Denis' Fieber

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Ich wende den Blick von meinem kleinen Bruder ab. Er ist gerade einmal 17 Jahre alt. Doch auch ihn trifft der Fluch. Das Fieber ist  bei ihm ausgebrochen. Ich  tunke ein Tuch in eine Schüssel mit kaltem Wasser und betupfe damit die Stirn meines Bruders.

Bald würde es vorbei sein. Es muss bald vorbei sein. Bei meinem älteren Bruder hatte das Fieber nur wenige Tage angedauert, bei Denis dauert es schon fast zwei Wochen. Ich selbst habe das Fieber, mit 19, noch nicht erlebt. Aber auch bei mir kann es jeden Augenblick ausbrechen. Aber ich will das nicht. Ich will kein Werwolf sein. Doch ich weiß, wie gering die Chance ist, dass meine Hoffnung sich erfüllt. Ich stamme aus aus einer Familie von reinen Werwölfen, kein gemischtes Blut mit Menschen. Auch mein Mann, sollte ich denn jemals heiraten, wird aus einer solchen Familie stammen. Genau aus diesem Grund will ich mich nicht verwandeln. Denn sobald ich ein Werwolf bin, bin ich für Männer interessant. Jeder reinrassige Werwolf wird mich als sein Weibchen beanspruchen und mich heiraten wollen. Doch für meine Eltern gibt es nur einen einzigen Mann, mit dem sie mich verheiraten würden. Ich bin seit meiner Geburt mit diesem Mann verlobt. Wenn ich mich jedoch nicht verwandele, war unsere Verlobung hinfällig. Ich werde frei sein und kann tun und lassen, was ich will. Ich werde eine Ausenseiterin sein, von Werwölfen verhasst. Wahrscheinlich wird man mich nicht einmal in die Nähe von zukünftigen reinrassigen Werwölfen lassen. Aber all das ist besser,  als Zwangsverheiratet zu werden.


Leider bin ich erst 19 und habe somit noch ein volles Jahr Zeit, um mich zu verwandeln. Solbald bei nur das Fieber einsetzt, wird man meinen Verlobten holen, damit er mich mit sich nimmt und sich um mich kümmert, bis alles vörrüber ist. Vier Jahre später, wenn ich 24 bin, und somit im heiratsfähigen Alter, wäre dann die Hochzeit. Anschließend werden er und ich eine Familie von reinrassigen, verwandlungsfähigen Werwölfen in die Welt setzten. Je höher ie Verwandlungsrate in den Familien der Eltern ist, desto höher die ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch die Kinder verwandeln.

Denis stöhnt auf, als ich ihm erneut die Stirn abtupfe. >>Es ist bald so weit<<, ertönt eine Stimme aus der Tür und reißt mich aus meinem Ritual. Ich kannte die Stimme. Er ist der Rudelführer, das Alpha-Männchen und bester Freund ihres ältesten Bruders, seit dessen Verwandlung. Außerdem ist er mein Verlobter. Leander Senguienem.

>>Ich weiss<<, antworte ich. >>Aber wieso jetzt schon ? Denis ist vor vier Monaten gerade einmal 17 geworden.<<

>>Bei manchen setzt das Fieber früher ein, bei manchen später<<, Leander kommt näher und befühlt Denis Stirn. >>Aber du hast recht, er ist wirklich früh dran.<<

>>Wie lange dauert es noch ?<<

>>Das ist schwer zu sagen.....Ich würde sagen noch ein paar Stunden, ein Tag höchstens.<<

>>Mhm.<<

Ein paar Stunden. Höchstens ein Tag. Dann ist auch Denis einer von ihnen.

>>Arianna, wie lange sitzt du schon hier ?<<, fragt Leander besorgt.

>>Eine Weile.<<

>>Du solltest dich ausruhen, das kann auch jemand anders machen.<<

Wütend springe ich auf.  >>Weder bin ich eines deiner Rudelmitglieder, dass du herumkomandieren kannst<<, beginne ich wütend, >>noch bin ich deine Frau. Nur weil ich deine Verlobte bin, hast du noch lange kein Recht mich herumzukomandieren....Ist das klar ??<<

Leander legt eine Hand auf meine Schulter, doch diese schüttle ich ab. Er seufzt. >>Ich bin mit dieser Hochzeit genauso unglücklich wie du, nur damit du es weisst.<<

>>Und was soll mir das bitte schön bringen ?<<, frage ich leise. >>Wir müssen so oder so heiraten.<<

>>Wir sollten Denis nach draußen bringen. Ich glaube nicht, dass es gut wäre, wenn er sich hier verwandeln würde<<, wechselt Leander das Thema.

>>Du sagtest, er hätte noch ein paar Stunden<<, werfe ich ein, froh über seinen plötzlichen Themawechsel.

>>Ich weiss aber nicht genau wie viele. Und ich bezweifle, dass deine Mutter erfreut wäre, wenn Denis ihre Möbel demoliert.<<

>>Wahrscheinlich nicht<<, räume ich ein.

>>Wenn du willst, kannst du mitkommen<<, bietet Leander an. Etwas total untypisches für ihn.

>>Wirklich ?<<, entgegne ich verblüft.

>>Ja......Ich kann mich nicht um ihn kümmern.<< In diesem Augenblick würde ich  Leander am liebsten erschießen.

>>Ich tue das nur, weil er mein Bruder ist. Ansonsten könntest du das schön selbst machen, egal ob du es kannst oder nicht<<, fauche ich.

>>Es ist bald soweit<<, ruft Leander in Richtung Wohnzimmer, dass auf dem gleichen Stock liegt, wie Denis Schlafzimmer. >>Ich denke, wir sollten ihn langsam nach draußen brigen. Hilfst du mir bitte Markes ?<<

Natürlich kam mein Bruder, Markes, sofort. >>Klar doch.<<

>>Arianna ?<<, fragt Leander.

>>Ja ?<<, ich verschrenke die Arme vor der Brust.

>>Du solltest dir etwas wämeres anziehen, wenn du mit möchtest.<<

>>Sie soll mir ?<<, fragt mein Bruder entgeistert. >>Das ist viel zu gefährlich. Wenn Denis sich verwandelt und Aria in der Nähe ist..... Jedenfalls kein schöner Anblick<<, er richtet sich an mich. >>Du bleibst hier.<<

Ich verdrehe die Augen. >>Ich lasse mich nicht davon abbringen mitzugehen.....Und wenn Denis mich zu Hackfleisch verarbeiten sollte. Ihr beide<<, ich zeige auf Leander und Markes, >>habt mir gar nichts zu sagen...Ich hole nur schnell einen Pullover von oben, frisches Wasser und dann können wir von mir aus los.<<

Markes hält mich am Arm zurück. >>Ich sagte , nein<<, knurrt er.

Ich reiße mich los. >>Du hast mir gar nichts zu sagen. Ich bin 19 Jahre alt und kann meine eigenen Entscheidungen treffen.<<

>>Genau das bezweifle ich aber. Du hast keine Ahnung wie gefährlich das ist. Ich will dich nur beschützen.<<

>>Ich brauche deinen Schutz nicht<<, wiederspreche ich heftig.

Leander, ungewollter Zeuge des Streites, mischt sich ein. >>Wenn ihr beide hier weiter rumstreitet, brauchen wir gar nicht mehr in den Wald zu gehen<<, er befühlt wieder Denis Stirn und nickte. >>Uns läuft die Zeit davon.<<

Ich sehe meinen älteren Bruder an. >>Ich gehe und da kannst du dich noch so querstellen<<, stelle ich klar und rausche davon. Hinter der Tür, an einer Wand, bleibe ich stehe.

Markes schüttelt entsetzt und genervt den Kopf. >>Sie ist meine Schwester. Ich liebe sie. Aber manchmal würde ich sie am liebsten umbrigen.<<

>>Ich helf dir<<, bietet Leander an.

Sein Freund bricht in Gelächer aus. >>Du willst sie wirklich nicht heiraten, nicht wahr ?<<

>>Das habe ich dir schon oft gesagt......Es war der letzte Wunsch meines Großvaters, ansonsten könnte mein Vater mich 'mal. Ich würde es nicht tun.<<

Diliges Luna - Liebe des MondesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt