Kapitel 14 | Die Nerven liegen blank

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Katherine liegt mit dem Rücken auf dem Boden, alle viere von sich gestreckt. Ihr Gesicht ist rot, ihre blasse Haut glänzt vor Schweiss. Ich räuspere mich.

„Das ist der sterbende Seestern", brummt sie.

„Wäre es aber trotzdem nicht mal an der Zeit, den aufgehenden Phönix zu machen?"

„Wohl eher den aufgehenden Mittelfinger", ist ihre Antwort. Ich muss schmunzeln.

„Na, komm schon. Du musst jetzt wirklich aufstehen", sage ich dann und packe sie an den Händen, welche sie ausstreckt, bevor ich sie hochziehe.

„Wundervoll", füge ich noch hinzu. „Wirklich."

Erstmal reckt sich das Mädchen. Dann befreit sie ihre Haare aus dem Dutt und schüttelt ihren Kopf. „Bah. Mir tut alles weh."

Ich zucke mit den Schultern, da kommt James auf uns zu.

„Wie bist du überhaupt hier reingekommen?", fragt mich dieser. Ich tippe mir an die Stirn. „Die Türen sind nicht verschlossen, das weisst du schon, oder?"

Darauf entgegnet er nichts. Habe ich nur das Gefühl, oder will er mich wirklich loswerden?

„Aber wenn du schon hier bist, kannst du uns gerne beim Aufräumen helfen", meint James dann, bevor er auf Kat zeigt. „Die verpisst sich nämlich gerade."

Ich presse die Lippen aufeinander. „Sorry, aber ich hab jetzt noch etwas Wichtiges vor."

Mein Kollege stösst ein Seufzen aus, fasst sich an die Stirn und verdreht die Augen. „Immer bleibt alles an mir hängen", höre ich ihn noch brummen, als er sich von uns entfernt. Katherine wirft mir einen Blick zu.

„Irgendeine Adresse. Irgend so ein Titus", meint sie dann leise und macht sich daran, ihre Schuhe auszuziehen.

„Ich warte draussen, okay?", frage ich, stecke meine Hände in die Manteltaschen und entferne mich aus dem Backstagebereich. Ich weiss auch nicht, wie ich hierhergelangt bin. Wahrscheinlich wollte ich wohl nach ihr sehen.

Ich schüttle den Kopf, als ich draussen die kühle Luft einatme und von Sonnenstrahlen begrüsst werde. Mein Blick schweift zum Laden gegenüber von Studio 98. Ein Drogeriemarkt. Heute ist der letzte Tag... mir kommt eine Idee in den Sinn. Und in dieser Zeit wird mir Kat nicht davonrennen.

Mit meiner letzten Aussage lag ich wohl falsch, denn ich erblicke sie mit verschränkten Armen und einem genervten Gesichtsausdruck, als ich mit einer Tüte aus dem Laden gehe. Sie braucht einige Augenblicke, bis sie mich sieht.

„Hast du ernsthaft geglaubt, du könntest einfach abhauen?", faucht sie, aber ich kann sie nicht ernst nehmen. Vor allem wegen ihren Tigerzähnchen und dem Gesichtsausdruck. Sie ist nicht wirklich wütend. Nur genervt.

„Du kannst froh sein, dass ich wiedergekommen bin", erwidere ich, woraufhin ihre Miene nicht wirklich heller ausfällt. „Titus-Wyss-Street 78. Gehen wir. Wo ist das überhaupt?"

„Ich dachte, du hattest nen Plan, wovon du redest", brummt das Mädchen, zieht allerdings ihr Smartphone hervor und gibt die Adresse ein, während ich wie ein Depp danebenstehe.

„Zentrum. Erreichen wir mit der Metro in fünfzehn Minuten."

Und schon läuft sie los. Ich eile ihr hinterher.

„Was hast du überhaupt da drin?", fragt Katherine, als ich aufgeholt habe.

„Wirst du sehen", entgegne ich und grinse, woraufhin sie nur die Augen verdreht. „Aber Spass beiseite. Weisst du, was uns dort erwartet?"

Am Abgrund der Zeit | Band IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt