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In der Umkleide des Tanzstudios zog ich mich um. Daraufhin ging ich in einen leeren Raum. Um diese Uhrzeit war es meistens wie ausgestorben. Ich hatte Glück, dass dieses Studio recht lange Öffnungszeiten hatte.
Ich drehte die Musik auf, bis es schon fast zu laut war, und übte die Choreografie, die ich mir während dem Matheunterricht ausgedacht hatte.
Im Spiegel beobachtete ich mich selbst, was mich regelrecht zum Verzweifeln brachte. Ich hasste mein Aussehen insgeheim.
Ich ging zum Spiegel hin und fuhr meine Gesichtspunkte nach. Das Glas des Spiegels war kalt.

Kurz nach Mitternacht kam ich zuhause an. Ich kramte mein Schlüssel raus und sperrte vorsichtig die Tür auf; in der Hoffnung, dass Eomma es nicht merkte. Sie bekam fast nie etwas mit, aber wenn sie etwas bemerkt, was ihr nicht gefiel, wurde es ungemütlich.
Als ich meine Schuhe auszog, ging abrupt das Licht im Flur an. Fuck. Ich hatte das Sensorlicht vergessen. Aber dies konnte Eomma doch gar nicht merken, oder?
Ich ging einen Schritt weiter. Und noch einen. Plötzlich hörte ich eine Tür.
"Seonghwa!"
Aigoo.
Eomma kam aus dem Wohnzimmer. Es war schier unmöglich, dass sie mich von dort aus gehört haben konnte.
Sie kam auf mich zu, holte mit ihrer Hand aus und schlug mir ins Gesicht.
"Du bist so unfassbar. Wie kannst du es wagen, dich in der Schule so zu benehmen?!"
Abermals schlug sie mich. "Du bist so wie dein Vater. Wenn ich das gewusst hätte-"
"Dann was, hm?"
Eomma sah mich wutverbrannt an. Ich wandte mich von ihr ab, lief die Wendeltreppe hinauf und weiter in mein Zimmer. Von dort aus ging ich in mein eigenes Bad, wusch mein Gesicht und blickte in den Spiegel; ich hasste es. Ich hasste es so sehr.
Ich hob meine Hand und schlug mit der geballten Faust in den Spiegel, welcher zerbrach. Von meinen Fingerknöcheln tropfte Blut. Heiße Tränen brannten in meinen Augen und liefen mir übers Gesicht.
Ich griff nach einer Scheibe. Die Kante war extrem scharf. Ich krempelte meinen Ärmel hoch und setzte die scharfe Kante an meinem Unterarm an. Mit einem geraden Schnitt zog ich durch. Sofort sammelte sich Blut an der Stelle. Die Sicht von dem Blut befriedigte mich. Es war nicht mal der Schmerz, den ich brauchte; nur die Ansicht von meinem eigenen Blut.
Ein Klopfen an meiner Zimmertür. Zum Glück wartete Eomma immer vor der Tür, bis ich sie von selbst aufmachte.
Rasch wickelte ich eine Mullbinde, die offen in meinem Badezimmer rumlag, um die Wunde und zog meinen Ärmel runter.
Ich ging zur Tür und öffnete diese. Eomma hatte gerötete Augen, welche sie immer hatte, wenn sie zu mir kam, um sich zu entschuldigen. Natürlich verzieh ich ihr immer, weil ich sollte ja dankbar sein, dass sie mich geboren hatte. Doch ich hatte stets das Gefühl, dass Eomma mich gar nicht gewollt hatte; ich war regelrecht ein Unfall gewesen.
"Es tut mir leid, Hwa-"
"Nenn mich nicht so", sagte ich nur und knallte ihr die Tür vor der Nase zu.

Die Schule machte mich mal wieder wahnsinnig; Mr Seo kündigte Partnerarbeit an. Das Problem war, dass niemand mit mir arbeiten wollte. Ich tat es mit einem Grinsen ab und bearbeitete die Aufgaben alleine; es war eine Rechercheaufgabe, welche man am Schluss vorstellen musste. Dass Recherchieren machte mir Spaß, aber es wurde kritisch als mich Mr Seo aufrief, um meine Präsentation zu präsentieren.
Ich ging nach vorne, stellte mich vor die Klasse und besah meine Mitschüler mit einem kalten Gesichtsausdruck; für mich war das Standard.
Mit monotoner Stimmlage trug ich die Präsentation vor. Mr Seo gefiel das natürlich gar nicht, aber mir war dies total egal; Schule war mir weiterhin gleichgültig und das würde sich nicht auf einmal verändern. Aus diesem Grund war ich froh, dass ich wieder dem Klassenzimmer verwiesen wurde.
Ich schnappte mein Zeug und verkroch mich aufs Dach. Dort schmiss ich meinen Rucksack in die Ecke.
Ich lehnte mich über die Wand und sah hinunter; dabei wurde es mir leicht schwindlig.
Aus Impuls kletterte ich auf die Wand und balancierte darauf.
"Hwa?"
Ich stockte. Wieso immer dieser Spitzname?
Aus dem Augenwinkel konnte ich einen blauen Haarschopf ausmachen. Hongjoong.
Was machte er hier?
Er fasste nach meinem Handgelenk und zog mich vom Dachvorsprung runter.
"Was machst du den da, Hwa-"
"Nenn mich nicht so!!", schrie ich ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
Seinen Augen weiteten sich wiederum; er sah verletzt aus. Sofort bereute ich es.
"Sorry. Ich mag den Spitznamen nicht", sagte ich rasch.
Hongjoong lächelte leicht. Dann fuhr er fort: "Alles okay bei dir? Willst du vielleicht zusammen mit mir und den anderen Mittagessen?"
"Nein", sagte ich direkt.
"Hm? Also dir gehts nicht gut?"
"Nein, mir gehts nicht gut und nein, ich will nicht mit dir Mittagessen. Lass mich einfach alleine."
Ich hatte gesprochen, ohne dabei nachzudenken; wie immer. Ich hasste mich dafür. Eigentlich hasste ich alles an mir. Es gab nichts, was ich an mir mochte.
Ich drehte mich um, weil ich wusste, dass mir Tränen in die Augen schossen. Ich wollte nicht, dass Hongjoong das mitbekam. Doch er konnte es natürlich nicht lassen und tippte auf meine Schulter.
Wutverbrannt sah ich ihn an und sagte: "Wieso? Wieso bist du so versessen auf mich? Ich weiß, dass du mich nicht magst. Du kümmerst dich nur um mich, weil der Schulleiter gesagt hat, dass ich in diesen verblödeten Schülerrat beitreten soll. Und die Leute dort mögen mich genauso wenig."
Hongjoong schüttelte den Kopf. Ich verdrehte meine Augen.

It's just me | Seongjoong Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt