Diese Nacht habe ich kaum geschlafen, meine Gedanken kreisten um Alice. Trotz des frühen Morgens dringt Vogelgezwitscher durch das Fenster meines Schlafzimmers. Ein Blick nach draußen verrät mir, dass der Wind nachgelassen hat.
Gähnend mache ich mich auf den Weg in die Küche. Gestern Abend habe ich noch Einiges auspacken können, unter anderem meine Kaffeemaschine. Bei ihrem Anblick bessert sich meine Laune augenblicklich.
Um meine Stimmung weiter aufzuhellen, lasse ich meine Lieblingsplaylist im Hintergrund laufen. Summend greife ich in den Schrank über mir und hole die große Packung Kaffeebohnen heraus.
Tanzend laufe ich zum Kühlschrank um nach der Milch zu greifen.Doch alle Regale sind leer. Verdammt, die Lebensmittel sind noch bei Alice im Kühlschrank. Ich muss gestern vergessen haben diese wieder mitzunehmen.
Ein Blick auf mein Handy zeigt mir, dass wir noch nicht mal acht Uhr haben. Es ist eindeutig noch zu früh, um an einem Samstag bei meiner Nachbarin zu klingeln.
Dann gibt es wohl erstmal keinen Kaffee für mich. Stattdessen fülle ich mir ein Glas Wasser auf und brate zwei Scheiben Toast in der Pfanne an. Einen Toaster besitze ich noch nicht.
Auf meiner Fensterbank nehme ich wieder Platz und verspeise die zwei Toast mit Himbeermarmelade.
Heute sollte ich unbedingt anfangen meine Möbel aufzubauen, damit ich morgen nicht auch noch auf der Fensterbank frühstücken muss.Entschlossen mache ich mich im Bad für den Tag frisch und ziehe mein altes
T-Shirt an, welches voll mit Farbflecken ist. Also ein perfektes Oberteil für handwerkliche Tätigkeiten.Nachdem ich meine Haare wieder zusammengebunden habe, packe ich tanzend weitere Kartons aus. Hauptsächlich befinden sich Kunstutensilien, Kleidung und Kosmetikprodukte dadrin. Zwischendurch finde ich allerdings auch das ein, oder andere Buch, sowie einzelnes Geschirr eingewickelt in Handtücher.
Nach mehreren Kartons bin ich wach genug, um mich an die ersten Möbelstücke zu wagen, die Stühle. Ich hole meinen Schraubenzieher heraus. Anfangs scheint alles gut zu laufen, bis ich auf Nägel stoße, deren Form nicht zu meinem Schraubenzieher passt. Verdammt.
Davon lasse ich mich jedoch nicht aufhalten und beginne mit einem Sideboard für mein Wohnzimmer. Danach stoße ich jedoch auf weitere Möbel, für die ich nicht das richtige Werkzeug besitze.
Meine Wohnung ist allmählich gefüllt mit unzähligen halbaufgebauten Möbelstücken.Langsam macht sich die harte Arbeit körperlich bemerkbar. Vom verkrampften Sitzen tuen mir der Rücken und meine Knie weh. Erschöpft greife ich zu meinem Wasserglas und nehme einen Schluck.
Plötzlich klingelt es. Bevor ich jedoch meine Tür öffne, wische ich den dünnen Schweißfilm, welcher auf meiner Stirn entstanden ist, mit meinem Handrücken weg.
Ich blicke in grün glänzende Augen. „Lieferservice."
Nervös streiche ich meine Kleidung glatt. „Alice, hi."
Sie streckt mir eine Tüte entgegen. „Der Rest deines Einkaufs."
Dankbar nehme ich die Produkte entgegen.Mir entgeht nicht, wie mich Alice kurz von oben bis unten mustert. „Du siehst schwer beschäftigt aus." Ehrliches Interesse schwingt in ihrer Stimme mit.
„Ehm ja. Ich baue gerade ein paar Möbel auf." Mit schnellem Herzklopfen fahre ich mir durch meine Haare. Oh man, ich kann spüren wie mein Dutt sich gelöst hat und die Frisur wieder einem Vogelnest gleichkommt.Alice Hände verschwinden lässig in ihren Hosentaschen. „Cool. Dann noch viel Spaß. Falls du Hilfe brauchst, weißt du, wo du mich finden kannst."
Einen kurzen Augenblick sagt niemand etwas. Alice schaut mir abwartend in die Augen und ist kurz davor wieder zu gehen.„Warte. Du hast nicht zufällig einen Sechskant-Schraubenzieher, oder?"
Ich meine für eine Sekunde zu erkennen, wie ein Lächeln über ihr Gesicht huscht.
„Bin gleich wieder da."Nichtsahnend, was Alice nun vorhat, stehe ich mit der Tüte in meinem Türrahmen.
Es dauert jedoch nicht lange, bis Alice mit einem großen Werkzeugkasten in der Hand zurückkommt.Ihr Lächeln kehrt zurück, als sie meinen fragenden Blick sieht. „Ich dachte, falls wir noch mehr brauchen, dann haben wir direkt alles parat."
Perplex bleibe ich in dem Türrahmen stehen. Hat sie gerade wirklich in Pluralform gesprochen, von uns?
Bevor ich jedoch verstehe, was sie damit meint, tritt Alice bereits in meine Wohnung.
Ein Hauch Vanille zieht an mir vorbei.
DU LIEST GERADE
Auf einmal roch die Pappe nach Vanille
Short StoryChloé zieht für ihr Kunststudium in eine neue Wohnung. Fokussiert versucht sie sich vor dem Semesterbeginn einzuleben. Bis dahin muss noch Einiges aufgebaut werden. Die Hilfe ihrer Nachbarin Alice kommt ihr dabei ganz gelegen. In den paar Tagen werd...