Kapitel 3

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Kincaid setzte sich an seinen Pult und blickte auf die Akten, die er vor sich platziert hatte. Er bedeutete ihr auf dem Stuhl vor ihm Platz zu nehmen, damit er mit ihr die Angelegenheiten besprechen konnte.

Entnervt nahm Ashlyn Platz. Wenn möglich, wollte sie ihren Schuldeid so schnell wie es eben ging über den Tisch bringen, denn sie hatte weder Lust noch die nötige Geduld sich mit diesem Vampir abzugeben.

»Ach komm Ash, ein wenig Begesiterung bitte. Eine Jägerin sollte doch ein Mindestmaß an Elan aufbieten können.«

Ashlyn schüttelte nur erschöpft ihren Kopf. Genau so schnell wie ihre Wut aufgetaucht war, verrauchte sie nun auch wieder und ließ Ashlyn erschöpft zurück. Die letzten Tage hatte sie kaum genug Schlaf bekommen, da sie einen abtrünnigen Kobold gejagt hatte. Ein flinker, mieser Hund war er gewesen und hatte Ashlyn mit seinen hinterlistigen Streichen auf Trab gehalten. An Schlaf war kaum zu denken gewesen und nun musste sie sich auch noch mit Kincaid rumschlagen. Der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Ashlyn zu tyrannisieren.

»Ich bin nur wegen einer einzigen Sache hier, Kincaid. Und die lautet meine Schuld zu begleichen.«
Wie oft sie ihn wohl noch darauf hinweisen musste?

»Und belassen wir es doch lieber bei Ashlyn oder besser bei Jägerin.«, erwiderte sie zuckersüß.

Doch Kincaid lächelte sie nur herzlich an, was völlig deplaziert an ihm wirkte und schob ihr eine Akte zu, an der ein Foto angeheftet war. Ashlyn blickte in das Gesicht einer jungen hellen Frau, mit blonden lockigen Haaren, die sich um ihr Gesicht ringelten. Es war eine hübsches Ding, musste sie sich eingestehen. Sie ähnelte den Models auf den Laufstegen in Paris, hohe Wangenknochen, ein hochgerecktes Kinn und sie besaß eine ästhetische Ausstrahlung. Doch Ashlyn erkannte in ihrem Blick eine gehetzte Nervosität. Da sie sich damit auskannte, war es für sie nicht schwer zu bemerken, dass diese junge Frau etwas zu verbergen hatte und dass ihr dies zu schaffen machte. Wahrscheinlich rechnete sie damit, jede Sekunde angegriffen werden zu können.

Ashlyn blickte von dem Foto auf und bemerkte, dass der Vampir sie aufmerksam musterte.
Sie ignorierte es und fragte stattdessen, wer sie sein sollte.

»Ich hatte gehofft, dass du ihr schon einmal über den Weg gelaufen bist.«

Ashlyn sah sicherheitshalber nochmal genauer hin, auch wenn sie davon überzeugt war, dass sie dieser Frau noch nie begegnet war, konnte ein weiterer Blick nicht schaden. Doch sie schüttelte wieder verneinend den Kopf, Ash würde sich an sie erinnern.

»Nun gut. Das ist Corinna Martin.«

Ha! Ashlyn hatte es doch gewusst, sie war eine Franzosin.

»Bis vor kurzem hat sie hier in meinem Etablissment gearbeitet. Aber eines Tages ist sie einfach verschwunden und nicht zu ihrer Schicht aufgetaucht. Ich hatte mir erst nichts dabei gedacht aber wie mir kurz darauf aufgefallen ist, wurden mir auch ein paar sehr wichtige Dokumente entwendet, die nicht an Dritte gelangen sollten. Du verstehst, dass ich nun sicher gehen muss, dass sie nichts mit dem Datenklau zu tun hat.«

Also bestand ihre Aufgabe darin, ein verschwundenes Model aufzuspüren?
Das hörte sich zu leicht an.

»Wieso sollte ich dich dann in unsere Gilde infiltrieren müssen? Aufspüren kann ich sie auch so, ich bin immerhin eine Jägerin, das wäre kein Problem für mich.«

»Ja, das könntest du.«

Ashlyn wartete darauf, dass er weiter sprach, doch es kam nichts von ihm.

»Ja und?«, fragte sie gereitzt.

Er lächelte wieder diabolisch.
- Gott, sie hatte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.-, schoss es ihr durch den Kopf.
Einem verdammt scharfen Teufel...Mist! Zügle dich Ashlyn!
Ihre Hormone schienen im Moment verrückt zu spielen.

»Ich würde gerne meine Daten zurück haben und mich selbst davon überzeugen, dass sie vollständig von anderen Geräten gelöscht sind. Ich möchte in dieser Angelegenheit kein Risiko eingehen.«

Ashlyn hasste es ihm jedes Detail einzeln aus der Nase ziehen zu müssen.

»Und was hat das eine mit dem anderen zu tun? Wieso musst du dich bei uns einschleichen, um die Daten löschen zu kön...oh. Nein!«

Ashlyn sah ihn schockiert an. Ungläubig betrachtete sie wieder das Bild vor ihr.
Das konnte doch nicht wahr sein, oder?

»Wie du ja scheinbar bemerkt hast, ist das die Tochter der Gildenvorsitzenden Julia Martin. Ich bin mir sicher, dass sich meine Datein in ihrem Besitz befinden und dass sie diese stets in ihrer Nähe behält. Ich muss also nur kurz in ihr Büro und eventuell in ihr Schlafgemach und das wars dann auch.«

Ashlyn raufte sich ihr Haar. Nach dem hier, war Kincaid so was von tot. Eid hin oder her!

Er streckte ihr seine Hand entgegen.

»Also gillt unsere Vereinbarung?«

Ashlyn betrachtete seine Hand. Wollte sie sich wirklich auf ein Spiel mit ihm einlassen?
Ach verdammt, sie hatte eh keine andere Wahl, also was soll's.
Sie schlug ein.

Wenn das mal nicht schief gehen würde.

Jäger der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt