Mondstadt

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Saya POV

Das Krachen verhallte, ich öffnete vorsichtig meine Augen und schaute mich nervös um. Die Hilichurle und der Abrundmagier lagen regungslos im Gras. War ich das etwa!? Ich richtete mich auf und spürte, wie meine Muskeln vor Anstrengung zitterten. Jegliche Kraft schien meinen Körper verlassen zu haben und ich stützte mich schwer auf die Wurzel neben mir. Was...ist das? Verwirrt betrachtete ich meine Arme, meine Fingerspitzen und sah schließlich an mir hinab. Mein ganzer Körper strahlte ein fahles weißes Licht aus. Ich schüttelte langsam den Kopf, bereute es allerdings sofort. Der bereits herrschende Schwindel verstärkte sich. Es hilft alles nichts...ich muss nach Mondstadt.... Träge setzte ich mich in Bewegung und starrte dabei auf die Maserung des Holzes vor mir. Immer wieder verschwamm meine Sicht und meine Beine fühlten sich an, als seien sie aus Blei. Bei dem Klang einer menschlichen Stimme hob ich den Kopf und versuchte, meinen Blick in die Richtung zu fokussieren, aus der ich glaubte, diese gehört zu haben. Das klingt wie...wie.... Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, versuchte noch einmal meinen Blick zu schärfen, sah in der Ferne aber nur drei verschwommene Gestalten.

Plötzlich gaben meine Beine nach. Ich rechnete damit, jede Sekunde auf dem harten Boden aufzuschlagen, doch wieder erwarten spürte ich einen Luftzug und mein Fall wurde gestoppt. Mit meiner verbliebenen Kraft drehte ich den Kopf. Ich erkannte schwarze und türkisfarbene Haarsträhnen, ein paar goldener Augen. ...Xiao? Die Welt um mich herum versank in Dunkelheit.

„Ist sie schon aufgewacht?", vernahm ich eine Stimme. „Noch nicht, aber da sie sonst keinerlei Verletzungen zu haben scheint, wird sie es sicher bald. Sie war vollkommen erschöpft und in Hinsicht dessen, was mir berichtet wurde, wundert mich das auch nicht." Langsam öffnete ich die Augen und stemmte mich in die Höhe. Eine Decke fiel von meinem Körper. Sofort hob ich meine Arme und wackelte mit den Fingerspitzen. Hm...leuchten tue ich schon mal nicht mehr.... Genau genommen fühlte ich mich wie neu geboren. Ich ließ meinen Blick umherschweifen. Obwohl der Raum, in dem ich mich befand, aus Stein gebaut war, wirkte dieser weder kühl noch abweisend. Warmes Sonnenlicht fiel durch ein Buntglasfenster herein und einige Topfpflanzen zierten das Zimmer. Ich selbst saß in einem großen Bett, welches ohne Probleme für zwei Personen reichte und der letzte Hingucker war der riesige Teppich, der unter diesem hervor bis in die Mitte des Raumes reichte.

Ich drehte den Kopf in Richtung der dunkel gemaserten Holztür. „...wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich muss wieder nach ihr..." Noch während gesprochen wurde, drückte jemand die messingfarbene Klinke nach unten. „Ihr seid wach!", rief das im Türrahmen stehende Mädchen freudestrahlend, als sie sah das ich aufrecht saß. Sie eilte an meine Seite und blieb mit einem Ruck stehen. Ein Windhauch, der den Duft von Kräutern mit sich brachte, wehte mir entgegen. „Wie fühlt ihr Euch? Habt ihr Schmerzen? Ist Euch noch schwindlig?", purzelte Frage um Frage aus ihrem Mund. „Ähm...Gut, nein und nicht mehr." stotterte ich leicht überrumpelt. „Sehr gut. Ich heiße übrigens Barbara und ihr befindet Euch in der Kathedrale von Mondstadt." Sie lächelte herzlich, schlug dann aber beide Hände vor den Mund. „Ohweh. I-Ich muss meiner Schwester bescheid geben!" Genauso schnell wie sie in das Zimmer hineingestürmt war, stürmte Barbara jetzt wieder hinaus. „Kaeya, leistet ihr doch etwas Gesellschaft bis ich zurück bin!", ertönte ihre Stimme nochmals vom Flur herein, ehe die Schritte in der Ferne verklangen. Kaeya?

Keine fünf Sekunden später schlenderte ein junger Mann ins Zimmer und während er auf mich zulief, schnippte er mit seinem Daumen immer wieder eine Goldmünze in die Luft. „Ihr erlaubt?" Er deutete auf die Bettkante. Ich nickte und winkelte meine Beine an. Die Münze blitzte ein letztes Mal, bevor er sie schließlich gekonnt auffing und in einer seiner Taschen verschwinden ließ. „Wisst Ihr, My Lady, Ihr habt hier einen ganz schönen Wirbel verursacht. Der Yaksha hat das eine oder andere erwähnt, als er Euch hier abgeliefert hat, aber..." My Lady?! „Aber?", wiederholte ich. Ein verschlagenes Lächeln auf den Lippen ergriff er mit Zeigefinger und Daumen mein Kinn. „... aber er hat nichts davon gesagt, was für eine Schönheit Ihr seid." Hitze schoss mir in die Wangen und ich versuchte zurückzuweichen, was das Grinsen seinerseits nur noch verstärkte. Plötzlich drang ein eindringliches Pfeifen an meine Ohren, Kaeya ließ die Hand sinken und einen Wimpernschlag später nahm eine jadegrüne Speerspitze mein Sichtfeld ein.

„Wie unhöflich von Euch. Platzt ihr immer ungefragt in vertrauliche Gespräche?", wies Kaeya den Neuankömmling zurecht und schob ungerührt die Speerspitze aus dem Weg. Mein Blick huschte zu Xiao, welcher sein Gegenüber finster anstarrte. Xiao. Woher kannte ich bloß diesen Namen? Ich bin ihm doch noch nie begegnet oder doch? Dann wiederum erinnere ich mich an den Windstieg, weiß aber nichts über den Ort wo ich mich gerade befinde. Die Kathedrale? Argh, das ist alles so verwirrend! Ich beschloss meine Gedanken jedoch erst einmal beiseite zu schieben, denn der Yaksha hielt seine Waffe noch immer im Anschlag und machte nicht den Eindruck, als wolle er diese senken. Was kann ich tun...genau! Zögerlich erhob ich mich, was mir die Aufmerksamkeit beider Männer einbrachte, und sagte: „Wie ich gehört habe, habt Ihr mich hierher gebracht. Ich schulde Euch meinen Dank. Wer weiß, was der Magier sonst mit mir angestellt hätte." Ein Schauder durchfuhr mich bei meinen letzten Worten, doch die Ablenkung funktionierte. Xiao zog den Speer zurück, sein durchbohrender Blick fixierte mich und etwas von der Härte in seinen goldenen Augen verschwand.

Fast zur selben Zeit hallten erneut Schritte durch die Gänge der Kathedrale und lenkten meine Aufmerksamkeit zur Tür. Eine hochgewachsene Frau, Barbara und ein Junge mit dunkelblauem Haar erschienen vor dem Zimmer. Barbaras Schwester sah abwechselnd von Kaeya zu Xiao, bis sie letztlich bei ersterem hängen blieb. „Kaeya, was ist hier los?" Der Angesprochene stand grinsend auf und erwiderte: „Nichts. Alles bestens Großmeisterin." Diese legte ob seiner Erwiderung lediglich die Hand an die Stirn und schüttelte den Kopf. „Ich muss mich für Ihn entschuldigen, Kaeya's Manieren bleiben manchmal auf der Strecke, wenn er eine schöne Frau sieht. Einerlei, fühlt ihr Euch fit genug mich zu begleiten?" Ich nickte. „Ausgezeichnet. Ich zeige Euch gleich, wo Ihr Euch frisch machen könnt." Da ich nun nicht mehr von der Decke verhüllt wurde, sah ich an mir hinab. Dreck- und Staubflecken überzogen meine Kleidung. Verdammt... Verlegen klopfte ich auf die betroffenen Stellen, was nur mäßig half. Die besagte Großmeisterin fuhr unterdessen fort: „Ist das erledigt..." Ein Grummeln unterbrach sie und sie musste lachen. „Mir scheint, etwas zu Essen wäre auch nicht verkehrt, bevor wir eine Besprechung ansetzen." Betreten senkte ich den Blick und mit einer Handbewegung lud sie nun alle Umstehenden ein, ihr zu folgen.

Wir verließen den Raum und traten in den Korridor, wo sich, wie ich sah, in regelmäßigen Abständen Kronleuchter an der Decke befanden. Barbaras Schwerster ging voraus. Ich reihte mich direkt hinter ihr ein und wurde sogleich von dem in grün gekleideten Jungen und Xiao flankiert. Kaeya und Barbara folgten dicht auf. Wir passierten diverse Holztüren, einige davon geschlossen, einige geöffnet, so dass ich beim Vorbeigehen einen kurzen Blick hineinwerfen konnte. In den meisten Räumen standen raumhohe Regale mit Büchern, doch auch Fläschchen in unzähligen Formen und Farben füllten die aus Holz konstruierten Ablagen. Allerdings, so interessant das Ganz auch war, so zog es meinen Blick doch immer wieder zu Xiao und schließlich gab ich dem Verlangen nach. Ich musterte ihn unauffällig. Er bewegte sich leichtfüßig und verursachte beim Gehen nahezu keine Geräusche. Ich frage mich... Plötzlich fuhr der Kopf des Yakshas in meine Richtung. Oh nein! Er schien gespürt zu haben, dass ihn jemand beobachtete. Hitze schoss mir in die Wangen und ich starrte schnell auf den mit Stein gefliesten Boden.

Erst ein Tippen auf meine rechte Schulter ließ mich das Kinn wieder heben. Ventis vor Neugier funkelnde Augen strahlten mir entgegen. „Darf ich fragen, wie Ihr heißt?" „Saya", antwortete ich und erwiderte sein herzliches Lächeln. „Freut mich Euch kennen zu lernen. Ich bin Venti, der beste Barden in ganz Mondstadt. Den Rest unseres kleinen Trupps dürftet Ihr bereits kennen, nehme ich an?" „Ja...naja, alle bis auf...", Venti folgte meinem Blick. „Aahh...Großmeisterin Jean, stellvertretende Anführerin des Ordo Favonius", stellte er die junge Frau vor. Bei der Erwähnung ihres Namens drehte sich diese kurz um und nickte höflich. Meter um Meter legten wir zurück und der beste Barde von ganz Mondstadt, wie er von sich selbst behauptete, schwärmte von einer seiner neuesten Kompositionen, bis wir schließlich in den riesigen Hauptraum der Kathedrale gelangten. Kirchenbänke säumten den Mittelgang und auch hier waren wie in meinem Zimmer zuvor große Buntglasfenster in die Wände eingelassen. Nonnen liefen geschäftig durch den gigantischen Raum und unterhielten sich flüsternd. Beeindruckt betrachtete ich das Gewölbe, während wir auf eine stattliche Doppeltür zuhielten. Jean öffnete einen der großen Türflügel und Sonnenlicht sowie ein warmer Wind empfing uns.

„Hier trennen sich vorerst unsere Wege", kam es von Barbara. „Ich muss noch einige Aufgaben, welche mir Schwester Rosaria aufgetragen hat, erledigen und diese sollten besser gemacht sein, bevor sie zurück ist. Wir sehen uns." Sie winkte zum Abschied und strebte in die Tiefen der Kathedrale zurück. Die Pforte hinter ihr schloss sich mit einem vernehmbaren Poltern. Ohne lange abzuwarten, eilte unsere Führerin zum Haupthaus des Ordo Favonius, wobei uns mehrere Einwohner neugierig nach spähten, als wir sie passierten. Konzentrierte man sich, war in der Ferne zudem das geschäftige Summen der Stadt zu hören. Händler, die ihre Waren anpriesen, das Stimmengewirr aus den Gasthäusern, das Klappern von Hufen.



So geht der zweite Teil zu Ende. Ich hoffe ich kann bald wieder nachschub liefern ;)

Am Abgrund zwischen Licht und Finsternis |  Genshin Impact FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt