19. "Es tut mir leid"

474 26 0
                                    

Der Gang war schmal und nach links und rechts befanden sich mehrere verschlossene Türen, die in mir unbekannte Räume führten. Was verbarg sich nur hinter ihnen und wieso waren es so viele? „Wohnst du hier allein?“, fragte ich nebenbei, als ich ihm weiter folgte, jedoch bekam ich anfangs keine Antwort. Der Gang endete in einem großen und hellen Raum, was nicht dem Licht der Nacht, sondern der Vielzahl an Lampen verschuldet war, die die ganze Zeit bereits leuchteten. Vor mir befand sich eine Fensterwand, aus der man vermutlich einen atemberaubenden Blick über die Stadt gehabt hätte, würden die Lichter im Inneren der Wohnung nicht leuchten. So sah ich nur das Spiegelbild der Möbel, von Bang Chan und von mir. Ich wirkte auf mich unschlüssig und voller Zweifel, da sich meine Schultern nach vorne bogen und ich meinen Kopf sichtlich einzog. Ein gutes Gefühl machte sich zu meinem Leidwesen nicht in mir breit, da ich wusste, dass die Entscheidung, in seine Wohnung einzutreten, keineswegs ein richtiger, sicherer und rationaler Beschluss war. Sollte ich hier umkommen, würde in den Nachrichten nur von einem naiven jungen Mädchen berichtet werden, welche ihre Handlungen nicht überdachte, sondern jedem Dahergelaufenen blindlings vertraute. Alle würden sich die Mäuler über mich zerreißen und keiner würde mich bemitleiden oder gar den Täter die Schuld zu sprechen. Ich war schließlich selbst für mein Schicksal verantwortlich, weshalb ich mich umdrehen wollte, um seine Wohnung zu verlassen und um dem unwohlen Gefühl zu entfliehen. „Ich glaube, ich sollte gehen. Du machst dir eh nicht die Mühe, mit mir zu reden.“ „Ich wohne hier mit den anderen, es ist nicht allein meine Wohnung.“ Man musste ihm auf die Füße treten, damit er endlich einen Mucks von sich gab. Jetzt wurde es doch noch interessant, weshalb ich meine Drehbewegung aufgab und einen Schritt weiter auf ihn zu ging. „Und wo sind die anderen?“ Wenn er schon anfing, mit mir zu sprechen, dann aber richtig. „Nicht hier.“ Das war sehr präzise, so viele Details hätte ich mir gar nicht erhoffen können, er hörte ja kaum auf mit dem Erzählen. Ich verdrehte meine Augen und versuchte es mit einer anderen Frage. „Was ist in dem Paket? Du hast mir darauf noch nicht geantwortet.“ „Persönliches.“ Langsam reichte es mir. Wenn er nicht antworten wollte, warum hat er mich dann hereingebeten? Er brachte mich noch zur Weißglut, so viel stand bereits fest. „Wenn du nicht mit mir sprechen willst, hättest du mich nicht herein ordern sollen. Was willst du?“ Ich sagte es vielleicht etwas harsch und mit einem genervten Unterton, aber ansonsten schien er nicht zu hören. Jetzt drehte er sich zu mir um. Bis eben stand er mir mit dem Rücken zugewandt gegenüber und hatte seinen Kopf gesengt gehalten, sodass ich seinen Ausdruck ebenfalls im Fenster nicht sehen konnte. Als er sich zu mir drehte, richtete ich meine Haltung instinktiv auf und strich verstohlen durch meine Haare. Ich konnte es nicht abschalten. Er hatte schlichtweg diesen Einfluss auf mich, dass ich mich ihm gegenüber gut zeigen wollte, obwohl ich ihm gleichzeitig am liebsten in sein attraktives Gesicht geschlagen hätte. Unsere Blicke trafen sich nur für einen kurzen Augenblick, da er nichts fixierte, sondern nervös umherschaute. “Ich kann auch wieder gehen, aber erstmal musst du mir erklären, warum du so abwertend und bestimmend zu mir bist.“ Ohne diese Antwort wollte ich nicht gehen. „Was redest du da?“ „Was ich da rede?“ Meine Stimme wurde immer lauter, weshalb ich ihn beinahe anschrie. „Du hast mich wie ein Stück Dreck behandelt, obwohl ich dir nichts getan habe, und jetzt lädst du mich in deine Wohnung ein, zu der du mich vermutlich noch bestellt hast, redest aber nicht mit mir.“ Ein leises „Du machst mich fertig.“, fügte ich ungewollt hinzu. So weit wollte ich eigentlich nicht gehen, er sollte nicht wissen, wie ich wirklich fühlte, jedoch war es nun zu spät. Außerdem brauchte ich langsam Antworten, sonst würde ich noch vollkommen durchdrehen. Ich bekam jedoch keine. Mittlerweile erwiderte er meinen Blick und wir starrten uns gegenseitig in unsere Augen. Die Augen, die mich immer wieder aufs Neue schwach werden ließen. Durch seine Bekanntschaft wurde mir erstmalig bewusst, dass es Unterschiede zwischen tiefschwarzen Augen gab. Sie gefielen mir, was ich nicht leugnen konnte und augenscheinlich gab es keine Unterscheidungen, jedoch spürte ich lediglich Geborgenheit und Sehnsucht, wenn ich mich in Bang Chans Augen verlor. Das war mir bisher nie derart passiert und ich glaubte nicht, dass es jemals wieder passieren konnte. Er schwieg. Verdammt nochmal, er hörte einfach nicht auf zu schweigen. Meine Augen fingen an zu brennen, was daran liegen mochte, dass ich kaum noch blinzelte, um den Zauber in seinen Augen einfangen zu können oder weil er mich emotional vollständig fertig machte, indem er nichts tat. Es war nicht fair. Ein weiteres Mal entschied ich mich dazu, die Wohnung zu verlassen, da ich spürte, wie sich Tränen aus meinen Augen zwängten, ich jedoch keineswegs ihm die Genugtuung geben wollte, dass ich seinetwegen weinen musste. Ich wandte mich ab und ging, jedoch kam ich nicht weiter als einen Schritt, als mein Handgelenk ergriffen wurde. Ich verharrte in meiner Bewegung. War das seine Art mit Problemen umzugehen? Es war nicht das erste Mal, dass er mich so stoppen wollte, jedoch fühlte es sich jetzt nicht derart bestimmend und sauer an, da er mein Handgelenk mit seiner weichen Hand nur sanft umschloss. Ich wusste, dass ich mich trotzdessen nicht losreißen konnte, weshalb ich mir die Blöße ersparte und schlichtweg nichts tat. Mittlerweile hatte sich eine Träne auf den Weg begeben, meiner Wange herunterzulaufen. „Es tut mir leid.“ Träumte ich? Seine Stimme klang gedämpft und liebevoll, was ich nicht erwartet hatte, ebenso wie den Inhalt seiner Aussage. Da ich nichts sagte, sprach er weiter. „Ich wollte dich nicht verletzen, sondern dich um mich haben. Ich darf aber nicht.“ „Was darfst du nicht?“ Ich hatte mich zu ihm gedreht, hielt mein Gesicht jedoch bedeckt. Sprach er davon, was Changbin mir erzählt hatte? „Das hat Changbin dir bereits erklärt.“ Konnte er Gedanken lesen? „Woher weißt du das?“ „Ich war in der Nähe.“ Also hat er uns belauscht? „Oh.“ Eine richtige Erklärung für sein Handeln fehlte jedoch. „Trotzdem musstest du mich nicht derart behandeln!“ „Warum warst du auch immer da?“ Wollte er jetzt mir die Schuld geben? „Ich sollte, wurde mir gesagt.“ „Von wem?“ „Spielt das eine Rolle?“ „Soo-Ri?“ Wie kam er so schnell darauf? „Ja, aber wieso?“ „Nur so.“ Sein Blick irritierte mich. Welche Bedeutung hatte es, wer mich dorthin gebracht hatte? Es hatte keine Bedeutung, dachte ich, wollte nachhaken, hörte jedoch, wie in dem Moment die Tür geöffnet wurde. 

Forbidden Love (Bang Chan X Reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt