Kapitel 2

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Remus' Patrouille diesen Abend war mehr Therapie als Streife.

Er schwang sich schneller als sonst durch die Straßen, nah an den Gebäuden, knapp über den Autos. Immer wieder schossen seine Netze in verschiedene Richtungen, schwangen ihn mal nach links, dann hektisch nach rechts, dann plötzlich in die Höhe.

Er war außer sich. Nach dem Flash seine ach so tolle Warnung ausgesprochen hatte, ging er davon, als wäre nichts gewesen und obwohl Sirius näher trat, um Remus nach seinem Wohlbefinden zu fragen, floh Remus auf die Toiletten. Eigentlich hatte er noch Unterricht und eigentlich hatte er drei verpasste Anrufe von Lily, doch trotzdem holte er seinen Anzug heraus und kletterte aus dem Fenster.

Er brauchte das Adrenalin, das Freiheitsgefühl, das ihm das Fliegen gab, brauchte die Stadt unter seinen Füßen, um sich wieder stark zu fühlen. Er schwang sich bis Schulschluss durch die Straßen, lauerte auf Dächern, schrie in den Himmel hinein, da ihn der Stadtlärm sowieso übertönte und beobachtete dann vom Schuldach aus, wie die Schüler den Weg nach Hause einschlugen.

Den ganzen Weg vom Ausgang bis zum Bus behielt er Sirius im Auge, wie dieser mit seinem besten Freund James abklatschte, wie sie redeten und lachten und sich dann beeilten, um zum Bus zu kommen.

Hass brannte in Remus' Brust, wie noch nie zuvor. Natürlich hatte er es schon immer gehasst, wenn Flash ihn gehänselt hatte und hatte bestimmt hunderte Nächte damit verbracht sich deswegen in den Schlaf zu weinen, doch dieses Mal ließ Flash ihn Wut fühlen. Einfach nur glutheiße Wut.

Wäre Remus nicht die Freundliche Spinne aus der Nachbarschaft™ , hätte er Flash schon lange einen Besuch abgestattet. Fuck, er war sogar bereit sich ganz zu ändern und der Bösewicht New Yorks werden, wenn es ihm wenigstens einen, einen Schlag in Flash's Gesicht gestatten würde. Es war nicht fair, Remus auch so schon seine ganze Schullaufbahn lang zu schikanieren, jetzt musste er auch noch den Besitzergreifenden spielen und Remus' Leben wieder zerstören.

Nach kurzem Auftauchen zu Hause, um nach seiner Mutter zu sehen, verschwand Remus wieder auf Patrouille, sein Blick aufmerksam auf die Straßen gerichtet, seine Ohren nach Gefahren am Horchen. Es war erst sieben Uhr abends, da passierte meistens wenig Kriminalität, doch Remus setzte sich auf den Zehenspitzen auf die Ecke eines Flachdachs, stützte die Finger auf den Rand und beobachtete.

Es war nicht leicht eine so riesige Stadt im Visier zu haben, doch Remus kannte die schlimmsten Orte, die, die Bösewichte aufsuchten, wo Räuber meist herliefen, wo jeder den selben Fehler beging sich zu zeigen.

Ganz wie erwartet hörte Remus schon bald die zu bekannten Sirenen eines Polizeiautos. Es raste die Straße entlang, während Zivilisten versuchten Platz zu machen und Eltern ihren Kindern die Ohren zuhielten, der Lärm viel zu laut für sie.

„Wetten, ich bin früher da?", schmunzelte Remus, obwohl niemand ihn hören konnte, streckte den Arm aus, schoss ein Netzt auf den nächsten Wolkenkratzer, hielt das Ende des Spinnennetzes fest und ließ sich fallen.

Anfangs fand Remus den freien Fall angsteinflößend, jetzt liebte er ihn. Es war wie ein kurzes Saubermachen des Kopfes, alle Gedanken mit der Luft davon geblasen und der Adrenalinkick enttäuschte auch nie. Selbst nach zwei Jahren kitzelte Remus' Bauch vor Überforderung, wenn er fiel. Es war das schönste Gefühl, das es gab.

Remus blieb dicht bei dem Polizeiauto, achtete auf die Blinker und schwang sich am richtigen Haus in die Richtung. Da es schon dunkel war, waren die Lichter der Straße deutlich zu erkennen und die weihnachtlichen Dekorationen funkelten fröhlich vor sich hin. Remus bekam einen Blick auf New York, den sonst niemand hatte. Manchmal, da redete er sich ein, es wäre nur für ihn. Eine kleine Freude in der Misere, die das Leben darstellte.

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