8. Zwei Schritte vor oder einen zurück?

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Seufzend legte Mary ihren Kopf wieder auf Toms Brust. ‚Was erwartet er jetzt für eine Antwort?', fragte sie sich selbst. Um nicht direkt zu antworten, ließ sie ihre Hand über seine Brust tiefer wandern und begann federleicht über seinen flachen Bauch zu streichen. Das Zucken seiner Muskeln und der tiefe Atemzug zeigte ihr, dass ihn ihre Berührung wieder nicht kalt ließ. Gleichzeitig mit seinem zitternden Atemzug griff er nach ihrer Hand und raunte: „Mary, nicht jetzt. Wir müssen darüber reden!"

Eigentlich hätte er es besser wissen müssen. Niemand drängte Mary in die Ecke ohne mit den Konsequenten zu leben. Diese reagierte, wie zu erwarten, und fuhr nun Tom an: „Nein! Wir MÜSSEN nicht reden. Ich WILL nicht reden und du sagst mir nicht, was ich zu tun oder zu lassen habe." Während sie ihm dies erklärte, schlug sie die Bettdecke zurück und endete damit, dass sie mit ihrem Arm in Richtung Tür zeigt. „Geh, Tom, bevor ich so laut werde, dass Mama und Papa mich hören können!". Sie konnte ihm dabei nicht in die Augen schauen, da sie tief in sich wusste, dass sie sich wieder mal total falsch benahm.

Über sich selbst den Kopf schüttelnd, stand Tom auf und zog seine Pyjamahose wieder an. Er betrachtete Mary mit einem traurigen Blick und sagte leise: „Mary, ich kenne dich zu gut, um dir jemals Befehle zu erteilen. Ich kenne aber auch deine Gefühle und weiß, wie du denkst. Schade, dass du mir nicht genug vertraust, um die Wahrheit in meinen Worten zu erkennen. Schlaf gut Mary, und träum etwas schönes!". Leise schloss er ihre Zimmertür und lehnte sich von außen daran. Er konnte hören wie sich Mary in ihrem Bett hin und her wälzte. Er wollte zu ihr gehen, aber noch eine Zurückweisung würde er heute Nacht nicht verkraften. Deshalb schlich er sich vorsichtig zurück in sein Zimmer. Schweren Gemüts legte er sich schlafen und verbrachte eine traumlose, aber auch unruhige Nacht.

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Am nächsten Morgen war Mary immer noch kratzbürstig. Sie ignorierte Tom beim Frühstück und informierte Lord Grantham darüber, dass sie zunächst ins Dorf gehen und dann kurz bei Granny zum Mittagessen vorbeischauen würde. Um vor Tom Ruhe zu haben, informierte sie ihren Vater noch: „Tom kümmert sich heute mit dem Verwalter um die Pferde und sie werden gemeinsam entscheiden, ob die neue Pferdewirtin eingestellt wird oder nicht." Überrascht schauten nun sowohl Tom, als auch ihr Vater zu ihr rüber. Eigentlich war geplant, dass Mary gemeinsam mit Tom darüber entschied und das wussten beide.

„In Ordnung. Ich werde mich darum kümmern.", gab Tom resigniert zur Antwort. Er ärgerte sich immer noch über sich selbst. Wie konnte er heute Nacht so unüberlegt handeln. Er wusste genau, dass Mary biss und kratzte, wenn sie sich in die Ecke gedrängt fühlte. Trotzdem war ihm das Gespräch wichtig gewesen.

Seine einzige Hoffnung für den heutigen Tag war, dass Violet, bei der er sich sicher war, dass sie etwas von ihnen beiden ahnte, Mary gehörig den Kopf wusch. Denn das konnte nur sie.

Mit dem Ende dieses Gedankenganges stellte er seine Tasse ab, stand auf und verabschiedete sich von den anderen.

Mary frühstückte noch in Ruhe fertig und verdrängte erfolgreich jegliche Gedanken über Tom und ihre letzte Nacht. Sie gab Anna Bescheid und kleidete sich mit ihrer Hilfe für den Besuch im Dorf ein.

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Um sich etwas von ihrem Beziehungsdrama, von dem sie weiterhin abstritt, dass eins existierte, abzulenken, stattete sie dem Hospital einen Besuch ab. Dort ging sie bei einigen der älteren Dorfbewohner vorbei und unterhielt sich ein wenig. Im Anschluss ging sie noch in die Post und gab einen Brief an Rose auf.

Schweren Herzens machte sie sich nun auf den Weg zu ihrer Großmutter. Sie wollte mit ihr über die Pferdezucht reden und tief in ihrem inneren suchte sie nach einer Möglichkeit, wie sie einen Rat von ihr bekam. Offen über Tom konnte sie jedoch auf keinen Fall sprechen. ‚Er ist mein Schwager! Sybil würde mich anschreien, fragen, ob Tom mein nächstes „Opfer" ist und was weiß ich was noch...!' dachte Mary auf dem Weg zu Violets Haus. Zum Glück gab es jedoch noch die zweite Stimme, die ihr in Gedanken sagte: ‚Sybil würde wollen, dass Tom glücklich ist. Sie würde vielleicht schimpfen, dass ich zu feige bin, aber Probleme würde sie mir nicht machen.'. Von ihren eigenen Gedanken verwirrt, kam Mary bei ihrer Großmutter an und benutzte den Türklopfer. Nachdem sie den Salon betreten hatte, setzte sie sich auf das kleine Sofa. Freundlich lächelte sie ihre Granny an und wartete darauf, dass diese das Gespräch begann.

„Hallo Mary. Wie war deine Reise nach London?", fragte diese nun. „Vielen Dank, dass du fragst, Granny. Meine Reise war erfolgreich. Wir konnten zwei geeignete Stuten kaufen. Das bedeutet, dass wir bereits dieses Frühjahr mit der Zucht beginnen können.", antwortete Mary und ohne es selbst zu bemerken, schlich sich ein verträumtes Lächeln auf ihr Gesicht. „Nun, das freut mich natürlich für dich Mary. Wie geht es denn George?", fragte Violet auch gleich weiter. Sie hatte ja schließlich noch einiges vor. Nach Toms Brief, ihrem Gespräch mit Mary und den nicht zu übersehenden Funken, hatte sie sich vorgenommen Tom und Mary einander näher zu bringen. Obwohl er ein ehemaliger Chauffeur und Sybils Witwer war, war sie sich bewusst, das Tom Mary ebenbürtig war. Zumindest geistig. Was seine Herkunft betraf, hatte sie sich schon damit abgefunden, dass sich die Zeiten nun mal änderten. Tom hatte ihrer Meinung nach bewiesen, dass er ein vollwertiges Mitglied der Familie war. Er arbeitete, natürlich gemeinsam mit Mary, sehr gut für Downton und hatte nachdrücklich seinen Geschäftssinn bewiesen. Auch seine Kenntnisse im Umgang mit Mary, Edith, Cora und Robert zeigten ihr, dass er ein helles Köpfchen war. Innerlich schmunzelnd musste sie daran denken, wie er, immer wieder, zwischen den unterschiedlichen Streithähnen in der Familie schlichtete. Das letzte Mal sehr erfolgreich als der Vorstand des Hospitals sie als Vorsitzende durch Cora ersetzt hatte.

„George entwickelt sich prima! Er spielt gerne mit Sybbie und übt fleißig reiten. Er spricht immer besser und ist einfach großartig.", schwärmte Mary von ihrem Sohn. Violet grinste und überlegte sich ihre nächsten Worte sorgfältig: „Hast du noch einmal etwas von diesem Rennfahrer gehört?" Mary stöhnte ziemlich umdamenhaft auf, was ihr sogleich einen tadelnden Blick von ihrer Großmutter einbrachte. „Nein, meine letzte Absage war glücklicherweise so deutlich, dass er sich nicht mehr gemeldet hat. Ich wäre euch allen dankbar, wenn ihr mich mit diesem Thema in Ruhe lassen könntet!", gab sie dann jedoch klein bei. „Dann solltest du dir einen geeigneten Mann suchen, Mary. Du bist im besten Alter und Witwe. Du kannst nicht erwarten, dass Robert akzeptiert, dass du alle Männer ablehnst und nicht wieder heiraten willst. Ich weiß, dass du Matthew geliebt hast, aber George ist inzwischen 4 Jahre alt und er braucht einen Vater.", erklärte Violet nun etwas ungeduldig und wartete gespannt auf Marys Reaktion.

Diese ließ nicht lange auf sich warten: „George hat in Tom eine Vaterfigur und ich brauche keinen Mann. Ich bin glücklich, so wie es ist!", empörte sich Mary sofort. Ohne es zu merken hatte sie Violets Verdacht bezüglich Tom bestätigt. Niemals hätte sie ihn als Vaterfigur gesehen, wenn es da nicht irgendeine Beziehung zwischen ihnen geben würde. „Nun, du musst es ja wissen.", meinte Violet deshalb. Die beiden unterhielten sich noch ein wenig und Mary ging gegen Nachmittag nach Hause.

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Tom unterdessen hatte das Vorstellungsgespräch mit der Pferdewirtin geführt, diese auch sogleich gemeinsam mit ihrem Mann eingestellt und einige unerledigte Aufgaben im Büro abgearbeitet. Nun konnten seine Gedanken zu Mary zurückkehren. Wie sollte er sie von sich überzeugen. Sie war eine beeindruckende Frau und er musste sich eingestehen, dass sie für ihn inzwischen, oder auch schon länger, die Einzige war. ‚Ich muss Mary dazu bringen, dass sie sich ihre Gefühle mir gegenüber eingesteht. Nur dann wird sie mich als Partner akzeptieren können.', war er dabei sich einen Plan auszudenken. Zunächst würde er ihr Interesse an ihm nutzen und sie weiterhin verführen. Jedoch würde er ihr immer die Möglichkeit zum Ausstieg geben, nur so konnte er sie überzeugen. Mit seinem Plan zufrieden, machte er sich auf den Weg zu den Stallungen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 24, 2023 ⏰

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