Kapitel 16

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"Das ist aber nicht der Weg nach Hause..."

Irritiert blickte Jungkook sich um. Starrte Tae an, der voller Gewissheit um die Ecke bog und auf einem großen Parkplatz zum stehen kam.

"Nope, das ist mein zu Hause. Wir müssen hier schnell jemanden abholen und dann geht's zu dir." Schon sprang er aus dem Auto. Ließ den Jüngeren dabei verdutzt im Auto zurück.

Yeontan freute sich bereits riesig als dieser ihn im Flur hörte. Bellte hell auf und streckte die Nase durch den Türspalt, als Tae noch nicht Mal richtig die Tür aufgemacht hatte.

"Hallo mein Hübscher, wir machen jetzt einen kleinen Ausflug!"

Die Freude schien noch größer zu werden, als er die Leine vom Haken nahm und nach den Leckerlies griff. Wie ein kleiner Tornado fegte das Fellknäul durch die Wohnung. Sprang über Möbel und kam zum Schluss schwanzwedelnd vor ihm zum stehen.

Lachend nahm er seinen Hund auf den Arm. Presste ihm einen Kuss zwischen die Ohren, während seine Arme diesen fest an die Brust drückten.

Genau so sollte Freude aussehen. Warum schafften das Menschen nur nicht?

Allerdings war damit scheinbar nicht Jungkook eingeschlossen, der sofort zum Kleinkind mutierte als dieser Yeontan sah, weit die Arme in die Höhe streckte und den Mund aufriss.

"Ohhh, du Süßer! Kommst du etwa mit?"

Ein breites Lächeln prangte auf dessen Gesicht und ohne umschweife nahm der Jüngere das zapelnde Tier an sich.

So schnell war die Bedrückende Stimmung vergessen...

"So schnell kann man dich also glücklich machen. Gut zu wissen..."

Alarmiert blickte sein Beifahrer zu ihm auf. Machte große Augen, die ihn selbst gerade etwas überraschten - bis er nochmal Revue passierte, was er gesagt hatte.

Mist... Das könnte man jetzt auch zweideutig verstehen und nach dessen Blick war es genau der Fall gewesen.

"Also... das war nicht... Ich meine...", mit knallroten Ohren versuchte er die Situation irgendwie zu retten in der er sie beide manövriert hatte und merkte, das es dadurch nur noch schlimmer wurde.

"Mir kann man auch mit anderen Sachen Freude machen", antwortete Jungkook bierernst. Überging seine Unsicherheit einfach und kuschelte stattdessen mit dem Fellknäul.

Unsicher blickte er sich um. Überlegte, ob er noch irgendwas auf diese Äußerung sagen sollte - und ließ es dann doch.

Lieber so tun, als ob man nicht wüsste was los war. Schweigen und losfahren. Beste Taktik ever.

"Geht's jetzt los oder hast du noch was vergessen?"

Stimmt, an machen musste er sein Auto auch noch. Zum Glück hatte er Jungkook... obwohl dieser wahrscheinlich im Moment das Problem war.

...

"Holst du den Kinderwagen? Ich bleib hier bei Jimin."

Zögerlich nickte Jungkook, schnallte sich ab und blieb doch sitzen. Starr blickte der Braunhaarige aus der Frontscheibe. Direkt auf das Haus in dem dieser wohnte. Es wirkte heute noch mehr wie ein Klotz, weil die Sonne alles um sie herum erhellte - bis auf das Ding. Man hatte das Gefühl, das es mit den dunklen Fenster ganze Familien verschluckte und nie wieder her gab. Ein komischer Gedanke, wenn Tae so darüber nachdachte.

"Alles ok, Jungkook?"

Fest schluckte sein Gegenüber und wenn er richtig sah, bildeten sich Tränen in dessen Augen. Die Stimmung war von 100 auf 0 gesunken. Nur, weil sie hier waren... Das Bedürfnis ihn zu umarmen kam sofort, doch er hielt sich zurück. Hoffte, das dieser so eventuell reden würde statt weiter die Probleme in sich reinzufressen.

"Du kannst mit mir re-"

"Ich war noch nie mit dem Kinderwagen unterwegs!"

Oh. Das Beschäftigte Jungkook? Nur das?

"Ich war die ganzen letzten Wochen mit Jimin nur in dieser Wohnung. Hab nie einen Ausflug mit ihm gemacht, weil ich Angst hatte. Angst unsere Vier Wände zu verlassen und jetzt...

Jetzt kann ich mir nicht mehr vorstellen dort hinein zu gehen. Dort zu leben. Mit Jimin und ohne meine Frau."

Gezielt wand der Jüngere den Blick zu ihm. Tränen rollten über dessen Gesicht und völlig selbstverständlich nahm Tae dessen Hände wieder in seine. Strich mit seinen Fingern zaghaft darüber. Wollte ihm damit etwas halt geben.

"Ich hab die ganze Zeit über gehofft, das sie wieder kommt. Hatte Angst das ich eventuell nicht zu Hause bin, wenn sie vor der Tür steht und ich die Chance verpasse sie wieder in die Familie zurück zu holen.

Tausende Geschichten gingen mir dabei durch den Kopf. Was für Gründe sie hatte zu gehen. Warum sie nicht darüber geredet hat. Wo sie war...

Und dann war da die Angst, das ihr etwas schlimmeres passiert ist. Das ihr eventuell jemand etwas angetan hat. Das sie nicht freiwillig gegangen ist."

Ein Schluchzen entran dessen Kehle. Worte sollten sich bilden, aber außer gestotterten Silben kam nichts mehr raus. Die Hände unter seinen fingen an zu zittern und dessen Blick glitt von ihm weg direkt zu ihrer zarten Verbindung.

War jetzt der Moment wo er ihn Umarmen könnte? Er war unsicher, denn Namjoons Worte hallten immer noch in seinem Kopf: Gib den Fall ab...

Konnte er das überhaupt noch?

Wenn er Jungkook vor sich so sah, würde seine Antwort definitiv mit Nein enden.

"Komm her...", mit einer einzigen Bewegung zog er den Jüngeren an sich. Schlang seine Arme um den bebenden Körper und bettete dessen Kopf auf seiner Schulter. Das Weinen wurde sofort stärker, aber auch dumpfer. Wurde erstickt von seiner Jacke, die nun anstatt seines Hemdes mit Tränen getränkt wurde.

Eine Weile saßen sie so da. Yeontan auf der Rückbank. Zusammen gerollt wie eine Kugel direkt neben Jimin, der immer noch tief und fest schlief.

Da war jemand glücklich... anders wahrscheinlich, als der Mann in seinen Armen. Der hatte sich etwas beruhigt. Das Schluchzen und aufheulen war verstummt, konnte nur noch dessen Atem hören, der ruhig und langsam ging.

Tae zog ihn noch etwas dichter an sich. Holte ihn schon fast mit auf den Fahrersitz, weil er ihn nicht loslassen wollte und der Braunhaarige scheinbar auch nicht gehen wollte.

Es fühlte sich aus irgendeinem Grund unglaublich intim an, wie sie hier saßen und er musste sich eingestehen, das er die Nähe mochte. Das er dessen Wärme genoss und diesen Duft, der von dem Jüngeren aus ging. Er hätte am liebsten seine Nase in dessen Haarschopf vergraben, zarte Küsse darauf gehaucht und an diesen Ohren gespielt, die sich in sein Blickfeld stahlen.

Aber all das war nicht in Ordnung. Nicht, wenn er hier von seinem Job sprach.

Zuhause - Taekook (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt