• K A P I T E L D R E I •

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Linnea

»Vergiss das Interview heute Nachmittag nicht«, sagte meine Mutter streng, als sie mich anrief, gerade als ich aus dem Haus ging, »Das ist vermutlich der wichtigste Schritt, bevor die neue Saison losgeht. Und wir wollen doch, dass dein Bruder skandalfrei in die neue Saison startet«

»Ich habe Training«, sprach ich genervt in mein Telefon, als ich das Cafè bei mir um die Ecke ansteuerte, »Ich kann nicht einfach gehen«

»Dein Vater-«

Ich unterbrach sie harsch: »Hat sich schon um alles gekümmert...! Ihr seid doch wirklich sagenhaft!«

»Nicht in diesem Ton, Fräulein!«, sagte meine Mutter streng und ich sah in meinem inneren Auge, wie sie die Augenbrauen zusammen kniff und die rot geschminkten Lippen verärgert nach oben zog, »Was dein Bruder macht ist schwere, körperliche Arbeit«

»Ach, und was ich tue etwa nicht?!«, brüllte ich geradezu in den Hörer meines Handys und zog die Aufmerksamkeit einiger Passanten auf mich.

»Linnea, tanzen kann jeder. Wo ist das bitte körperliche Arbeit?«

Das wars!
Ohne mich zu verabschieden legte ich auf und warf mein Handy verärgert in meine Tasche, nachdem ich den Flugmodus eingeschaltet hatte. Sicherlich würde sie auf die Idee kommen und mich zurückrufen. Aber ich wollte nicht weiter mit ihr reden. Da mein Vater ohnehin schon mit der Opera and Ballet telefoniert hatte, wussten sie, was anstand und würden mich so oder so gehen lassen.
Wieso taten mein Choreograf und der Leiter der Opera überhaupt, was mein Vater wollte? Weil er ein großer Sponsor war?
Er interessierte sich nicht einmal für die Oper oder das Ballett!
Die hatten doch beide keine Ahnung!
Sie wussten nicht, dass es bereits körperlich anstrengend sein konnte, wenn man sich „nur" eine dreiviertel Stunde an der Stange aufwärmte. Und da hatten wir die Spitzenschuhe noch nicht an. Wir hatten da noch nicht einen einzigen Schritt aus einer Choreografie geübt. Unsere Termine bei den Physiotherapeuten standen da noch aus und vom Krafttraining will ich gar nicht erst anfangen. Und dann besaß ausgerechnet meine Mutter den Nerv zu sagen, Ballett wäre körperlich nicht anspruchsvoll!
Das ein Anruf meinen Tag so versauen konnte. Und er hatte noch nicht einmal richtig begonnen. Es war erst acht Uhr morgens.
Vor Wut kochend betrat ich das Café, wo ich mir meinen Lieblingskaffee holen wollte. Zinnia wartete bereits geduldig auf mich und wollte mich angrinsen. Doch dann bemerkte sie meinen Gesichtsausdruck.

»Oh je«, entkam es ihr statt einer Begrüßung, »Was ist passiert?«

»Meine. Mutter!«, knurrte ich nur aufgebracht und fummelte wie eine Furie nach meinem Portemonnaie, dass sich irgendwo in meiner Tasche versteckt hatte, während wir uns in der Schlange anstellten.

»Was hat sie jetzt schon wieder gemacht?«, fragte Zinnia nach und wirkte dabei unmutig, als wollte sie die Antwort gar nicht hören.

Wenn ich ihr das jetzt sagte, dann würde sie garantiert an die Decke gehen. Doch auch sie hatte das Recht zu erfahren, wie meine Mutter mal eben alle Tänzer dieser Welt beleidigt hatte.

»Tanzen kann jeder«, äffte ich sie also nach, »Wo ist das also bitte körperliche Arbeit?!«

Zinnia starrte mich entsetzt an, während sie gleichzeitig einen Blick auf die Karte warf, um zu überlegen, ob sie etwas anderes probieren wollte. Ich währenddessen, versuchte meine Stirn wieder zu glätten, da sie nun sicherlich vor Zorn in Falten lag. Gar kein Wunder, wenn man mich fragte.

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