𝟏𝟗. 𝐃𝐞𝐳𝐞𝐦𝐛𝐞𝐫 𝟏𝟗𝟕𝟓: 𝐒𝐨 𝐍𝐚𝐡𝐞

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Es war, wie aus einem Alptraum zu erwachen und festzustellen, dass das Leben, dass einem im Traum begegnet war, nicht wirklich existierte; doch in Remus' Fall war es lediglich eine andere Realität, ein Werwolf zu sein.

Zurückzukommen, begann mit einem unbeschreiblichen Schmerz. Die Haut schien sich in sich selbst zurückzuziehen, Klauen und Fell bohrten sich in Remus' Inneres, um in einem Monat wieder hervorzukommen ...

Und dann strömte plötzlich alles auf ihn ein; die Erkenntnis entsprach nicht Fragen, die man jemandem stellt, der bewusstlos gewesen ist, nein, es war das Bewusstsein der eigenen Identität, die im eigenen Denken emporstieg. Die Frage des Seins, des Fühlens. Des Fühlens von menschlichem Empfinden.

Wenn er aus seinem Werwolfsein erwachte, musste er nicht darüber nachdenken, dass sein Name Remus John Lupin war. Dieser kehrte zurück, sobald das erste Haar aus seiner Haut gerissen wurde.

Aber es war notwendig, dass er sich in sein Bewusstsein zurückrief, was das bedeutete. Was es bedeutete, ein Mensch zu sein. Einen Menschen zu lieben.

Sirius.
Remus schlug die Augen auf und er erkannte unvermittelt die zerfransten Wände der Shrieking Shak.
Und er sah einen großen, schwarzen Hund, der, irgendwie mit einem geradezu menschlichen Lächeln, über ihm hockte und ihn direkt ansah.
Augenblicklich schlug Remus' Herz höher und er setzte sich auf, befühlte seine Hände und seinen Rücken, spürte seinen zerkratzten Körper.

Doch Sirius war hier. Er war hier, bei ihm, selbst in den Weihnachtsferien, und verhinderte, dass Remus einsam und blutend am Boden der Shrieking Shak lag, allein, ohne jemanden, der an seiner Seite war; so wie es schon beinahe sein ganzes Leben gewesen war. Seine Eltern hatten es immer vermieden, dass er mit anderen Kindern spielte, damit ihm seine Identität als Werwolf nicht herausrutschte.

Remus hatte sich so gefreut, nach Hogwarts gehen zu können, hatte sich so gefreut, gleichaltrige Freunde zu finden - aber über die Liebe hatte er niemals nachgedacht.

Sirius verwandelte sich direkt vor seinen Augen und lächelte. „Peter konnte leider nicht kommen. Er hat sich vorhin übergeben ..."
Peter blieb über die Ferien hier, doch er war nun krank und lag im Krankenflügel, vermutlich hatte er etwas gegessen, mit dem ein Schüler einen Streich spielen wollte, einen Scherzartikel vielleicht, dessen Wirkung länger anhielt. Doch Madam Pomfrey würde ihn bis Weihnachten schon wieder auf die Beine bekommen ...

Remus spürte den Schmerz noch immer in seinen Knochen nachklingen, doch langsam erhob er sich und stand mit weichen Knien auf.
„Alles in Ordnung?", fragte Sirius und nahm seine Hand. Sie war warm, und fühlte sich beinahe so rau an wie Hundefell.
„J-Ja, mir geht's gut, danke ...", murmelte Remus und hoffte, Sirius würde sich nicht weiter um ihn sorgen.

So standen sie da, Sirius hielt seine Hand, die zitterte von dem schwachen Gefühl nach der Verwandlung ... Und Remus konnte nur noch seinen Freund ansehen, er blendete die staubige Hütte aus, die sein Heulen berühmt gemacht hatte, er blendete das Licht der aufgehenden Sonne aus, da war nur noch das Strahlen von Sirius' grauen Augen ...

Plötzlich standen sie sich gegenüber, sie waren sich so nah; Sirius hielt weiterhin Remus' blasse, vernarbte Hand und dann beugte er sich vor, er, Sirius beugte sich vor zu ihm, und Remus versank vollends im Grau seiner Augen, näherte sich ihm ebenfalls, ihre Gesichter waren nur noch Zentimeter voneinander entfernt - doch dann knackte eine Diele in der Shrieking Shak und ihr stiller Moment zerbrach, Sirius nahm seinen Kopf zurück und ließ seine Finger aus Remus' Hand gleiten, sie hatten sich wieder ein ganzes Stück voneinander entfernt.

Unmittelbar begann das Blut in Remus' Kopf zu rauschen und er spürte, wie er rot wurde.
„Uhm ... Wollen wir dann?", fragte er vorsichtig.
Sirius schien aus einer Trance aufzuschrecken und nickte, das alte Grinsen umspielte sein Gesicht. „Klar, gerne." Doch auch er wirkte leicht verlegen.

Gemeinsam, mit einem etwas vergrößerten Abstand, stiegen beide die Treppe der Hütte hinab und liefen geduckt zurück durch den geheimen Tunnel, drückten den Knoten an der Whomping Willow und begaben sich hinaus in die verlassenen Grounds, dem wunderschönen Morgen entgegen.
Remus fragte sich, ob Sirius ihn vor einigen Minuten hatte küssen wollen, doch dann besann er sich eines Besseren, hakte diese Möglichkeit als vollkommen absurd ab und folgte seinem Freund durch das Porträt der Fat Lady in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors, um sich auf den Unterricht vorzubereiten.

𝐔𝐧𝐭𝐞𝐫 𝐝𝐞𝐦 𝐌𝐨𝐧𝐝𝐥𝐢𝐜𝐡𝐭 - WolfstarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt