#5 - Die Ruhe vor dem Sturm

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An einem verregneten Donnerstagabend treibt es mich auf dem Heimweg durch die Straßen meiner Kleinstadt. Der Regen strömt in Fluten hinab und hinterlässt ein prasselndes Geräusch auf meinem Regenschirm, aber auch auf den Blechdächern der umherstehenden Autos. Ich lehne mich an die nächste Straßenlaterne und halte einen Moment inne, während ich mich umschaue. In der einen Richtung fährt ein schwarzes Auto durch eine Pfütze und spritzt dabei eine ältere Frau nass, die kurz darauf schimpfend die Arme hebt, während in der anderen Richtung kaum jemand unterwegs ist. Doch plötzlich springt mir eine fein gekleidete Frau ins Auge, die in High Heels das rutschige Kopfsteinpflaster entlangeilt. Ihr einmal weißer Hosenanzug hat nun einen dunklen und schmutzigen Touch und das zuvor perfekte Outfit tropft vor Nässe. Sie hat keinen Schirm bei sich und läuft geradewegs auf ein kleines Café zu, was sich unscheinbar zwischen Buchladen und Drogerie versteckt. Kurz bevor sie das Café erreicht und fluchtartig den Regen verlassen kann, wird sie unsanft von einem Mann angerempelt, der sie durch seinen tief gehaltenen Schirm übersieht. Er entschuldigt sich flüchtig und eilt in Richtung des grauen Taxis, welches gerade gehalten hat. Als sich mein Blick erneut in die Richtung der Frau bewegt und fokussiert, stoße ich mich schnell vom Laternenpfahl ab.

Nun eile ich, ganz im Rhythmus der anderen Menschen, auf sie zu, da sie den Halt auf dem rutschigen Pflaster zu verlieren scheint. Gerade als sie endgültig das Gleichgewicht verliert, lasse ich meinen Regenschirm fallen, hechte die verbleibenden Meter in ihre Richtung und fange sie geschmeidig auf, bevor sie den nassen Boden berühren kann. Ihre Hände legen sich auf meine Arme, wobei sich ihre Fingernägel reflexartig in mein Fleisch graben und sie erschrocken aufstöhnt.

Langsam ziehe ich sie wieder in den sicheren Stand und lasse meinen Blick emporgleiten. Sie windet sich in meinem Griff, was sie erneut zum Ausrutschen bringt, weswegen ich den Griff um ihre Oberarme festige. Dies lässt ihren Körper abermals zucken. Als ihre hellblauen Augen meinen Blick streifen, stelle ich fest, dass ihre Augen geweitet sind und ihr Gesicht ein erschrockenes Bild ziert. Ich streichle beruhigend über ihre Oberarme, was das Zucken zu einem Zittern wandelt. Sanft lächle ich sie aufmunternd an. Jedoch wende ich mich ab, bevor ich sehen kann, ob sie das Lächeln erwidert. Schnell drehe ich mich um und hebe meinen Regenschirm auf. Als ich den Regenschirm emporhebe und mich zurückdrehe, um ihn meinem Gegenüber zu reichen, fällt mir auf, dass es kein Gegenüber mehr gibt. Meine Stirn runzelt sich und verwirrt flüstere ich, »Wo ist sie auf einmal hin?« Schnell blicke ich mich um, jedoch kann ich weit und breit keine Menschenseele mehr ausmachen. Was solls, denke ich und frage mich dabei glatt, ob ich mir die Situation vor einigen Sekunden nur eingebildet habe. Danach gleitet mein Blick in Richtung meiner Armbanduhr, leise seufze ich, als ich feststelle, dass es bereits 22:13 Uhr ist. Kurz hebe ich den Blick gen Himmel, um mich vom Regen berieseln zu lassen, bevor ich den Weg ins warme Heim antrete.

Am nächsten Morgen bin ich auf dem Weg in die Universität und kreuze die Stelle des gestrigen Abends. Dabei werde ich unbewusst langsamer und drehe mich in Richtung des unscheinbaren Cafés. Kurzerhand gebe ich mir einen Ruck und betrete das kleine Café. Als ich einen Blick hineinwerfe, gleitet mein Blick erstaunt durch die schnuckeligen Räumlichkeiten, bis er an der Theke hängenbleibt. Langsam gehe ich einige Schritte vorwärts, bis ich an der Theke stehenbleibe. Ich räuspere mich, »Einen Flat White zum Mitnehmen, bitte.« Als das Heißgetränk fertig ist, lege ich das Geld passend auf den Tresen und stecke einige Münzen ins Tips-Glas, bevor ich das Café mit einem verabschiedenden Lächeln verlasse. Danach beeile ich mich, um nicht zu spät zur Vorlesung zu kommen. »Das würde wohl keinen guten ersten Eindruck beim neuen Dozenten machen«, flüstere ich vor mir her.

Gerade als meine Armbanduhr 10 nach 8 Uhr anzeigt, lasse ich mich auf einen der unbequemen Holzstühle fallen und stelle meinen To-Go-Becher auf dem klappbaren Tisch ab. Schnell richte ich meine Materialien und schaue dann nach vorn, um zugleich zu erstarren. »Das kann doch nicht wahr sein. Verdammt«, flüstere ich. Was mir einen verwirrten Blick meiner Sitznachbarin einbringt, welchen ich mit einem Kopfschütteln abtue. Plötzlich herrscht eine gespenstige Stille im Hörsaal und eine melodische, weibliche Stimme ertönt. »Ich begrüße Sie herzlich im neuen Semester und zu meiner Vorlesung. Heute widmen wir uns der Renaissance.« Meine Augen folgen der nunmehr weniger unbekannten Frau vor mir und ich beiße mir schmunzelnd auf meine Unterlippe, während mich ihr amüsierter Blick trifft. »Wieso hatte ich mich in all der Eile soweit vorgesetzt?«, frage ich mich leise und kassiere erneut einen verwirrten Blick von meiner Sitznachbarin. Das muss wohl Schicksal sein, denke ich und schmunzle noch etwas mehr. Sie wendet sich ab, doch ihr schelmisches Grinsen bleibt nicht verborgen. Genüsslich lasse ich grinsend meinen Blick über die Frau vor mir streichen, während ich nach meinem Heißgetränk greife und ein genießerisches Raunen über meine Lippen geht. Das wird ein interessantes neues Semester und die Vorlesung sicher nicht allzu langweilig, denke ich und beobachte dabei die Frau vor mir, welche im neuen und hübschen weißen Hosenanzug eine wunderbare Figur abgibt.

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Hallo meine Lieben,

heute gibt es mal einen Einblick in eine Idee eines neuen Buches. Vielleicht schreibe ich genau aus dieser Idee für einen Schreibwettbewerb eines Tages eine Geschichte.

Ich hoffe der Einblick hat euch gefallen, wenn ja dann zeigt es mir gern mit einer Abstimmung oder einem Kommentar.

Bis bald, eure Filomela

Sammlung verschiedenster WerkeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt