XLIV. Trance (Baerbeck)

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TW Blut & negative Gedanken (🤷🏼‍♀️)

Für lina_1814 ich hoffe, es gefällt dir (&sorry für die lange Wartezeit🫠)

>Trance<

"Entschuldige die späte Störung, Robert." Die Braunhaarige streckte ihren Kopf durch die Bürotür und sah sich suchend nach ihrem Kollegen um. Der Platz am Schreibtisch war leer. Ihr Blick wanderte zu der olivgrünen Couch, links an der Wand. Und tatsächlich, da saß er. "Hey Robert, was hast du denn?" fragte Annalena besorgt. Der ältere saß auf dem Sofa und hatte sein Gesicht in seinen Händen vergraben. Sein schwarzes Hemd sah völlig zerknittert aus und jetzt erst bemerkte Annalena die zerbrochene Kaffeetasse vor ihm auf dem Boden.

Verschreckt hob Robert seinen Blick. Annalena. Mist. Sofort fuhr er sich mit einer Hand durchs Gesicht. Sie sollte die Tränen nicht sehen. Nicht sie. Und sonst auch niemand.
Er spürte die Hitze auf seinen Backen, es war wahrscheinlich unverkennbar, dass er gerade geweint hatte. Das gefiel ihm gar nicht. Jetzt setzte sich die jüngere auch noch neben ihn und sah ihn aus diesen blauen Augen an, die Robert nur zu gut kannte. Erneut brach er in Tränen aus. Er wollte nicht vor ihr weinen. Aber der schwere Kloß in seinem Hals machte ihm das unmöglich.

"Es ist okay, lass es raus." meinte Annalena nur, als sie ihn in eine Umarmung zog. Der ältere vergrub sein Gesicht an ihrem Hals, in ihren Haaren. Ihr vertrauter Geruch machte sich in seiner Nase breit und er spürte, wie Annalenas Hände langsam über seinen Rücken fuhren. Das half. Ein bisschen zu mindest.
Nachdem Robert sich wieder weitestgehend beruhigt hatte, löste er sich aus der Umarmung und wischte sich die letzten Tränen weg. Es war ihm wohl peinlich.
Annalena sah ihn fragend an, aber er stand nur stumm auf. "Passt schon, danke." murmelte er als Antwort, während er sich nach den Scherben der Tasse bücken wollte. Natürlich wusste Robert, dass nicht alles gut war und gerade eigentlich gar nichts in seinem Leben 'passte'. Sonst schmiss er ja nicht unschuldiges Geschirr auf den Boden. Aus Wut.
Aus Wut auf sich selbst hatte er das getan.

Er wollte noch die letzte Scherbe greifen- "Ach Scheiße!" genervt donnerte er die anderen Scherben, die er schon gesammelt hatte, wieder auf den Boden. Mit verzogenem Gesicht betrachtete Robert den Schnitt in seiner Handfläche. Langsam lief warmes Blut heraus. Schmerz spürte er keinen, es tat eher gut dabei zuzusehen. Es befriedigte ihn auf eine seltsame Art und Weise.
Der ältere war wie in einen Bann gezogen, Annalenas Hand, die sich auf seinen Arm legte, kam ihm vor wie aus einer anderen Welt. Ihre besorgte Stimme hörte er auch nur ganz dumpf, sie schien Kilometer weit entfernt zu sein. "...Wasser...komm...wir müssen...Schmerzen?"

Robert sah nur noch eine Art Tunnel vor sich. Würde er jetzt sterben? Durfte er? Oder waren das nur die unendlich langen Flure des Bundestags? Ein kühler Luftzug wehte um seinen Nacken und alles blendete. Warum mussten diese Lichter so grell sein? Warum waren die überhaupt an, fragte er sich. Vor seiner Nase wurde eine Tür aufgestoßen und er wurde in den Raum geschoben. Noch mehr blendende Lichter. Ein Waschbecken. Das musste eine der Toiletten sein.
Jetzt sah er auch Annalena wieder neben sich, die musste ihn hier her gebracht haben.

Langsam schien seine Trance wieder zu enden, ein Glück. "Hey Robert?" fragte sie vorsichtig. "Hörst du mich?" "K-klar." antwortete der ältere mit schwacher Stimme und sah sie verwirrt an, warum sollte er sie nicht hören? "Mann hast du mir einen Schrecken eingejagt! Du hast ja gar nicht mehr reagiert, nur so gruselig vor dich hin gestarrt." gab Annalena kleinlaut zu, sie zog ihn wieder in ihre Arme.

"Wie füllst du dich?" "Beschissen." murmelte Robert.

"Au!" Schmerzerfüllt verzog er sein Gesicht, als Annalena seine Hand unter den kalten Wasserstrahl zog. Wenigstens spürte er das jetzt. Was war nur los mit ihm? "Hier, bitte." Die braunhaarige hielt ihn ein Papierhandtuch hin, welches er dankend annahm. Annalena legte ihm eine Hand auf die Schulter und blickte von unten in seine Augen, die noch aufgewühlter als sonst wirkten. Sie schien etwas darin zu suchen. Gründe? Erklärungen? Antworten.

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