3 - Vergessen

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'Cause you've got me and you know
That I've got you and I know


-Verlust von Erinnerung. Der Mensch vergisst über die Zeit hinweg kontinuierlich, wobei die Geschwindigkeit und der Umfang des Vergessens von vielen Faktoren abhängig sind, u. a. vom Interesse, von der Emotionalität der Erinnerung und „Wichtigkeit" der Information (Essentielles vor Details).

Asahi POV -9 Monate später-Es tat weh. Es tat verdammt weh. Noch nie in meinem Leben habe ich einen solchen Schmerz oder ein solches Leiden verspürt, wie beim Abschied von Noya. Es hat mich schlichtweg zerrissen und eine Wunde hinterlassen, die wahrscheinlich niemals heilen wird. Jetzt, 9 Monate später, sitze ich hier in einem Apartment. Das einzige Licht, was noch scheint, ist der Screen meines Laptops und das Leuchten meine Schreibtischlampe. Mitten in ....., bin ich Student an der Universität hier und schreibe an meinem Essay, was in 4 Tagen fertig sein soll, aber für mich noch nicht ansatzweise gut genug ist. Die Einleitung ist schlecht, die Struktur schlampig und der Text nicht sachlich genug. Die Uhr zeigt mittlerweile auch schon wieder 2:38 Uhr, mitten in der Nacht. Ich befinde mich am Ende meines ersten Semesters. Es wird mir nach gewisser Zeit eigentlich zu viel, aber ich kann nicht aufhören zu tippen und wieder zu löschen und wieder zu tippen, weil ich weiß, dass wenn ich jetzt aufhöre, ich sonst heute nicht mehr weiter mache. Das wäre allerdings fatal, da ich nur noch so wenig Zeit habe. Ich kippe also die nächste Tasse mit der Kombi aus Kaffee und Energy - grässlicher Geschmack, gute Wirkung - hinter und versuche mich zu konzentrieren. Die Buchstaben und Wörter bewegen sich teilweise schon, wenn sie es nicht sollten und ich weiß genau, dass ich eigentlich an dieser Stelle längst hätte stoppen sollen, aber ich kann nicht. Ich muss weitermachen. Muss weitermachen bis ich mein gewöhnliches Level an Perfektion, mindestens, erreicht habe. Muss weitermachen bis ich endgültig zusammenbreche, weil ich mir sonst vorkomme, als ob ich nicht hart genug für meine schier unerreichbaren Ziele gearbeitet habe. Es muss perfekt sein. Alles muss perfekt sein.Ich muss perfekt sein. Ich bekomme einen Anruf. Wer wird um diese Uhrzeit denn noch anrufen? Doch nicht etwa... Nein, das kann nicht sein! Ich hab mich seit mehreren Monaten nicht mehr bei ihm gemeldet, damit er mich vergisst! Weil ich den Trennungsschmerz nicht ertragen konnte... Ängstlich drehe ich mein Handy so rum, dass ich einen schnellen Blick auf den Namen des Anrufers erhaschen kann. Ich merke förmlich, wie in mir die Panik aufsteigt und will schon wieder weggucken, als ich schließlich lese... Es ist Haru. Erleichtert atme ich in einem langen Stoß aus und nehme mit immer noch zittrigen Händen ab. Wie konnte ich darauf kommen, dass Noya mich aus dem Nichts nach 8 Monaten anrufen würde. Wahrscheinlich hat mir mein zum Sterben müdes Gehirn einfach unterbewusst einen Streich gespielt. Ich räuspere mich und frage so beiläufig wie möglich, als ob es nicht schon eine dermaßen unchristliche Zeit wäre: „Was gibt's?" . Ich höre Haru mit seiner Zunge schnalzen und kann seine Enttäuschung durch das Telefon durch fühlen. Ich weiß genau, was jetzt kommt. „Azumane, wie oft haben wir das jetzt schon durchgekaut, hm?" Dass er diese höfliche, aber sehr distanzierte Weise, mich anzusprechen benutzt, verletzt mich ein wenig. Ich dachte eigentlich, wir wären gute Freunde. Um nicht die Fassade sinken zu lassen, scherze ich: „Sag du es mir, ich dachte, du zählst mit". Auch das kommt nicht sonderlich gut bei ihm an, neben dem Fakt, dass ich wieder einmal bis mitten in die Nacht an meinen Arbeiten sitze. Ich nehme einen weiteren Schluck "Kaffee" und höre ihn - schon fast theatralisch tief - seufzen. „Geh schlafen.", sagt er so plötzlich, wie er auch angerufen hatte. Ich bin kurz überrascht, doch als ich mich wieder gesammelt habe, sage ich schlichtweg, „Du weißt, dass ich nicht kann", und will schon ansetzen aufzulegen, als ich wieder seine Stimme vernehme. Dieses Mal droht er mir. „Wenn du nicht bald zur Vernunft kommst, schwöre ich bei Gott, dich höchstpersönlich zum Arzt zu fahren und dann bist du dran, mein Lieber!". Ich überlege. Seine Stimme hat eigentlich einen Ton angenommen, der kein Nein duldet. Aber dann sage ich impulsiv, „Lieber tot, als erfolglos", und drücke auf den roten Hörer. Ich falle zurück in meinen Stuhl und denke seufzend kurz nach. Über Noya um genau zu sein. Ich weiß nicht genau, wie er mir wieder ins Gedächtnis kommt, aber ich genieße die mit ihm verbundenen Erinnerungen wieder einmal abzuspielen. Wie sehr ich ihn vermisse...

till forever falls apart//asanoyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt