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Song: shut up - Greyson Chance

Connor's P.O.V.

Das nächste Mal, dass wir uns zusammen betrinken, ist Wochen später und nicht unweit der Böschung, die mich Trace an unserm ersten gemeinsamen Nachmittag herunter gejagt hat.
Wir sitzen auf den stillgelegten Bahngleisen unter einem abgestorbenen Baum, der immer noch Schatten spendet und schwänzen die Schule. Ein Sixpack Bier vor uns, von dem Trace schon fast drei geleert hat.
Ich bin beim Zweiten angelangt.

Ich habe mich noch immer nicht an das Trinken in dieser Hitze gewöhnt.
Abbys Augen drücken jedes Mal Sorge aus, wenn ich ihr über Video Call erzähle, dass ich auf eine weitere Party gegangen bin, weil ich wusste, dass ich dort Trace finden würde. Denn Trace auf Partys ist mein neuer Lieblings-Trace geworden.

Meist tue ich so, als ob ich total überrascht bin, ihn dort zu sehen, dabei ist er der einzige Grund, warum ich überhaupt aus meinem Fenster geklettert bin.
Irgendwo zwischen diesem ersten Nachmittag hier am Stadtrand und Georges Geburtstagsfeier bin ich süchtig nach ihm geworden.

Ich höre am Ende der Woche bei jeder Unterhaltung mit, um herauszufinden, bei wem am Wochenende etwas steigt, um dort aufzutauchen, in der Hoffnung von blauen Augen mit brauen Sprenklern entdeckt zu werden.
Und bis jetzt haben sie mich noch nicht enttäuscht. Sie finden mich immer. Er findet mich immer.

Gut, ich schiebe mich auch so ziemlich unter seine Nase, aber das ist egal.
Er rennt immer mit mir in den Garten, die Dunkelheit und wir reden. Er manchmal mehr, manchmal weniger deutlich.
Manchmal reden auch seine Hände, wenn sie plötzlich an meinen Kleidern zerren, aber es ist noch nie etwas passiert. Er hat auch nie wieder versucht, mich zu küssen.

Jetzt wirkt es immer so, als ob er genau wüsste, wen er vor sich hat und dass er diese Person eben nicht küssen will, sondern einfach nur mag, sehr mag.
Trace auf Partys ist immer so locker, seine Stimme ist nicht ruhig und gefasst, sondern laut und energiegeladen. Er grölt rum und wenn er mit mir allein redet, ist da eine andere Melodie in seinem Ton.

Dennoch ist Abby beunruhigt und genau deswegen rufe ich sie nicht mehr so oft an. Ich habe keine Lust auf ihre Predigten aus tausend Meilen Entfernung. Sie hat keine Ahnung, ist nicht hier, sieht nicht, was ich sehe. Nämlich einen Jungen mit geröteten Wangen, der wieder diesen glasigen Blick in den Augen hat.

"Hey, du bist ja fast so rot wie ich", ziehe ich ihn auf.
Mittlerweile muss ich mich nicht mehr vor ihm verstecken, es ist mir fast nichts mehr peinlich.
Ich bin gerade knallrot im Gesicht. Na und?
Er hat mich schon schlimmer gesehen, nämlich knallrot, mit verquollenen Augen und Rotz aus der Nase laufen.

"Du wirst dich nie an dieses Klima gewöhnen, Connor. Du bist nicht gemacht für hier."
"Wem sagst du das", stimme ich zu und hebe die einst kühle Flasche an meine Lippen.
Trace scharrt seine Füße durch den Staub, auf seinem Rücken ein Mosaik aus Schatten und Sonne. Sein Hemd bauscht sich im trockenen Wind auf.
"Weißt du, was ich mich manchmal frage?"

"Nein?"
Ich betrachte ihn neugierig und warte, bis er weiterspricht.
Er lässt sich Zeit und macht den Mund erst wieder auf, als er mich mit einem unerschütterlichen Blick fixiert hat.

"Wenn ich dich nicht angesprochen hätte, wären wir dann heute hier?"
Ich lasse jedes Wort in meinem Kopf nachklingen, weiß die Antwort, bevor ich verstanden habe, was sie bedeuten.
"Nein, ganz bestimmt nicht. Ich hätte dich nie angesprochen."

"Wärst du traurig darüber? Ich meine, darüber, dass wir nie Freunde geworden wären?"
"Wie sollte ich darüber traurig sein, wenn ich nicht mal wüsste, dass es in einem Paralleluniversum diese Möglichkeit gegeben hätte?"
Trace wirft mir einen entnervten Blick zu und ich unterdrücke mein Grinsen. Ich behalte meistens den klareren Kopf von uns beiden.

OUTCAST [boyxboy]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt