ZEHN - Eine neue Seite 2

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~Max' Sicht~

Mein Blick schwank vom Fenster in mein Zimmer.
Ich würde bestimmt mein Zimmer vermissen, dachte ich nach - Stille in meinem Kopf. Ich dachte an gar nichts. Ich starrte gegen meine Wand.
„Vermissen" hallte es nur gelegentlich in meinen Gedanken.
Ich sah Bilder meiner (nun verstorbenen) Eltern vor meinen Augen.
Bilder aus dem vorletzten Sommerurlaub. Eine der schönsten Erinnerungen, die ich besaß. Eine der schönsten mit meiner Familie. Wir lagen am Strand, meine Eltern lagen auf zwei Liegestühle und ich baute mit Marc eine Sandburg - Ja, mit Mark. Es war der Urlaub indem wir uns so gut wie nie verstanden. Einer der wenigen Momente, wo wir wirklich eine Familie waren. Eine, die zusammenhielt und sich liebte.

Wer wird mich jetzt lieben?

Ich sag Marc vor mir. Er drehte sich um und lächelte mich an. Wir standen am Anfang der Rutsch und Marc traute sich nicht alleine zu rutschen.
Er blutete aus den Augen und seiner Nase.
Marc wollte, dass ich mit ihm zusammen rutschte.
Sein rechtes Bein war einfach abgeknickt- einfach ABGEKNICKT!
Ich wollte eigentlich, da es eine typische 'Baby-Rutsche' war, aber er lachte mich erwartungsvoll an.
Hautfetzen seiner Wange lagen neben dem Gesicht verteilt.
Es waren ebenfalls Erinnerungen aus demselben Urlaub. Aber.. Aber gemischt mit meinem ersten Blick aus dem Horror-Fenster.
Ich versuchte sie zu verdrängen, doch es schien unmöglich.

Ein oder zwei Tränen kämpften sich den Weg über meine Wangen zum Boden frei.

Ich merkte, wie ich mich keinen Zentimeter bewegt hatte. Ich starrte immer noch gegen meine Zimmerwand. Ich stand langsam auf.
Mein Kopf wollte, dass ich nochmal zu Marc's Zimmer gehen, aber ich stand immer noch am selben Fleck. Wie kann ich mir das nur antun? - Aber ich wollte.. Ich wollte ihn noch ein letztes Mal sehen. Wenigstens ihn, meine Eltern werde ich wohl nie wiedersehen können.

Tiefe Trauer überkam mich. Ich fühlte mich so einsam, wie noch nie. Ich stand mitten in meinem Zimmer. Schaute mich um, sah meine Lieblings CD's auf die ich keine Lust mehr hatte. Boah, wie konnte ich früher nur so einen Dreck als 'schön' empfunden haben , ging es mir durch den Kopf. Ich sah (mal wieder) gegen meine Wand. Dieses hässliche Rot, dass für Liebe stehen sollte?! Wie naiv, war ich bitte. Niemand wird mich Lieben- NIEMAND. Niemand hatte mich geliebt... außer meiner Fami...
Ich fing heftig an zu schluchzen....
Meine Tränen veranstalteten ein Wettrennen. Eine jagte die andere. Mein Leben war für'n Arsch -
'HALLO GOTT?! HAST DU ES GEHÖRT JETZT IST MEIN LEBEN FÜRN ARSCH!!' schrie ich meine Wut hinaus, oder Trauer- wahrscheinlich beides.
Ich sah nach oben zu meiner Decke.. ,zu dem Blau was für 'Freiheit' stand hinauf.

Dabei fühlte ich mich überhaupt nicht frei. Die Wände schienen mich regelrecht zu erdrücken, und die Freiheit über mich zusammenzubrechen.

Warum sollte ich noch weiterleben?
Sterben tut man doch sowieso. Das musste ich jetzt zu genüge erfahren.

Obwohl ich dieses Haus eigentlich am liebsten sofort vergessen würde, ging ich trotzdem zu Marc's Zimmer. Warum sind wir nur hierher gezogen?, geisterte es auf den Weg dorthin durch meinen Kopf. Hier habe ich die Nachricht überbracht bekommen, dass meine Eltern gestorben sind. Aus diesem Haus hat sich mein Bruder in den Tod gestürzt...
Ich stand vor der Tür des Zimmers meines verstorbenen Bruders.
Mein Blick wurde starr... Ich spürte diese Leere in mir...
Ich traute mich nicht die Tür zu öffnen. Ich versuchte mich zusammenzureißen. Doch meine Hand zitterte mit jedem Zentimeter, dem sie sich der Tür näherte immer heftiger.
Werde ich es überhaupt verkraften? Ihn nochmal SO zugerichtet am Boden aufgeklatscht liegen zu sehen?
Ich drückte schließlich doch behutsam die Klinke runter und setzte meinen Gang langsam zum Fenster fort.
Ich traute nicht aus dem Fenster runter zu schauen. Meine Knie zitterten. Es war wie, als wenn man vom 10ner Springen soll. Aber eigentlich wäre mir der 10ner doch lieber gewesen, sehr viel lieber.
Ich beugte mich zitternd nach vorne, stütze mich mit meinen Händen ab, um nicht auch noch hieraus zu fallen.
Ich sah ein Bild des Schreckens, noch viel schlimmer und intensiver als das letzte Mal. Mir war bewusst, dass das, das letzte Mal sein würde, mein Bruder zu sehen. Eine innere Kälte durchzog, von Herzen aus meinen Körper. Ich fühlte nichts mehr. Ich glaube man hätte in diesem Moment auch ein Messer in mich hinein stecken können und ich hätte nichts gefühlt - Vielleicht wäre es sogar gar nicht mal schlecht, wenn dieser Fall eintreten würde.

Eine neue Seite [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt