Ohne einen Helden

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Es gibt diese Momente, in denen möchte man einfach um Hilfe schreien. In denen möchte man sich fallen lassen, andere die Probleme lösen lassen und einfach nichts mehr tun. Man möchte einen starken Helden haben, der allen sagt, was man braucht und was man selbst nicht sagen kann. Genau diesen Helden brauche ich. Ich brauche jemanden, der allen sagt was ich ihnen sagen will. Ich brauche diesen Helden um all das los zu werden, was auf meinen Schultern liegt. All diese kleinen Laster, die mich runter ziehen. Die dafür sorgen, das ich am Boden liege. Die dafür sorgen, das ich wie versteinert da liege und nichts mehr tun kann außer zu denken, innerlich zu schreien und nichts herauszubekommen. Diese Laster, wegen der ich auf etwas einschlagen möchte, wegen der ich schreien will, wegen der ich rennen will bis ich irgendwo bin, wo es niemanden mehr interessiert weshalb ich diese Laster habe.
Aber es wird kein Held kommen um mir diese Laster von den Schultern zu nehmen. Es wird niemand da sein der meine Kämpfe austrägt. Ich muss das tun. Aber was ist, wenn ich keine Kraft dazu habe? Wenn mein Mund so schwer ist, dass ich nichts sagen kann? Wenn ich etwas ändern will, es aber nicht kann weil ich zu viel Angst vor den Folgen habe? Wenn ich weiß, dass ich etwas unternehmen sollte aber keine Ahnung habe wie ich das tun soll? Was ist, wenn ich es einfach nicht kann?
Ich renne in ein Meer aus Nägeln. Ich renne und renne und kann nicht stehen bleiben, obwohl ich weiß das die Nägel mir weh tun. Das sie in mich eindringen und Spuren hinterlassen, die nie wieder weggehen werden. Vielleicht sind manche davon gute Erfahrungen. Vielleicht helfen sie mir in Zukunft. Doch die meisten, die sind einfach da und behindern mich. Sie halten mich auf, sorgen dafür das ich nicht weiter gehen kann. Das ich anhalte, zu Boden gleite und liegen bleibe. Bis jemand kommt und mich rettet. Doch diese Rettung ist zu spät. Sie können meine Wunden verbinden, können mir lindernde Salbe geben. Sie können mir Bettruhe verordnen, mir beruhigende Geschichten erzählen, doch die tief sitzenden Wunden werden bleiben. Sie werden nicht verschwinden. Sie werden bleiben.
Für immer.
Und selbst wenn ein Held kommt und für mich kämpft, diese Wunden bleiben. Denn nur wenn ich sie selbst heile, können sie sich erholen. Auch dann werden sie nicht gehen, auch dann werden sie für immer bleiben, doch sie würden nicht mehr so tief sitzen. Nur ich alleine kann dafür sorgen, das sich etwas ändert.
Ohne einen Helden. Ohne einen Kämpfer. Ohne einen Retter.
Nur ich allein.

Notizbuch der Gefühle - Eine KurzgeschichtensammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt