4. Die wichtigen Unterlagen

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Ich wachte auf, war aber im ersten Moment sichtlich irritiert, da ich mich nicht entsinnen konnte, wo genau ich mich befand und warum ich nicht in meinem Hotelbett lag. Es vergingen einige Sekunden und verwirrte Blicke, die durch den Raum wanderten, bis sich die dunkle Nebelwand in meinem Gedächtnis lichtete und ich mich wieder an die vergangenen Geschehnisse letzter Nacht erinnern konnte. Ein behagliches Gefühl ging von meinem Herzen aus und verteilte sich dann in meinem ganzen Körper, als hätte jemand in meinem Inneren ein Wärmekissen an geknickst. Nachdem ich das Sofa endlich verlassen hatte und mich aufrappeln konnte, machte ich einen Spaziergang durch die Wohnung, in der ich nun in voller Gänze allein war und mich keiner daran hindern konnte, mich mal umzusehen. Manchmal musste man seiner Neugierde eben nachgehen. Ich zog mich im Anschluss an meinen kleinen Rundgang um und schlüpfte in meine bereits trockenen Klamotten, die nun angenehm blumig rochen. Ich bemerkte, dass neben meinen zusammengelegten Klamotten ein Zettel lag, auf dem Stand, dass sie sie für mich gewaschen hatten, damit ich mit sauberen Klamotten unbesorgt das Haus verlassen konnte. Ich schmunzelte ein wenig und war gerührt von dieser netten Geste. Da ich mich mit ihrer Waschmaschine nicht auskannte und eine Wäsche für zwei Teile ökologisch sehr verwerflich gewesen wäre, legte ich mit einem schlechten Gewissen die Jogginghose und den Pulli in die Wäschekiste und ging in die Küche. Auch dort entdeckte ich einen kleinen Zettel, auf dem stand, dass ich mich ungehemmt bedienen und keinesfalls hungrig das Haus verlassen sollte. Ich tat, was mir ausdrücklich vorgeschrieben wurde und aß Ramen zum Frühstück, da ich keinen Appetit auf Brot hatte und keine Cornflakes auffinden konnte. Vermutlich war ich aber einfach zu blind dafür.

Ich hatte gerade die letzten köstlichen Nudeln verzehrt, als mein Handy anfing zu klingeln und mich aus meinen Gedanken riss. Es war Soo-Ri, der mich anrief und dass, obwohl er eigentlich mit seiner Arbeit beschäftigt, hätte sein sollen. Ich meldete mich, woraufhin er mit einer führsorglichen Stimme zu mir sprach. „Habe ich dich geweckt?“ „Nein, hast du nicht, ich bin schon länger wach.“ „Hast du gegessen, du kannst dir so viel nehmen, wie du möchtest.“ „Danke, ich platze gleich schon.“ Als er sich nach allem Erdenklichen erkundigt hatte, trat eine kurze Stille ein, bis ich ihn fragte, ob es noch etwas gebe, was er wollte oder ob ich noch etwas für ihn tun konnte, um mich bedanken zu können. Nach weiterem Zögern seinerseits berichtete er von seiner unpassenden und unglücklichen Situation, in der er sich befand. Er hatte äußerst wichtige Unterlagen auf dem Esstisch in der Stube liegen lassen, die er nun dringend brauchte, jedoch würde es zu viel Zeit kosten, wenn er nach Hause fahren, die Unterlagen holen und dann wieder zur Arbeit zurückkommen würde. Da mir bei seiner Erklärung bewusstwurde, was vermutlich sein Anliegen war, bot ich ihm sofort an, die Unterlagen zu ihm zu bringen. Für meinen heutigen Tag hatte ich bis dato sowieso noch nichts geplant, weshalb ein kleiner Ausflug durch die Stadt nicht verkehrt war. Ich stand schnell auf, nachdem er mir alles erklärt hatte, schnappte die Unterlagen und lief hastig los, um ihn nicht zu lange warten zu lassen.

Mit dem Taxi waren es insgesamt nur 10 Minuten, bis ich an einem großen Gebäude ankam, an dessen Fassade die Abkürzung JYP abgebildet war. Ich stürmte rein und nahm den Fahrstuhl in den dritten Stock. Als ich diesen verlassen wollte, wurde ich von zwei Security Männern aufgehalten, die mich auf koreanisch unfreundlich anredeten. Ich versuchte auf Englisch zu erklären, wieso ich in den Stock müsse und dass es eilig sei, jedoch ließen sie mich nicht durch, woraufhin ich Soo-Ri anrief. Dieser holte mich dann am Fahrstuhl ab und redete mit den Männern, sodass sie mich durchließen. Er brachte mich in einen Raum und ich übergab ihm die Unterlagen. „Weißt du eigentlich, wie sehr du mich rettest?“ Er wirkte sehr froh, dass ich ihm den Gefallen getan hatte. „Das war ja das Mindeste, was ich tun konnte, um mich bei dir zu bedanken.“ Nach einem kurzen Gespräch machte ich mich wieder auf den Rückweg, da ich ihn nicht weiter von seiner Arbeit abhalten und langsam mal wieder mein Hotel erreichen wollte. Ich stieg gerade in den Fahrstuhl, als eine Gruppe von jungen Männern an der sich schließenden Fahrstuhltür vorbeilief und sich fröhlich unterhielt. Von zwei oder drei Personen konnte ich gerade noch, bevor die Tür vollständig geschlossen war, ein paar englische Gesprächsfetzen aufschnappen, jedoch reichte es nicht, um mir darüber Auskunft zu geben, wer diese Männer waren und was sie dort taten. Das Einzige, was ich halbwegs sicher verstand, war der Name Felix, der von einer angenehm sanften Stimme gerufen wurde. Ich wusste nicht, warum ich überhaupt über etwas so Banales nachdachte. Es ging mich schließlich nichts an, wer über was sprach.

In meinem Hotelzimmer angekommen, kam plötzlich das Gefühl von Einsamkeit auf und ich fühlte mich unwohl. Ich wusste nicht, was ich nun machen sollte und hoffte insgeheim, dass sich Soo-Ri nach der Arbeit bei mir melden würde, weil ich nichts zu tun hatte. Allein in die Stadt wollte ich nicht, weshalb ich mir Sushi bestellte und mich in mein Bett legte, um eine neue Serie anzufangen. Ich entschied mich passend für ein K-Drama und genoss den Nachmittag, ohne das Zimmer zu verlassen. Das Gefühl der Einsamkeit blieb jedoch bestehen.

Forbidden Love (Bang Chan X Reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt