Kapitel 4

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"Ein schwarzer Punkt? Das kann nicht euer Ernst sein?!",sagte ich und schaute Leon und Dennis entgeistert an. "Wieso? Sie hat uns doch verraten und deshalb wird sie jetzt dafür büßen!",erklärte er mit felsenfester Miene und machte sich mit Dennis, der ihn begleitete, auf den Weg zur Nebelburg um Vanessa höchstpersönlich die Drohung zu überbringen.

Jetzt konnte ich sie auch nicht mehr aufhalten. Ich hatte meine Chance gehabt und hatte mein möglichstes getan um sie davon zu überzeugen das Gonzo und seine Bande nichts Gutes im Sinn hatten und die wilden Kerle ihr eigentliches Zuhause waren, war bei ihr aber wie vermutet auf reinstes Granit gestoßen. Während die beiden unterwegs waren half ich dem Rest des Teams dabei unseren Bolzplatz in ein regelkonformes Fußballstadion zu verwandeln, wie es im Buche steht.

Während ich gerade damit beschäftigt war den Platz sauber zu fegen beobachtete ich wie Raban und Joschka mit zwei Strohpuppen herumalberten, denen sie das Aussehen von Sexy James und noch ein paar anderen Mitgliedern der Gonzo-Gang gegeben hatten. Nachdem Raban ein kurzes Tänzchen mit seiner Puppe, die sehr große Ähnlichkeit mit dem älteren Mädchen hatte, plazierte er sie auf einem Katapult und schleuderte sie über den Zaun der den Teufelstopf abgrenzte. Die Katapulte sollten als eine Art Notausgang fungieren.

Ich konnte mir das Lachen einfach nicht verkneifen, so lustig sah es aus wie die Puppe im hohen Bogen über die Bretter flog. 'Jep! Er kann Sexy James definitiv nicht leiden.',dachte ich und schmunzelte amüsiert. Die Sonne stand schon sehr tief, als unser Anführer und sein arabischer Freund ihren Weg zurück zu uns fanden. Wie ich mir bereits gedacht hatte war ihre Aktion zwecklos gewesen und Vanessa hatte sich davon nicht einschüchtern lassen.

"Wo ist Vanessa?",erkundigte sich Marlon, der auf einem Haufen Geröll saß, den wir zuvor sorgfältig zusammengetragen hatten. "Ist doch Schnuppe, wir gewinnen auch ohne sie am Wochenende!",gab Leon gereizt zurück und tat so als wäre es ihm völlig egal das wir unsere Freundin immernoch nicht wieder hatten. "Das glaubst du doch wohl selbst nicht!",widersprach sein älterer Bruder und sah den jüngeren ungläubig an.

"Lass mich raten, die leere Drohung hat sie total kalt gelassen.",mischte sich nun auch Juli in das Gespräch mit ein. Wundern würde es mich absolut nicht, sie hieß ja schließlich nicht umsonst Vanessa die unerschrockene. Auf seine Aussage bekam unsere Abwehr nur ein unzufriedenes Knurren von unserem Anführer zu hören, was wohl bedeutete das es genau so gewesen sein musste.

"Verdammt! Wofür brauchen wir denn überhaupt ein Stadion wenn wir das Spiel sowieso verlieren?",jammerte Maxi, der neben Markus auf einer alten Couch saß. Er hatte nicht ganz Unrecht mit dem was er sagte. Wir hatten den halben Tag damit verbracht den Teufelstopf auf Hochglanz zu bringen, obwohl wir das Spiel ohne Vanessa eh von vornherein vergessen konnten. Und obendrein könnte sie den Teufelstopf 2.0 auch nicht einmal bestaunen, was mich irgendwie noch trauriger machte als den Fakt das wir nicht gegen die Nationalmannschaft antreten konnten.

"Habt ihr mir gerade nicht zugehört? Wir werden nicht verlieren! Kacke verdammte wer brauch schon Vanessa?! Wir sind die wilden Kerle!",erinnerte er uns und schaute uns wütend an, weil wir die Hoffnung bereits aufgegeben hatten. "Nein sind wir eben nicht! Nicht ohne Vanessa!",konterte ich und erwiderte seinen bösen Gesichtsausdruck. "Ja! Kreuzkümmel und Hühnerkacke, wir müssen uns schleunigst was einfallen lassen um sie zurück zu holen!",schaltete sich Fort Knox wieder ein und warf Leon einen eindringlichen Blick zu.

"Am besten wir treffen uns morgen in der Eisdiele und planen dann was wir als nächstes tun. Was sagst du dazu Leon?",schlug Dennis vor und wartete die Reaktion des Braunhaarigen Jungen ab. "Verflixt, seht ihr das etwa auch so?",wandte er sich an den Rest, der sich bis jetzt eher im Hintergrund gehalten hatte. Die Gesichter der restlichen Mitglieder sagten eindeutig das selbe und damit war er offiziell überstimmt. So trafen wir uns pünktlich um zehn in unserer Stammeisdiele und grübelten angestrengt wie wir am besten vorgehen wollten.

"Und was machen wir jetzt?",warf Leon irgendwann in die Runde, nachdem schon eine ganze Menge Zeit verstrichen war in der niemand irgendwas gesagt hatte. "Wie wärs mit Kämpfen?",sagte Leons und Marlons Vater, der wohl mitbekommen hatte was sein Sohn gesagt hatte. "Wie meinst du das denn?",stellte ich verwirrt die Frage und schaute ihn neugierig an.

"Na Vanessa ist doch genau wie du ein Mädchen, oder sehe ich das falsch?",gab er mir einen Hinweis, vermutlich damit ich selbst auf die Antwort kam, was ich jedoch nicht tat. "Ach kommt schon Leute denkt doch mal ein bisschen nach!",versuchte er uns zu animieren, bewirkte damit allerdings nur das uns noch mehr Fragezeichen über unseren Köpfen schwebten. "Oh mein Gott du bist ein Genie!",plötzlich machte es klick bei mir und ich verstand was er die ganze Zeit über versucht hatte uns zu vermitteln.

Die Jungs dagegen tappten immernoch im Dunkeln und sahen mich an als hätte ich meinen Verstand verloren. "Er sagt das wir um Vanessa kämpfen sollen!",erklärte ich ihnen mit einem breiten Grinsen im Gesicht. "Aber haben wir das denn nicht schon längst getan?",sagte Leon und meinte damit wahrscheinlich die Aktion von gestern. Verzweifelt schlug ich mir die Hand vor die Stirn.

"Nein! Auf die Weise wie man um ein Mädchen kämpft und nicht auf die Art wie die Mafia jemandem droht der seine Schulden nicht zurückzahlen kann!",ergänzte ich meine Erklärung und seufzte innerlich. "Okay und wie machen wir das?",wollte Marlon wissen und nahm den kleinen Papierschirm aus seinen Haaren, den er kurz zuvor aus Langeweile dort platziert hatte. Ich wollte gerade etwas erwidern, doch natürlich musste mir unser ach so toller Anführer ins Wort fallen.

"Ich weiß was wir machen!",rief er und klärte das Team über seine Blitzidee auf. Er wollte Vanessa glauben lassen das ein Talentscout auf sie aufmerksam geworden wäre und sie zu einem Probetraining in der Jungen Nationalmannschaft einladen wollen würde, vorausgesetzt sie würde ihn im Spiel gegen den SV überzeugen. "Das kauft sie uns doch niemals ab!",die Skepsis war mir förmlich ins Gesicht geschrieben. "Und ob sie das wird! Wir müssen nur überzeugend genug sein.",widersprach mir Leon der offenbar sehr stolz auf seinen Plan war.

Irgendwie glaubte ich nicht das sein Vater das mit seinem Rat gemeint hatte, aber was solls. Wahrscheinlich gab es jetzt sowieso nichts mehr was ich sagen könnte um dir Jungs von dieser irrwitzigen Idee abzuhalten, also lehnte ich mich einfach in meinen Sitz zurück und ließ sie machen. Leider konnte ich sie bei ihrem Vorhaben nicht wirklich unterstützen, da es zu offensichtlich wäre wenn ich erneut in der Nebelburg aufkreuzen würde, dennoch ließ ich es mir nicht entgehen mir das ganze aus sicherer Distanz anzusehen, als alles vorbereitet war.

Sie hatten den dicken Michi in einen viel zu großen Herrenanzug gesteckt, ihm einen Bart angeklebt und sogar die Limousine von Maxis Vater gemops, damit er als seriöser Talentsucher rüber kam. Auch Raban trug einen Anzug, der ihm an Beinen und Armen herunterschlackerte. Er sah schon ziemlich witzig aus und irgendwo fast ein bisschen niedlich, da er in dem vielen Stoff beinahe zu verschwinden schien.

Mein Gefühl sagte mir jedoch dass das ganze mächtig schief laufen würde als Raban mit dem Wagen vorfuhr und Michi aussteigen ließ. Ich beobachtete das Geschehen mit Leon und Dennis zusammen vom Dachboden der Fabrik aus und hielt gebannt den Atem an als der dicke Michi zu sprechen begann. Wie erwartet war Vanessa unheimlich misstrauisch ihm gegenüber und ich hatte schon Angst sie würde ihn sofort wiederkennen, doch als er die Jungen Nationalmannschaft erwähnte wandelte sich schlagartig etwas in ihr und sie wurde hellhörig.

Gonzo hingegen blieb weiterhin wachsam und musterte den Eindringling von oben bis unten, wobei er leider auf die Glücksbringer stieß die Michi sich vorsichtshalber eingesteckt hatte. Das wars dann wohl mit der Scharade. "Raban Lauf!",schrie ich, bevor ich großartig darüber nachdenken konnte was ich tat und flüchtete ebenfalls so schnell wie ich konnte. Erst draußen bemerkte ich dann das die beiden anderen mir nicht gefolgt waren. "Kacke!!",fluchte ich und stampfte frustriert auf den staubigen Boden. Das lief ja astrein! Nicht!

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