33. Das weingetränkte Doppeldate

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Als ich die klimatisierte Lobby betrete, entdecke ich Eve auf einem der großen Sofas, die in der Hotelhalle platziert sind.

Sie hat ihre Chinos gegen ein leichtes, mit Blumen bedrucktes Sommerkleid getauscht, das ihre schlanke Figur betont, und betrachtet mich aufmerksam. Ihre Hand klopft neben sich auf das Polster, um mir zu bedeuten, mich zu ihr zu setzen.

Unwillkürlich ist der Hundevergleich zurück in meinem Kopf.

Mit schweren Schritten gehe ich auf sie zu und lasse mich neben ihr auf das Sofa sinken.

Ihre zarten Hände greifen meine und ich mustere sie verwirrt. „Es ... es tut mir leid, dass ich ... so still war", stammelt sie. „Luke hat mir gesagt, wie unhöflich das war und dass du denken musst–"

„Ist schon okay", gebe ich zurück und sie schüttelt energisch den Kopf.

„Nein, es war nicht okay. Ich ... ich war nur so überrascht." Sie streicht sich eine verirrte Strähne hinters Ohr. „Ich habe mich so sehr gefreut, dass du jemanden gefunden hast. Aber–"

„Aber du hast nicht damit gerechnet, dass es ein Mann ist", vervollständige ich ihren Satz.

Sie nickt und drückt meine Hände.

„Ich wollte es dir gern persönlich sagen", erkläre ich. „Am Telefon fand ich es irgendwie ... unpassend. Ich schätze, ich habe das nicht ganz zu Ende gedacht."

Eve lacht. „Ich verstehe es. Und er ist ganz toll bestimmt. Valencio?"

„Valentino", stelle ich klar. „Sein Name ist Valentino."

Sie lächelt und legt ihre Hand an meine Wange.

Was haben heute nur alle mit meinem Gesicht?

„Natürlich. Entschuldige. Ich freue mich darauf, ihn kennenzulernen."

„Du bist nicht sauer?"

„Selbstverständlich nicht!" Sie senkt den Blick. „Es klingt total bescheuert, aber ich habe mich einfach gefragt, ob es schon immer so war und wir deshalb–"

Ich greife hinter sie und ziehe sanft an ihrem Zopf. Das hat sie früher immer schon geärgert. „Das kann ich dir nicht sagen. Ich habe es selbst erst total spät gemerkt. Und du weißt, dass ich dich liebe, oder? Mit Valentino ist es nur ... anders."

Sie lächelt und schlingt plötzlich ganz unerwartet ihre Arme um mich. „Ich liebe dich auch, aber ich verstehe genau, was du meinst. Und ich hoffe, er weiß, was er an dir hat."

Erleichtert atme ich aus und drücke sie fest an mich. „Das hoffe ich auch. Danke, Eve."

Ein leises Knurren lässt uns beide zusammenzucken und Eve blickt mich mit ertappt aufgerissenen Augen an, als sie sich von mir löst, ihre Hand auf ihren Bauch gelegt. „Ich bin wohl wirklich sehr hungrig", gibt sie kichernd zu.

Schwungvoll stehe ich auf und reiche ihr die Hand. „Dann haben Valentino und ich genau die richtige Location für uns ausgesucht."

Bereitwillig lässt sie sich von mir auf die Füße ziehen und hakt sich bei mir unter, ehe wir gemeinsam die Halle durchqueren und das Hotel verlassen.

Draußen werden wir bereits von Valentino und Luke erwartet, beide mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Während Eve es sich neben Luke auf der Rückbank bequem macht, nimmt Valentino vorn meine Hand und blickt mich fragend an.

Ich drücke lächelnd seine Finger und er startet den Motor.

Kurze Zeit später fahren wir auf den uns vertrauten Parkplatz und Eves Mund klappt vor Begeisterung auf, als wir Anthonys Weinbar betreten.

Wie immer werden wir überschwänglich von dem blonden Schönling begrüßt und Anthony macht auch vor Luke und Eve keinen Halt. Kurzerhand werden sie in Umarmungen gezogen, als ich sie vorstelle.

Heute waren wir so weise und haben bereits im Vorfeld einen Tisch reserviert, an den wir uns setzen. Valentino und ich wechseln uns mit dem Holen der Gläser und des Essens ab und meine Ex-Frau und ihr Freund kommen aus dem Lachen und dem Staunen kaum heraus, so amüsiert sind sie darüber, dass wir uns hier wie zu Hause fühlen.

Während die beiden dank des köstlichen Weins immer ausgelassener werden und sich köstlich über unsere Kennenlerngeschichte amüsieren, bleibe ich, wie auch Valentino, beim alkoholfreien Wein. Zwar wird er uns nachher alle nach Hause fahren, aber für das, was ich vorhabe, möchte ich gern nüchtern sein.

Als Eve nicht mehr aufhören kann zu lachen, als Valentino die Geschichte mit dem Fahrgast und der Affäre erzählt, weiß ich, es ist Zeit zu gehen und die Nervosität, die den ganzen Abend nur am Rande meiner Gedanken gelauert hat, ist mit einem Schlag zurück.

Luke ist ähnlich angeheitert, scheint sich jedoch noch besser im Griff zu haben. Zumindest sein Lachen. Seine Hände allerdings können sich kaum mehr von Eve fern halten.

Valentino streckt sich betont auffällig, gähnt dabei und ich verkneife mir mühsam ein Grinsen, als er sagt: „Seid ihr auch so müde? Ich brauche eine Bett."

Luke legt unwillkürlich seinen Mund an Eves Ohr, säuselt vermutlich irgendwas Anzügliches und sie kichert mit roten Wangen sofort wieder los.

Als hätten wir uns mit ihm abgesprochen, steht plötzlich Anthony neben uns am Tisch. „Na Leute? Ihr seht ja schon etwas erledigt aus. Wollt ihr langsam los?"

Mit weichen Knien drücke ich mich von meinem Stuhl nach oben und nicke zustimmend. „Ja, wir machen uns dann mal auf den Weg. Ich helfe noch kurz, die Sachen abzuräumen."

Anthony greift sich bereits einige der leeren Teller und schüttelt lächelnd den Kopf. „Nein, nein. Geht ruhig schon, ich mache das."

„Oh, Adam kann hervorragend abwaschen", kichert Eve und lehnt sich an Lukes breite Schulter. „Meine Mutter war immer ganz begeistert, wenn wir zu Besuch waren und er sogar ihre Gläser poliert hat."

Ich zwinge mir ein Lächeln auf und blicke hilfesuchend zu Valentino, der sich kurzerhand bei ihr einhakt und sie auf die Füße zieht. „Er muss nicht abwaschen bei Antonio, aber er kann helfen mit die Gläser und wir gehen schon mal zu die Taxi."

„Dein Akzent ist so schnuckelig", säuselt Eve und tätschelt unbeholfen seine Wange. „Da verstehe ich, warum Adam dir nicht widerstehen konnte."

Oh Gott, sie ist echt richtig betrunken!

„Hatten wir jetzt eigentlich sowas wie ein Doppeldate?", sinniert sie weiter und wird schwankend von Luke und Valentino aus der Bar bugsiert.

Ich mache mich unterdessen daran, rasch die Gläser von unserem Tisch zu sammeln.

„Du musst mir wirklich nicht helfen, Adam", sagt Anthony lächelnd, während er die Essensreste von den Tellern kratzt.

Ich räume die Gläser hinter den Tresen und blicke durch das Fenster nach draußen, wo ich erkennen kann, wie Eve und Luke gemeinsam auf dem Parkplatz tanzen.

Anscheinend hat Valentino seine Playlist aufgedreht.

„Ich weiß", antworte ich gedankenverloren und drehe mich zu Valentinos Ex-Freund. „Aber ich brauche deine Hilfe, Anthony."

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