Kapitel 1

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Ich war nun in einer völlig fremden Umgebung. Ich bin also wirklich in 'ner Schicki-Micki-Gegend gelandet...

Für ein paar Sekunden stand ich einfach nur da und bewunderte die Häuser um mich herum - oder sollte ich eher sagen die Villen. Sie waren riesengroß, wirkten fast schon pompös. Das eine war dem anderen gleich, sie alle hatten eine weiße Fassade, waren in viereckiger Form und wurden durch viele große Fenster geschmückt. Es schien als hätte niemand das Bedürfnis Individualität und Anmut in die Gegend zu bringen, wahrscheinlich fehlte den Bewohnern es selbst. Aber naja, wer bin ich, um mich zu beschweren?
Einerseits freute ich mich mal so einen Luxus erleben zu dürfen, andererseits fühlte ich mich etwas fehl am Platz hier.

Meine Familie kam nämlich aus der untersten Bevölkerungsschicht und konnte sich dementsprechend nicht viel leisten, unsere Existenzminimum war immer abgedeckt, aber für Luxus war fast nie etwas übrig. Aus diesem Grund wollte ich mich schon seit meiner frühen Jugend unabhängig machen, damit ich mein eigenes Geld verdienen kann und meiner Familie keine finanzielle Last mehr bin. Jetzt war ich alt genug für einen eigenen Job und bin dann auch sofort von meinen Eltern weggezogen. Uns trennte jetzt eine große Distanz von einander, aber meine Eltern interessierte das nicht wirklich. Deswegen war ich umso glücklicher, als ich angenommen wurde.

Ich werde ab heute als Kindermädchen arbeiten. Dies war wahrlich nicht mein Traumberuf, aber die Vergütung war ganz gut und ich bekam einen Schlafplatz und Essen umsonst, also ordnete ich mich willig dem kapitalistischen System unter. Mit Kindern konnte ich sowieso einen guten Umgang pflegen aufgrund meiner vielen kleineren Geschwister. Ich musste dennoch weiter zur Schule gehen, um meinen Schulabschluss zu erweitern, aber da ich eine gute Schülerin war, schaffte ich das mit einem Ei. Immerhin wollte ich nicht bis an mein Lebensende anhängig von irgendeiner reichen Familie sein und vorzugsweise eigenständig ohne Autorität arbeiten.

Die Familie hat ein 4-jähriges Kind, um welches ich mich ab und zu kümmern soll, da die Eltern wohl solche Businessleute sind, die öfter verreisen müssen. Außerdem sollte ich auch im Haushalt etwas mithelfen.

Nunja, nachdem ich mir die Häuser etwas angeschaut habe, setzte ich mich endlich in Bewegung.
Zum Glück hatte ich Google Maps bereits geöffnet, damit ich mich hier nicht komplett verlief, da mein Orientierungssinn nicht gerade der beste war.

Andauernd musste ich mir über 's Gesicht wischen, da der Regen meine Sicht sonst beeinträchtigte. Eigentlich mochte ich ja Regen, aber wenn das einen fortwährend in die Visage tröpfelt, ist es ziemlich unangenehm.

Nach wenigen Minuten war ich auch schon angekommen. Ich stand vor der Riesenvilla, die sich von dem Rest nicht besonders unterschied, und atmete einmal tief ein und aus, bevor ich die Klingel mit zittrigen Händen betätigte.

Ich stand eine Weile noch im Regen, währenddessen mir immer kälter wurde und ich meine Jacke schon zusammen zog, als endlich eine hübsche Frau mittleren Alters die Tür öffnete.

,,Guten Tag, Frau Lee.", begrüßte ich sie mit einem aufgesetzten Lächeln.
,,Oh, du musst (Y/N) sein! Komm bloß schnell rein, du bist ja total nass!", forderte sie mich auf.

Ich trat ein, zog meine Schuhe aus und schaute mir beeindruckt die Inneneinrichtung an. Es war alles sehr modern und sehr hell und stiril eingerichtet und natürlich mit viel Schnick-Schnack, den wahrscheinlich kein Mensch brauchte. Mir fiel auch die Panoramafenster auf, die einen behaglichen Blick auf den riesigen Pool im Garten bot.

Und dann kam auch schon Herr Lee um die Ecke.
,,Guten Tag.", lächelte ich freundlich.
,,Hallo! Wir haben dich schon erwartet! Komm, wir führen dich etwas rum.", meinte er und die beiden fingen an, mir das ganze Haus zu zeigen.

Währenddessen fielen mir immer wieder die ganzen Bilder an den Wänden auf, die die Familie zeigten. Eigentlich ja nichts Besonderes, nur dass dort neben dem Kleinen - sein Name war übrigens Minhyun - immer noch ein anderer Junge drauf abgebildet war.

Ich blieb vor dem einem Bild stehen und schaute es mir etwas genauer an. Der Junge müsste in meinem Alter sein. Welch ein edles Anlitz! Weiße Haut, die Nase Apollons und Augen wie Obsidiane waren die seine. Sein Blick hatte etwas mysteriöses, fast unheimliches, an sich, was die Neugier in mir nur noch mehr anregte. Aber dann fiel mir ein, was das für eine Familie war. Er war sicherlich arrogant und verzogen, da er immer alles im Arsch gesteckt bekommen hatte von seinen Eltern.

Gerade als ich weiter rätseln wollte, hörte ich Frau Lees Stimme neben mir:,,Das ist ein schönes Bild, nicht wahr?"
Ich nickte nur und fragte:,,Wer ist das?", und zeigte dabei auf den Jungen.
,,Ach ja, das ist unser ältester Sohn Minho, den wirst du später auch noch kennenlernen. Ihr geht auch auf die selbe Schule!"
,,Ah, okay.", meinte ich nur. Mal sehen, wie seine Persönlichkeit tatsächlich ist, vielleicht bin ich einfach irregeleitet von Vorurteilen.

Die Eltern führten mich noch zu Minhyun, der gerade am Spielen war. Sein Kinderzimmer war größer als meine alte Wohnung. Ich staunte nicht schlecht, als ich die Menge an Spielzeugen sah.
Aufeinmal rief Herr Lee panisch:,,Oh Schatz, wir kommen noch zu spät zu unserem Meeting.", während er auf seine Armbanduhr zeigte.
,,Stimmt, (Y/N), kümmerst du dich um Minhyun? Wir kommen später wieder. Fühl dich wie zu Hause!", rief sie gehetzt, wobei sie schon halb aus der Tür raus waren.

Ich sah zu dem Kleinen und seufzte. Das kann noch was werden...
Ich spielte dann so 3 Stunden mit ihm und machte uns danach was zu essen, wonach er dann schlafen ging.
Es war jetzt schon fast 19 Uhr und ich ging erstmal auf mein Zimmer, was mir vorhin gezeigt wurde und schmiss mich dann erstmal auf das gigantische Bett. Ich atmete einmal tief ein und aus, wobei sich alle meine Muskeln etwas entspannten. Meine Glieder und mein Gemüt waren ziemlich ermüdet. Zum Glück ist er kein allzu anstrengendes Kind, sonst wär ich durchgedreht.

Nach ein paar Minuten stand ich wieder auf und ging ins Bad. Wir hatten hier zwei Bäder; eins im Erdgeschoss und eins im ersten Stock. Ich benutzte das im ersten Stock, da es direkt gegenüber meines Zimmers war.
Als ich mich dort im Spiegel betrachtete, bekam ich erstmal einen Schock. Meine Haare waren zerzaust, mein Make-Up verschmiert und sah als ob der Tod mich bald heimsuchte. Daraufhin beschloss ich, erstmal zu duschen, mir die Zähne zu putzen usw.

Als ich damit fertig war, wollte ich eigentlich wieder zurück in mein Zimmer gehen, doch da bemerkte ich zu meiner Linken einen weiteren Raum, den mir Frau und Herr Lee gar nicht gezeigt hatten. Ich ging näher heran und bemerkte dann ein gelbes Schild mit der Schrift "Betreten verboten". Das machte mich nur noch gespannter, woraufhin ich langsam die Türklinke runterdrückte und eintrat. Ich betätigte den Lichtschalter und sah ein großes in dunklen Farben eingerichtetes Zimmer. Ist das Minhos Zimmer? Oh Gott, ich geh dann mal lieber wieder...

Ich wollte mich gerade wieder verziehen, doch da hörte ich auf einmal ein Miauen. Ich drehte mich wieder um und erblickte drei süße Katzen. Eine getigerte, die schon auf mich zu gelaufen kam und zwei weiß-orangene Katzen. Mein Herz erweichte in einer Sekunde. Ich bückte mich, um das Fellknäuel zu streicheln und sagte:,,Aww, wer bist du denn?"

Für einige Zeit krauelte ich das Haarkleid dieser niedlichen Geschöpfe, als plötzlich jemand hinter mir rief:,,Ey, was machst du in meinem Zimmer?!"

Prejudices || Lee Know x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt