er seine Hand um die Taille des anderen Mannes legte, dass es sein Freund sei. Das dachte ich mir schließlich auch, aber das erklärte nicht, wieso ich seinen Pulli trug. Es dauerte einige Sekunden, bis endlich der Groschen fiel und ich realisierte, dass es sein Partner war, was erklärte, wieso sich auch seine Klamotten in diesem Haushalt befanden. Die Verwirrung in meinem Gesicht löste sich auf und ich fing an, über meine Dummheit zu lachen. Gleichzeitig fühlte ich mich deutlich wohler in ihrer Gegenwart. „Tut mir leid, dass ich deine Sachen trage.“ Ich schaute ihn entschuldigend an. „Kein Problem.“ Es schien ihm wirklich nichts auszumachen. Wir redeten noch den ganzen Abend zusammen über alles Erdenkliche. Ich berichtete, dass ich nach Südkorea geflogen war, da ich mich schon lange für die ostasiatische Kultur interessiert hatte und speziell die koreanische Musik anfing zu hören. Bevor ich ein Studium oder eine Ausbildung anfangen wollte, hatte ich das Verlangen, einmal meinem Alltag zu entfliehen und etwas zu erleben. Mein „Freund“, welcher Choi Soo-Ri hieß, was ich mir anfangs nur beschwerlich einprägen konnte, entgegnete darauf, dass er als Manager arbeitete, und zwar als Manager einer K-Pop Gruppe. Diese Gruppe, mit der er tagtäglich im Kontakt war, hieß StrayKids und tatsächlich hatte ich bereits von ihnen gehört. Ich musste zugeben, dass ich nicht wirklich etwas von ihnen wusste, geschweige denn war mir bewusst, wer sie genau waren, jedoch war mir der Name bereits das ein oder andere Mal zu Ohren gekommen. Ich war vollkommen begeistert und auch ein wenig aufgeregt, dass ich jemanden kannte, der im Kontakt mit Sängern stand und mit diesen arbeiten konnte.

Wir verquatschten uns derart, dass es bereits mitten in der Nacht war und sie mir anboten, dass ich auf ihrem Sofa übernachten konnte, da keiner mehr willig war, das Haus zu verlassen und sie mich nicht allein laufen lassen wollten. Zudem wusste ich den Weg auch jetzt noch nicht und war gleichzeitig ebenfalls zu müde, um mich noch aufzurappeln, weshalb ich eine Decke und ein Kissen bekam und es mir auf dem Sofa gemütlich machte. Am nächsten Tag würde ich vermutlich allein in der Wohnung aufwachen, erzählten sie mir, da beide früh zur Arbeit mussten. Ich konnte jedoch ausschlafen, mich am Kühlschrank bedienen und dann gehen, wann ich es gerne wollte. Außerdem wollten sie mir am Morgen noch notieren, wie ich zurück zu meinem Hotel kommen konnte. Daraufhin schlief ich ein.

Forbidden Love (Bang Chan X Reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt