Ich blinzle und folge ihr umgehend.
Alice hat bereits in mein Wohnzimmer gefunden.
„Oooookay...für welches Teil genau brauchst du den Schraubenzieher?"Ich folge Alice verwirrtem Blick. Überall stehen Gebilde, die nur schwer als Möbel zu erkennen sind. Ich hätte vielleicht nicht ständig ein neues Projekt anfangen sollen.
Beschämt fahre ich mir durch die Haare. „Ich glaube es ist ein bisschen ausgeartet."
Alice Blick wandert weiter durch den Raum, bis unsere Augen sich schließlich treffen.
Sie nickt leicht. „Ja, das bringt es ganz gut auf den Punkt."Ohne eine Antwort auf ihre Frage abzuwarten, geht sie zu dem nächst besten Möbelstück.
Alice fängt an zu pfeifen, während sie hockend nach der Anleitung greift.„Du musst mir nicht helfen. Ich könnte dir dein Werkzeug heute Nachmittag einfach wieder vorbeibringen."
Sie dreht sich schockiert um. „Quatsch, ich hätte sowieso nichts Besseres zu tun."Ein schlechtes Gewissen macht sich in mir breit. Alice hilft mir nun zum dritten Mal aus der Klemme.
Mein Blick fällt auf die Tüte in meiner Hand. Mir kommt eine Idee. „Dann lass mich dich wenigstens in Form von Kaffee bezahlen."
Ein breites Grinsen macht sich auf ihrem Gesicht breit. „Da sag ich nicht nein."Erleichtert verschwinde ich in die Küche. Auch ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Aus irgendeinem Grund lässt ihre Anwesenheit mein Herz schneller schlagen. Gedankenverloren räume ich die restlichen Lebensmittel in den Kühlschrank und setze den Kaffee auf.
„Chloé! Könnte ich vielleicht ein paar Handtücher bekommen!"
Gott, ich liebe es, wie sie meinen Namen ausspricht.
Schnell greife ich nach den frisch einsortierten Tüchern und laufe zurück ins Wohnzimmer.„Ich wusste nicht, wie viele du brauchst." Entschuldigend reiche ich sie Alice, welche noch immer auf dem Boden sitzt.
„Perfekt, das reicht. Danke." Sie schenkt mir ein herzliches Lächeln, bevor sie sich wieder an die Arbeit macht.Ich beobachte, wie Alice die Handtücher unter das Möbelstück legt. Sie sagt es sei dazu da, damit das Holz nicht den Boden zerkratzt, doch ich höre gar nicht mehr genau zu.
Stattdessen folge ich jede Bewegung die Alice macht. Es sieht so elegant und präzise aus.Vertieft beginnt sie wieder die einzelnen Teile zusammenzuschrauben.
Eine schwarze Haarsträhne löst sich und rahmt ihr Gesicht perfekt ein. Die Sonne scheint auf ihr Seitenprofil. Ihre Augen beginnen zu funkeln. Verdammt ist Alice hübsch. Ich glaube ich habe noch nie jemanden getroffen, der so unglaublich gutaussehend ist.Bevor ich jedoch in ihrem Anblick versinken kann, ertönt meine Kaffeemaschine. Schließlich betrete ich wieder die Küche und fülle den Kaffee in zwei Tassen um. Die Milch nehme ich mit zurück ins Wohnzimmer.
Im Schneidersitz nehme ich neben Alice Platz. „Kaffeepause?" Ich halte ihr eine Tasse entgegen.
„Danke. Genau das Richtige." Unsere Finger berühren sich kurz. Es sendet ein wohlig warmes Kribbeln durch meinen Körper.
Unsere Blicke treffen sich, doch keiner sagt etwas.Nach der kurzen Stärkung nehmen wir unsere Arbeit wieder auf. Damit die ganze Sache jedoch mehr Spaß macht, schalte ich Musik an.
Trotz der körperlichen Betätigung, könnte ich nicht glücklicher sein.
Wer hätte gedacht das Möbel aufbauen so spaßig ist.Fast durchgehend unterhalten wir uns. Und wenn nicht, dann singen wir laut zu der Musik mit.
Ich genieße jede Minute mit ihr.Die Zeit vergeht wie im Flug. Draußen wird es bereits dunkel. Den gesamten Nachmittag haben wir damit verbracht meine Möbel aufzubauen.
Erschöpft nehmen wir auf den nun fertigen Stühlen Platz.
„Die sind ja voll gemütlich." Alice lehnt sich nach hinten und schließt die Augen.
„Ich glaube so lange, wie wir auf dem Boden gesessen haben, kommt uns jeder noch so harte Stuhl weich wie Zuckerwatte vor."Fragend öffnet sie wieder ihre Augen und fixiert den Blick auf mich. „Zum Glück sind die Stühle nicht aus Zuckerwatte."
Ich runzle meine Stirn. „Wieso? Das wäre doch voll cool, dann hätte man einfach immer einen Snack am Tisch."
Alice lehnt ihren Kopf wieder zurück. „Aber dann würde doch alles an einem festkleben. Abgesehen davon, würde der Stuhl sowieso nie halten."Da muss ich ihr Recht geben. „Okay, eins zu null, du hast gewonnen. Die Pizza geht auf mich."
Sofort springt Alice im Stuhl nach Vorne. „Wir bestellen Pizza?"
Ich muss grinsen. „Dachtest du etwa ich lasse dich nach der ganzen harten Arbeit hungrig zurück in deine Wohnung?"Ihre Vorfreude ist förmlich ins Gesicht geschrieben. „Ich könnte dich küssen vor Freude." Nachdem Alice realisiert, was sie gerade gesagt hat, verstummt sie.
Auch ich bleibe still. Mein Herz rast. Was wäre, wenn sie mich tatsächlich küssen würde?Schnell schlage ich mir diese Fantasien wieder aus dem Kopf. „Wein?"
„Gerne." Ein eher schüchternes Lächeln umspielt nun ihre Lippen._______
Die Stimmung ist weiterhin verhalten, bis die Pizza ankommt.
Die Konversation von vorhin ist schnell wieder vergessen.Weitere Stunden vergehen, in denen wir uns ausgiebig unterhalten. Die ein, oder andere Weinflasche begleitet uns dabei.
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Alice trinkt den letzten Schluck aus ihrem Glas. Gedankenverloren blickt sie aus dem Fenster.
„Woran denkst du?" Nun nehme auch ich einen wohltuenden Schluck von dem Wein.Ihre wunderschönen grünen Augen treffen meine. „Ich hatte lang nicht mehr so einen tollen Tag."
Mein Herz macht einen Satz. „Ich auch nicht."Für einen kurzen Augenblick sagen wir beide kein Wort. Wir schauen uns lediglich an. Ich weiß nicht wieso, aber es fühlt sich intim an. Alles um uns herum gerät in Vergessenheit.
„Ich sollte gehen, es ist schon spät." Es ist nicht mehr als ein Flüstern.
Blinzelnd löse ich mich von meiner Trance. „Ehm, klar. Kein Problem."Wir gehen gemeinsam zur Tür. „Ich komme morgen wieder." Eine kurze Pause entsteht. „Natürlich um die restlichen Möbel aufzubauen." Alice räuspert sich. „Selbe Uhrzeit?"
Ich nicke lediglich.Denn ich glaube nicht, dass ich auch nur einen vernünftigen Satz aus mir heraus gekommen hätte.
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Auf einmal roch die Pappe nach Vanille
Short StoryChloé zieht für ihr Kunststudium in eine neue Wohnung. Fokussiert versucht sie sich vor dem Semesterbeginn einzuleben. Bis dahin muss noch Einiges aufgebaut werden. Die Hilfe ihrer Nachbarin Alice kommt ihr dabei ganz gelegen. In den paar Tagen werd...