"Allister!", rief Mina den Polizisten beim Nachnamen. Er drehte sich irritiert um und musterte sie eindringlich. "Kenne ich sie?", fragte der Mann und ging einige Schritte auf sie zu. "Nein, noch nicht", keuchte MJ außer Atem, die letzten Meter war sie gesprintet wie noch nie, "Aber ich und meine Freunde brauchen ihre Hilfe." "Darf ich zu aller erst erfahren, woher sie denn meinen Namen wissen?", erkundigte er sich. MJ zögerte, irgendwann würde er sowieso erfahren von wem sie die Nichte war. Nein, entschied sie sich letztendlich dagegen, nicht heute. 


"Man hört vieles von ihnen, sie sind eine Berühmtheit in der Stadt", sie sagte die Wahrheit, immerhin war alles neue spannend. Er nickte bedacht. "Okey, es tut mir sehr leid,...", er schaute sie fragend an. "MJ", sagte sie ohne zu zögern. "Es tut mir leid MJ, aber ich bin gerade sehr beschäftigt und" "Es geht um Mord", unterbrach sie ihn. "Mord?", skeptisch beobachtete er sie, aber in seinem Blick lag nun gewisse Ernsthaftigkeit. "Gestern Abend, sie haben einen Mann erschossen", begann sie zu erklären, "Wir haben es gesehen" Es lag kein Fünkchen Misstrauen mehr in seinem Blick, sie hatte seine Aufmerksamkeit ergattert. 

 "Wo? Und wer ist wir? Wen haben sie erschossen", prasselten die Fragen auf sie ein und nur auf eine hatte sie eine sichere Antwort. "Ach warte", seufzte er und fuhr mit einer Hand über sein Gesicht, "Ich hätte sowieso gleich Mittagspause. Willst du sich nicht irgendwo hinsetzten?" Das Angebot klang verlockend, aber in ihren Taschen befand sich kein Penny. 

"Ich würde ja gerne", fing sie an und spielte mit einer Hand an den Spitzen ihrer Haare, "Ich hab gerade kein Geld bei mir, aber wenn sie wollen, können wir uns einfach an einen Tisch setzen und sie essen." Nur bei diesem Gedanken wurde ihr schwindelig, jemandem beim Essen zu sehen, ohne selbst etwas im Magen zu haben. Doch sie musste da durch, gezwungen legte sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Der Polizist seufzte. "Hier um die Ecke ist eine McDonalds-Filiale, dort können wir hin."

"Was willst du?", fragte Nils und schaute auf das Mädchen hinunter. "Nichts", erwiderte sie. Mit etwas Glück würde das Gespräch nicht so lange dauern, und sie konnte dann irgendwo etwas essen. Die beiden standen vor dem Bestellautomaten, und der junge Polizist tippte etwas ein, ehe er mit einer Karte bezahlte. Er nickte in Richtung eines freien Tisches und deutete ihr an, sich zu setzen.

"Wir klären jetzt erstmal die Fragen, das Essen bringen sie uns gleich", erklärte er ihr. Schweigend nickte sie. Ihre Freunde waren ihnen heimlich gefolgt und saßen nun draußen auf dem Parkplatz. "Wann war der Mord?" Allister zückte einen Notizblock und einen Stift, während er sprach. "Gestern Abend, bestimmt nach Mitternacht", antwortete sie knapp. "Wer war dabei?" war seine nächste Frage. Unwohl kratzte sie sich am Hals. Auch wenn er neu war, von den Mindern hatte er gewiss bereits gehört. Vielleicht kannte er sogar ihre Namen. "Können wir nicht zu einer anderen Frage übergehen?" wich sie ungeschickt der Antwort aus und erntete einen merkwürdigen Blick. 

"Nun gut", seufzte er, "Wo ist es passiert?" "Forbidden Lake, da war eine Hütte. Aber wir waren weiter von ihr entfernt, dort haben wir geparkt und Lichter gesehen. Dann sind wir auf die Lichter zugegangen und ..." "Ich will einen Ort, nicht die ganze Geschichte", murrte er. Sie konnte das leise Knurren seines Magens vernehmen und konnte ihn definitiv verstehen. "Könntest du mich zu der Stelle bringen?" wollte er wissen. Sie zuckte mit den Schultern. Woher sollte sie es wissen? "Und wer war das Mordopfer?" Eine Kellnerin kam mit einem Tablett, legte es vor ihnen ab und lächelte Allister an.

 Überraschenderweise hielt er ihr einen Burger hin. "Ich wollte doch nichts", murmelte sie, aber das Wasser lief ihr im Mund zusammen. "Nimm und iss einfach", erwiderte er und biss herzhaft in seinen Burger. "Ich bin Veganerin", sagte sie. Er verharrte in seiner Position, kaute, schluckte und wollte etwas sagen, da lachte sie laut auf. "Nein, entschuldigen Sie. Bin ich nicht." Ihr hungriges Gehirn ließ sie dumme Sachen machen, was eher schlecht war in ihrer Position. Er musste ihr ja glauben! 

"Ich glaube, es war ein Mann, wir konnten ihn nicht sehen", beantwortete sie nun endlich seine Frage. "Und die Täter?" "Mindestens eine Frau, die anderen zwei Personen konnten wir nicht sehen." Sie genoss das Gefühl, Essen im Mund zu haben. Fast-Food war schon etwas Schönes, und dabei war es ihr egal, wie ungesund es sein sollte. Mit einer Serviette tupfte er seine Mundwinkel ab, unglaublich wie schnell der Burger in seinem Magen verschwunden war. "Also hast du keine Täterbeschreibung, keine Leiche und keinen richtigen Ort. Dann sag mir wenigstens, was an diesem Abend passiert ist", sagte er und sah sie dabei beinahe flehentlich an. 

"Wir wollten zu der Hütte und haben dort gehalten. Wir hatten ein Auto. Dann haben wir Lichter hin und sind hingegangen. Dort war dieser Mann, er lehnte an einem Baum und in seiner Hand hielt er eine Waffe. Er hat sie einem der anderen gereicht, die haben dann geschossen", fasste sie sich so kurz es eben ging. 


"Und haben Sie euch gesehen", erkundigte Allister sich. Am liebsten würde sie mit Nein Antworten, denn dann wäre keiner in Gefahr, doch stattdessen musste sie schwer schlucken. "Sie haben uns gesehen und verfolgt, sie haben die Hütte in Sperrholz zerschossen. Wir konnten gerade noch so fliehen."
"Wer verdammt nochmal ist wir?", knurrte der Polizist. MJ wusste, dass sie nicht drumherum kommen würde. Sie musste es sagen.


"Ich, Lily Jefferson, Tè, Pou und JJ", flüsterte sie. An dem Gesichtsausdruck lag sie ab, dass er sie kannte, gut kannte. Mit seinen Händen bildete er Fäuste und bohrte dabei kurze Fingernägel in seine Haut.
"Ist das etwa wieder ein Witz?", fragte er und presste die Worte zwischen seinen Zähnen hindurch.
Was hatten sie ihm getan, fragte sie sich selbst. 


"Nein!", erwiderte sie, "Ich hab es gesehen, sie haben nach mir geschossen. Ich bin verletzt und habe überall blaue Flecken, sehen sie es denn nicht?"
Er schüttelte seinen Kopf "Die schlagen sich doch mit jedem und überall. Ich kenne dich zwar nicht, aber scheinbar gehörst du zu ihnen", diese Worte trafen sie hart. Ja... Wahrscheinlich gehörte sie nun zu ihnen, obwohl sie nicht danach verlangte, sie wollte es ja gar nicht. Dann dachte sie an das gemeinsame Frühstück, es war nett mit ihnen gewesen. 


"Glauben Sie mir Kommissar Allister, ich lüge sie doch nicht an!", versuchte sie es erneut, denn er war ihre einzige Chance. Wenn er die Mörder nicht fasste, würden diese gewiss sie und die anderen fassen.

Wrong (ONC 2023)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt