Kapitel 4

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Als Ashlyns Hand auf seine traf, schoss ein Gefühl, wie ein elektrischer Schlag durch ihren Körper. Sie blickte erst auf ihre umschlossenen Hände. Seine großen, starken Hände hüllten ihre komplett ein. Sie konnte sich eine weitaus bessere Verwendung für sie vorstellen, als bloß einen Handschlag.

- Verdammt, Ashlyn! -, mahnte sie sich.

Es war als säße ein kleiner Zwerg in ihrem Kopf, der jedes Mal, wenn Kincaid etwas sagte oder tat eine volle Ladung Adrenalin durch ihren Körper knallte.

Sie entzog ihm rasch ihre Hand, bevor sie noch etwas tat, dass sie später bereuen würde. Doch er hatte bereits bemerkt, wie ihr Körper auf ihn reagierte und grinste nun strahlend. Na toll, heute war sie wohl seine persönliche Lachnummer! Wie gern würde sie jetzt eins ihrer Messer ziehen und ihm dieses miese Grinsen aus dem Gesicht schneiden. Aber nein, Ashlyn musste sich entspannen. Was sagte ihre Gilden Psychologin immer?

Sie müssen sich entspannen, Ashlyn. Zählen sie bis zehn, atmen sie einmal tief durch und überlegen sie dann, was für Konsequenzen ihr Tuen mit sich ziehen wird.

Na gut, sie entspannte sich, lockerte ihre verkrampften Fäuste und ließ einmal ihre Schultern kreisen.
Auch wenn es schien, als hätte sich sein Grinsen noch weiter ausgedehnt, blieb sie friedlich und zählte bis zehn.

»Damit ist dann unsere Vereinbarung getroffen. Wie schnell kannst du mich da einfädeln, Jägerin

Das letzte Wort sprach er betont tief aus, er machte sich über sie lustig, doch das konnte Ashlyn egal sein.
Sie nickte zustimmend und beantwortete dann seine Frage.

»Lass mir einen Tag, mehr brauch ich nicht. Ich werde dich als meinen Informanten ausgeben, den ich schützen muss, weil du ein Zeuge eines großen Schmuggelkonzerns bist oder etwas in diese Richtung. Ich gebe dir auf jeden Fall noch rechtzeitig Bescheid. Du musst dich ja noch in deine Rolle hineinversetzen.«, erklärte Ashlyn ihm.

Kincaid stimmte ihr zu und gab sein Einverständnis, als ob sie das gebraucht hätte. Dann reichte er ihr seine Visitenkarte mit seiner privaten Nummer darauf. Ashlyn wusste nicht wieso, aber es kam ihr so banal vor, dass er ein normales Kärtchen besaß. Auch wenn sie es besser wissen müsste, sie hatte etwas magischeres erwartet.

Sie wollte sich gerade auf den Rückweg machen, als Kincaid sie noch einmal zurück rief.

»Was ist denn jetzt noch?«, fragte sie genervt.

»Um mich anrufen zu können, musst du einen Tropfen deines Blutes auf die Visitenkarte tropfen lassen. Nur einen Tropfen Jägerin und auch nur von deinem Blut, kein anderes wird wirken.«

Und da war es schon, der Effekt der ihr gefehlt hatte. In diesem Punkt war auf Kincaid immer verlass.
Sie steckte die Karte in ihre Jackentasche und verabschiedete sich mit einem kurzen Winken.

So jetzt musste sie nur noch ihre Gilden Vorsitzende von ihrer Lüge überzeugen.

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Ashlyn schwang sich auf ihre schwarze Harley-Davidson, band sich ihre Haare zu und kickte den Ständer weg und schon raste sie los. Sie liebte das Gefühl, wie der Wind um ihre Ohren sauste, war süchtig nach dem Druck der sie umgab, wenn sie die Straßen entlang Bretterverschlag. Ashlyn fühlte sich frei, losgelöst von der Welt und all ihren Problemen. Dieses Gefühl konnte ihr keiner nehmen. Die Harley war ihr bestes Stück und mit ihr hatte sie schon so manchen Mist erlebt, doch das hatte sie nur weiter zusammen geschweißt.

Bevor Ashlyn zur Gilde fuhr, machte sie noch einen kleinen Abstecher bei ihrer Stammkneipe. Dort bekam sie immer den Austausch der neusten Schmuggelware mit, erfuhr wer mit wem im Zwist lag und nahm manchmal selbst Aufträge an. Ganz im privaten, wenn sie sich mal nebenbei etwas gönnen wollte, wie ein schärferes Jagdmesser. So war Ashlyn auch damals zu ihrem Street Bike gekommen.

Von den Einnahmen der Gilde konnte sie ganz gut leben, aber da hörte es auch schon auf. Denn wirklichen Luxus konnte sich Ashlyn damit nicht leisten. Außerdem brachten ihr solche Aufträge das Vertrauen der unteren Schichten ein und das war dringend nötig, weil sie die besten Informationsquellen darstellten und auch gleichzeitig die weit gefächertste Ware boten. So schlug sie zwei Fliegen mit einer Klappe.

Vor der Kneipe ließ sie ihre Harley neben dem Bordstein stehen und wies einen Mitarbeiter an, gut Acht auf ihr Baby zu geben, dann drückte sie ihm einen Fünfziger in die Hand und warnte ihn nochmal vor, bevor sie in die Kneipe eintrat. Sie begab sich direkt zur Bar und bestellte einen Gin Tonic, da sie dem Barkeeper noch nie begegnet war, nickte sie ihm nur kurz zu und fragte nach der Besitzerin.

"Die ist heut nicht da. Macht nen Check bei ihren neu eröffneten Kneipen. Gill, kommt erst in nen paar Tagen.", erklärte er ihr mit starkem Akzent.

Ashlyn konnte nicht zuordnen, woher der Neue kam, es interessierte sie aber auch nicht sonderlich, also beließ sie es dabei. Sie dankte ihm knapp und kippte ihren Tonic in einem Zug hinunter, der herbe Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus und hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Ashlyn ließ sich die Eiswürfel auf der Zunge vergehen, während sie noch einen letzen Blick durch den Schuppen schweifen ließ. Es waren die üblichen Stammgäste da und welche, die eine Rast zu machen schienen, also nichts was Ashlyn nützlich sein könnte, deshalb schwang sie sich vom Hocker und stolzierte raus, zurück zu ihrem Baby.

Sie war enttäuscht, denn sie hatte gehofft, dass heute wenigstens ein Auftrag für sie rausspringen würde, sie wollte sich eine neue Waffe kaufen und darauf sparte Ashlyn schon seit einiger Zeit. Hätte sie heute ihren Nebenverdienst eingenommen, wäre es gut möglich gewesen, dass sie den Betrag endlich erreicht hätte. Als Ashlyn an der Harley ankam entdeckte sie einen feinen Briefumschlag an ihrem Spiegel hängen.

"Was ist das?", fragte sie den Mitarbeiter und zog den Brief vorsichtig über ihren Seitenspiegel.

Er zuckte mit den Schultern und sah weg.

"Keine Ahnung, wer das war.Ein großer Mann, war ganz in schwarz gekleidet, ich konnte noch nicht einmal sein Gesicht erkennen. Ich sollte nur darauf achten, dass der bei ihnen ankommt.", gab er zurück.

Ashlyn war einer Seits wütend, dass der Typ einen Fremden an ihren Schatz gelassen hatte, anderer Seits war sie auch neugierig auf den Inhalt des Briefes. Sie riss den Umschlag am oberen Ende auf und zog eine gefaltete Seite raus. Auf der ganzen Seite stand nur ein fein schraffierter Satz ohne einen Absender, doch sie wusste genau von wem er stammte, sie roch seinen Duft.

Feier schön meine liebe Ash, aber sei dir im Klaren, dass jeder Mann, der dich berührt qualvoll sterben wird.

Ashlyn lachte über so viel Überheblichkeit. Kincaid dachte doch nicht wirklich, dass er ihr was zu sagen hatte oder dass sie gar ihm gehörte? Sie blickte sich um, suchte die Gegend nach ihm ab, aber er war wie es schien schon längst verschwunden. Sie stopfte den Brief in ihren Hosentasche, statt ihn wegzuwerfen und stieg wieder auf ihre Harley auf. Morgen würde ein sehr langer Tag werfen. Mit diesem Gedanken fuhr Ashlyn los.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 04, 2016 ⏰

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