Eine fremde Welt?

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Alles begann damit, dass...

ich durch das ferne zwitschern von Vögeln geweckt wurde. Langsam schlug ich die Augen auf und blinzelte einige male, um mich an die plötzlich herrschende Helligkeit zu gewöhnen. Mit meiner linken Hand schirmte ich das Licht so gut es ging ab und spähte zwischen meinen Fingern hindurch. Vereinzelte Wolken zogen über einen strahlend blauen Himmel und nach einigen weiteren Sekunden, in denen ich untätig auf dem Boden lag, richtete ich mich schließlich auf. Was bei allen Archonten....Verwirrt sah ich mich um und wollte gerade Dreck und Staub von meiner Kleidung klopfen, als ich inne hielt. Das sind nicht oder doch.... Im selben Moment drang ein leises Plätschern an meine Ohren, das verriet, dass ein Fluss in der Nähe sein musste. Ohne lange zu überlegen, rannte ich los.

Kurz darauf kam ich schlitternd vor einem kleinen Wasserlauf zum stehen und lehnte mich nach vorne. Fremde Augen schienen mich aus der Spiegelung heraus anzustarren und dennoch rief eine Stimme tief in mir: „Das bist du." Gefühle begannen, wie ein Sturm in mir zu toben. W-was ist passiert? Warum...? Nrgh! Ich drehte mich um die eigene Achse und bemerkte erst jetzt den riesigen Baum in dessen Schatten ich stand. In meiner Eile hatte ich diesen überhaupt nicht registriert. Der dicke Stamm ragte weit in die Höhe und eine sanfte Brise wiegte die Wipfel hin und her. Schlagartig dämmerte es mir, ich wusste wo ich mich befand. Das ist der Windstieg! Mit dieser Erkenntnis blitzten jäh Bilder vor meinem geistigen Auge auf. Wie Fische schienen sie dicht unterhalb der Oberfläche zu schwimmen, greifbar nah und trotzdem schaffte ich es nicht, sie aus dem Wasser zu ziehen. Sie drohten wieder in der Schwärze zu versinken und ich versuchte krampfhaft sie festzuhalten, im selben Moment setzte ein stechender Kopfschmerz ein. Mit jedem Herzschlag gewann dieser an Stärke, bis es schier unerträglich wurde und ich die Erinnerungen widerwillig losließ. Das Pochen flaute augenblicklich ab und nur ein flüchtiges Gefühl, dass ich nicht hier sein sollte, blieb an seiner Stelle zurück. Okay ganz ruhig, nur keine Panik. Ich muss nur...

Einige grunzende Laute rissen mich aus meinen Gedanken und bevor mein Verstand begriff, handelte mein Körper wie von selbst. Ohne Umschweife stürmte ich zwischen zwei der gewaltigen Wurzeln des Baumes und zwängte mich in deren Mitte. Lauft weiter. Bemerkt mich nicht, bitte.... Mein stummes Flehen half jedoch nicht. „Mani Mi Mosi, Mi Guru-guru... Ni! Ya! Zido!" Lautlos formte ich die Worte mit meinen Lippen. (Gib mir Essen, ich hungrig... Wind! Mensch! Töten!) Na großartig, Hilichurle. Vorsichtig spähte ich über den Rand meines Verstecks. Zu meinem Entsetzen wurden diese obendrein noch von einem Abgrundmagier begleitet. Ein lautes Aufstampfen und der Ausruf „Ya Zido!" (Mensch! Hier!) ließen mich zusammenzucken. Wie aus dem Nichts, war ein weiterer Hilichurl auf der Wurzel hinter mir erschienen. Ich muss hier weg! Noch ehe ich mich erhoben hatte, teleportierte sich jedoch der Abgrundmagier vor mich. Das Herz trommelte mir schmerzhaft gegen die Rippen. Mit schadenfroher Stimme begann mein Gegenüber zu sprechen: „Sieh an, sieh an was haben wir hier?" Zeitgleich verringerte er die Distanz zwischen uns. „I-ich warne dich, komm mir nicht zu nahe!", brachte ich hervor. „Oder was?", kicherte er hämisch. Die Hilichurle stimmten mit ein. „Hast du geglaubt, dich verstecken zu können? Weißt du, du strahlst eine interessante Energie aus, sie schlägt Wellen, die meterweit wahrzunehmen sind. Stell es dir vor wie einen Stein, den man in einen See wirft. Wäre das allerdings nicht der Fall gewesen, hätte ich dich meinen kleinen Handlangern hier überlassen..."

Eifrig schwang der Magier seinen Zauberstab und eine Sphäre aus Wasser formte sich wenige Armlängen über ihm. Unter seinen gemurmelten Worten wuchs diese so lange weiter, bis ohne Probleme zwei Wildschweine darin Platz gefunden hätten. „N-nein..." Ich wich zurück, drängte mich in die Ausbuchtung der Wurzeln. „So, rein mit dir. Keine Angst sie ist nicht mit Wasser gefüllt." Spöttisch funkelte er mich an. Es verstrichen einige Augenblicke und er seufzte: „Naschön wie du willst." Nach einem weiteren Wink seines Zauberstabs begann die Blase langsam in meine Richtung zu schweben. „Nein...nein..."Ich sank in die Hocke und hob abwehrend die Hände. „NEIN...NEIIIIIIIIIIN!" Mit meinem Aufschrei erschien ein blendend weißes Licht und ein lautes Krachen ließ den Boden erzittern.

Sichtwechsel

„Großmeisterin Jean...GROßMEISTERIN JEAN!", völlig außer Atem rannte Venti auf das Haupthaus des Ordo Favonius zu. Die Türen flogen auf und die Gerufene kam, in Annahme eines Notfalls, mit gezücktem Schwert und gefolgt von zwei Rittern herausgestürmt. Sie erkannte jedoch sofort, dass keine unmittelbare Gefahr bestand und ließ ihre Waffe wieder verschwinden. „Venti was soll dieser Aufruhr so früh am Morgen!?" „Großmeisterin...", setzte dieser erneut an, doch sie unterbrach ihn. „Nur Jean genügt und ihr könnt wieder auf Eure Posten, ich danke Euch." Die Ritter salutierten und zogen sich zurück. „Wo war ich? Achja. Ich war gerade in der Engelsgabe und habe mir das ein oder andere Gläschen Wei...", fing er an. „Venti!" Jeans tadelnde Stimme entlockte ihm ein entschuldigendes Lächeln. Er räusperte sich: „Richtig, nur die wichtigen Informationen. Vor nicht einmal zehn Minuten ist wie aus dem Nichts eine Energie in Mondstadt aufgetaucht, die ich so noch nie zuvor gespürt habe. Sie scheint in Stärke und Beständigkeit zu schwanken, daher kann ich nicht genau orten von wo sie kommt aber..." Die Großmeisterin hörte der Erzählung bis zu diesem Punkt schweigend zu, aber schließlich stoppte sie den Anemo-Archon. „Lass uns alles Weitere in meinem Büro besprechen", bemerkte sie mit einem Blick auf die immer größer werdende Menschenmenge und wenig später nahm sie auf dem Stuhl hinter ihrem massiven Schreibtisch platz.

„Wir wollen die Einwohner Mondstadts nicht unnötig in Aufruhr versetzen", erklärte Jean nachdem der Wachposten vor dem Büro die Tür wieder geschlossen hatte. „Also, Du sagtest der genaue Ort sei nicht zu bestimmen. In wie weit kannst Du das Gebiet eingrenzen?" Sie faltete die Hände unter dem Kinn und stützte sich darauf. „Ich kann es auf den Windstieg beschränken. Einschätzen ob die Magie gefährlich ist kann ich hingegen nicht", kam die Antwort. „Allerdings...kenne wir für diese Aufgabe doch genau den richtigen Yaksha. Nicht?" Noch bevor die Großmeisterin zu einer Erwiderung ansetzen konnte, weiteten sich Ventis Augen plötzlich. „Die...die Energie wird stärker!" Wie aus dem nichts erhellte mit einem Mal ein weißes Licht den morgendlichen Himmel, auf das im Bruchteil einer Sekunde ein donnerndes Krachen folgte. Jean sprang von ihrem Stuhl und starrte gebannt aus dem Fenster. „Das war beim großen Baum!" rief sie aus. Sie schloss ihre Augen. „Schützender Yaksha hört meinen Ruf. Xiao!" In einem Aufleuchten erschien der Gerufene und starrte sie durchdringend an.

„Ihr habt meinen Namen geru..." Er stockte „...diese Energie." Der Körper des Yakshas verspannte sich kaum merklich. „Das ist der Grund, weshalb ich Euch gerufen und das alte Abkommen unserer Länder in Anspruch genommen habe. Lord Barbatos hat mir von dieser Energie berichtet und vor wenigen Sekunden war ein gewaltiger Ausbruch ebendieser spürbar." Xiao nickte knapp. „Gehen wir." Mit schnellen Schritten drängte die Großmeisterin zur Tür. „Könnt Ihr feststellen, ob die Energie gut- oder bösartig ist?" Der Yaksha folgte ihr und Venti tat es ihm gleich. „Ich kenne diese Art von Energie. Grundsätzlich ist sie nicht bösartig, einzig ihre Stärke beunruhigt mich...und...diese Ausstrahlung..." Die letzten Worte murmelte er mehr zu sich selbst und ein nachdenklicher Ausdruck legte sich über seine Züge. Dieser verschwand jedoch binnen weniger Sekunden und er fuhr fort: „Nein, die Bösartigkeit ist nicht das Problem. Das Problem ist der Ausbruch an sich. Er könnte Kreaturen mit niederen Beweggründen anlocken", erläuterte Xiao, während sie im Eilschritt die große Treppe hinab gingen. „Dann lasst uns keine Zeit verlieren." Als Jean die große Doppeltür aufstieß und ins Freie trat, erlosch das Licht bereits.

Viele Mondstädter standen gebannt und die Augen gen Himmel gerichtet umher. Einige wirkten beunruhigt, andere schienen einfach nur neugierig zu sein. „Gut, dass die Menschen hier so einiges gewohnt sind", raunte Venti, der zuletzt das Haus verließ. „Wohl wahr", entgegnete Jean. Bevor sich die Gruppe jedoch auf den Weg in Richtung Stadttor machte, befahl sie den zwei Rittern, welche vor dem Eingang standen, sie sollten Kaeya informieren und die Ritter in Bereitschaft halten, falls es zu größeren Problemen kommen sollte. Daraufhin durchquerten sie hastig die Stadt und binnen weniger Minuten kam das große Haupttor in Sicht. „Haltet Eure Waffen bereit. Wir wissen nicht was uns vor Ort erwartet." Venti nickte ernst und Xiao führte eine elegante Handbewegung vor seinem Gesicht aus, woraufhin seine Dämonen-Maske erschien. Querfeldein lief die Gruppe angeführt von Jean mit Blick auf den Baum über die Wiesen und Hügel des Windstiegs. Sie waren nur noch ein paar hundert Schritte entfernt, da sahen alle zugleich eine Gestalt zwischen den Wurzeln des Baumes hervortreten. „Das ist ohne Zweifel der Hauptverdächtige unserer Ermittlung", bemerkte Venti, denn die Gestalt welche sich mit Hilfe der Wurzeln aufrecht hielt strahlte eindeutig das Licht aus, das sie gesehen hatten, wenngleich es mit jeder Sekunde schwächer wurde.

„Ich spüre die Präsenz von Hilichurlen und einem Abgrundmagier", knurrte Xiao, woraufhin alle ihr Tempo beschleunigten. Jean zückte ihr Schwert, während der Yaksha zur selben Zeit seinen Arm ausstreckte. Ein jadegrüner Speer materialisierte sich, dessen Schaft er mit festem Griff umfasste. Venti folgte dicht hinter ihnen, seinen Bogen in der Hand. „Ein Mädchen!", rief die Großmeisterin, als das Leuchten fast gänzlich verschwunden war. Dieses stützte sich kraftlos mit beiden Händen auf eine Wurzel vor sich und wankte gefährlich „Xiao..!!", rief Jean. Er verstand und beschwor seine Anemo-Vision. Mit einer für das menschliche Auge kaum mehr zu erfassenden Geschwindigkeit vollführte er einen gewaltigen Sprung und fing das Mädchen, gerade als es in sich zusammensackte, auf. Wenige Herzschläge zuvor verschwand seine Lanze in einem flüchtigen Aufblitzen. Ihr flackernder Blick streifte den seinen und kurz bevor sich ihre Augen schlossen durchzuckten vage Erinnerungen sein Gedächtnis. Irritiert schüttelte er seinen Kopf und erhob sich. Die Hilichurle und der Magier, die einige Meter entfernt im Gras lagen, begannen sich zu regen. Sie waren nicht tot und daher noch immer eine Bedrohung die es auszuschalten galt.

„Es kommen mehr...", berichtete Xiao den beiden anderen umgehend. Jean nickte ernst. „Geht! Bringt sie zu meiner Schwester in die Kathedrale und sagt anschließend Kaeya bescheid. Er soll einem der Ritter Befehlen einen Boten in das Weingut Morgenröte zu schicken!" Ein Lachen ertönte. „Hahaha...glaubt ihr wirklich, wir lassen Euch einfach so mit unserer Beute verschwinden?" Ihre Gegner hatten sich während des kurzen Wortwechsels wieder aufgerappelt und standen nun drohend vor ihnen. Die Hilichurle untermalten die Worte ihres Anführers zusätzlich, indem sie ihre Keulen schwangen. „Ich spüre meine Brüder, ihr könnt nicht ent...!" Ohne ein weiteres Wort des Magiers abzuwarten, verschwand Xiao in einem türkis schwarzen Aufleuchten. „Nein! IHM NACH!! LOS!! Steht hier nicht so blöd rum!" fluchte er auf Hilichurlisch. Nun war es an Jean und Venti, sich ihrerseits den Angreifern in den Weg zu stellen. „Ach und was glaubt ihr, wo ihr jetzt hingeht?" fragte der Archon mit einem selbstzufriedenen Grinsen und spannte seinen Bogen.


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Der Beginn meiner zweiten FF ^^/. Lasst mich doch mal wissen was ihr so darüber denkt. ^o^7
Grüße Namyra

Am Abgrund zwischen Licht und Finsternis |  Genshin Impact FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt