Natürlich verbreitete sich die Nachricht über meine Prügelei mit Narbenauge und ihrer Clique schnell in der ganzen Schule.
Als ich am nächsten Morgen durch die Schule zum Klassenzimmer für Kunst ging, schauten vorbeigehende Schüler immer wieder zu mir herüber. Manche mit Respekt, andere mit Mitleid und manche einfach nur neugierig.
In dem Klassenraum, der mit Verschiedensten Bilder verziert war, tuschelten sämtliche Schüler miteinander. Ich setzte mich neben Stachel und wurde sofort von ihm ausgefragt. Ich erzählte ihm die ganze Geschichte, die wohl schlussendlich nicht so spektakulär war, wie die Gerüchte über die Prügelei.
Narbenauge und ihr Pseudo-Rudel versuchten immernoch mit blicken, meine Zweitgestalt in eine Mücke zu verändern. Allerdings mussten sie vorsichtig sein, denn Das Schuljahr ging noch bis zum nächsten Sommer.
Kampf und Überleben währe sicher spannend gewesen, aber ich musste am Hallenrand sitzen und beobachten, wie Frau Nachtflügel verschiedene Selbstverteidigungsübungen vorführte und der braunhaarige Mann (der sich als Herr Kraack vorstellte) die Schüler danach in Kampfgruppen aufteilte und sie in Tiergestalt gegeneinander kämpften.Ich freute mich schon auf Freitag. Dann durfte ich, mit kleinen Einschränkungen, auch teilnehmen.
Abgesehen davon, dass der Eseljunge Samuel sich in Pflanzenkunde bei Herr Grünwald an einer Brennnessel verletzte, vergingen der Dienstag und der Mittwoch relativ Ereignislos.
Am späten Donnerstagnachmittag, als es schon anfing zu dämmern, passierte dann tatsächlich etwas spannendes.
Ich war gerade auf dem Weg zur Eingangshalle, als ich von dort ein Stimmengewirr hörte. Ich schloß die Tür des Seitenganges, aus dem ich gekommen war und blickte mich in der Halle um.
Überall standen Schüler herum. Ich quetschte mich zwischen einigen durch, bis ich Adrian erblickte. Ich ging zu ihm herüber und flüsterte: „Was ist denn hier los?“ Adrian deutete in die Mitte der Halle. Als ich dorthin sah, entdeckte ich das, auf was alle blickten.
Frau Rotkorn geleitete zwei in Decken gehüllte Mädchen in Richtung Treppen. Die eine erkannte ich: Es war eine Bussardwandlerin aus dem dritten Jahrgang. Das Mädchen neben ihr hatte weißblonde Haare und ihren Mund schienen Jede Sekunde mindestens zwanzig Wörter zu verlassen. Sie redete schneller, als man überhaupt hätte zuhören können. Ich tippte in Gedanken auf eine Möwe in zweiter Gestalt.
Beide sahen aus, als hätten sie gerade in einem Teich gebadet. „Sind' in den Nord-Ostsee-Kanal gefallen.“ Erzählte das Bussardmädchen gerade einem ihrer Mitschüler. „Wird sie eine neue Schülerin?“ Fragte ein anderer Frau Rotkorn.„Das wird sich zeigen. Ivanna hat sie zufällig bei einer besonderen Lernexpedition im Überflug der Nordsee entdeckt. Sie wurde von zwei Geiern angegriffen. Das seltsame daran war aber nicht, dass es in Deutschland überhaupt keine Geier gibt, sondern dass beide Wandler waren. Sie darf so lange bleiben, bis sie gehen möchte.“ Antwortete diese. „Was sind Geier?“ Fragte ich Adrian.
Er teilverwandelte seine linke Rückenhälfte zu einem schwarz gepunkteten Flügel und schickte mir das Bild eines großen, Kahlköpfigen, braungefiederten Vogels, gemischt mit einem Gefühl puren Unbehagens in den Kopf. Beim Gedanken, von zwei dieser Viecher verfolgt zu werden, sträubten sich meine Nackenhaare.
In der folgenden Woche blieb das Mädchen, das sich der Klasse als Myra vorstellte, weiterhin in der Schule. Meine Eltern riefen mich an, erkundigten sich, ob ich gut angekommen war und ich versprach, dass ich mich jede Woche mindestens einmal melden würde. Am Freitag durfte ich dann zum ersten mal am Kampfunterricht teilnehmen. Frau Nachtflügel brachte uns eine Verteidigungstaktik bei.Danach wurden wir in Paare aufgeteilt. Ich sollte gegen den Igelwandler Jakob kämpfen. Ich sah zu, wie die anderen sich jeweils eins gegen eins duellierten. Wir anderen mussten warten, bis Matten frei wurden. Schließlich war ich dran. Ich verwandelte mich und glitt als Schlange auf die Matte in Mitte.
Der Kampf ging relativ schnell, und endete damit, dass ich einen Stachel im Bauch hatte, und Jakob auf dem Rücken lag.
Am Samstagmorgen, während die Schüler, die ihr Wochenende zuhause verbringen würden, (ich nicht, weil meine Eltern bei Freunden in Österreich waren) in die Autos ihrer Eltern oder den Kleinbus der Schule einstiegen, machte der Schulleiter eine Ankündigung. „Wie ich bereits letzten Samstag sagte, werden heute zwei neue Schülerinnen eintreffen. Bitte seid nett zu ihnen, eine der beiden ist sehbehindert!“ Tönte Herr Grünwalds Stimme durch die Halle. Sämtliche Schüler nickten. „Und jetzt einen guten Appetit!“ Rief er, jetzt mehr fröhlich als ernst.
Ich tat wie gebeten und machte mich über Die kleinen „Pancakes“ genannten Pfannkuchen her. Am Mittag schaute ich gerade mit ein paar anderen aus meiner Klasse auf dem Fernseher im Aufenthaltsraum eine Serie, als wir ein Auto auf den Parkplatz neben dem Schulgebäude einbiegen hörten.Ich war einer der ersten, die Aufsprangen und sich auf den Weg nach unten machten. Es kamen öfters Autos an, doch es waren ziemlich sicher die neuen Schüler, von denen Herr Grünwald geredet hatte.
Dort war die Eingangstür geöffnet. Herr Grünwald und Frau Rotkorn blickten wartend in Richtung draußen. Von dort kam gerade ein großer, muskulöser Mann mit einem Koffer und einer Reisetasche in jeder Hand. Hinter ihm ging, mit unsicheren Schritten, ein braunhaariges Mädchen. In einen Gurt gespannt, marschierte neben ihr ein Hund mit hoch aufgestellten Ohren. Das war also die neue Schülerin. Wo aber war die zweite? Wobei...
Netten Laden habt ihr hier. Hörte ich eine fröhliche Stimme in meinem Kopf. Es war also der Hund. „Ja, schon schön.“ Sagte das Mädchen, obwohl es Ein Band auf den Augen trug und zu Boden sah. Die neue, Myra sprach meine Frage aus: „Kannst du Sachen … sehen, obwohl du sie nicht siehst?“ Fragte sie. „Nein, Das macht Lia für sie.“ Sagte ein Mann mit gekämmten, angrauenden Haaren und Anzug, der gerade hinzugekommen war.„Ich habe eine Krankheit, durch die ich langsam erblindet bin. Als klar wurde, dass man mich nicht heilen konnte, haben wir einen Blindenhund beantragen wollen. Bevor wir dass aber machen konnten, ist uns einer zugelaufen. Und dann war es auch noch eine Wandlerin wie wir.“ Erzählte nun das Mädchen. Ich schicke ihr Bilder und Gedankenströme.
Sagte das Lia stolz, befreite sich aus dem Gurt und lief zwischen uns hindurch, in die Eingangshalle. „Ich bin übrigens Victoria.“ Stellte sich das blinde Mädchen vor.
Während Herr Grünwald noch etwas mit Victorias Eltern besprach, führten wir sie und Lia herum.Wir erfuhren, dass sie in zweiter Gestalt ein Waschbär war, und sich nur sehr selten verwandelte. Lia hingegen war öfters in Menschengestalt bei ihnen zu Hause unterwegs, weswegen sie schon öfters Besuchern hatten erklären müssen, woher dieses Mädchen plötzlich gekommen war.
Lia erzählte über ihre Zeit als Streunerin und wie sie zu Victorias Familie gekommen war. Zum Abendessen gab es, wie immer, Buffet. Als ich später in meinem Bett lag, dachte ich an den Tag vor zwei Wochen zurück, als ich von dieser Schule erfahren hatte. Ich hätte damals nicht gedacht, dass es so viele verschiedene Wandler gab. Und auch nicht, dass ich mich mit einigen von ihnen anfreunden würde.
Ich gebe offen zu, dass dieses Kapitel nicht das beste ist, aber ich hoffe, es gefällt euch trotzdem.

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In den Tiefen des Waldes-Woodwalkers Fanfiction
Fantasy!PAUSIERT FÜR UNGEWISSEN ZEITRAUM! Das Leben des Kreuzotter-Wandlers Jannis wird ziemlich auf den Kopf gestellt, als er eines Tages plötzlich eine Einladung einer Schule für seinesgleichen erhält und er seine Eltern und seinen Bruder verlassen muss...