Overstrained

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„Nächsten Mittwoch schreiben wir die Mathe Arbeit." „Du musst dich noch entscheiden wo du dein Praktikum machen willst." „Der Bio Test ist für Freitag angesetzt." „Oma hat übermorgen Geburtstag, hast du schon etwas was du ihr schenken kannst?" „In einer Woche ist Muttertag, wollen wir einen Kuchen backen?" „Am Samstag kommt deine Cousine vorbei, willst du ein paar Pläne machen, was ihr unternehmen könnt?" „Kannst du für mich einkaufen fahren?" „Hast du schon die Reportage für Deutsch geschrieben?" „Dein Zahnarzt hat angerufen, du hast morgen einen Termin."

All das sind Aufforderungen. All das sind Dinge, die man tun muss. All das sind Aufgaben, die zu einem durchgetackteten Tag führen. Und das wiederum zu einer voll geplanten Woche. Das dann zu einem voll geplanten Monat. Und das wieder zu einem voll geplanten Jahr. Und dann fragt man sich: Was habe ich eigentlich mit meiner Zeit gemacht? Ich bin von einer Aufgabe in die nächste gestolpert, habe da mal mit Freunden ein Wort gewechselt und hier mal 5 Seiten in meinem neuen Buch gelesen. Aber ansonsten? Wofür sind all die Minuten, Stunden, Tage draufgegangen? Und nicht nur diese. Auch die Aufmerksamkeit, Motivation und vor allem die gute Laune sind weg. Futsch. Einfach wie vom Erdboden verschluckt. Stattdessen hasstet man von einem Tag in den nächsten, ohne den Moment wahrzunehmen. Ohne eine Minute Pause um durchzuatmen. Stattdessen hockt man am Schreibtisch, bricht zusammen, weil alles zu viel wird und hat das Gefühl nichts zu schaffen.
Wofür das alles? Sicher, ein erfolgreiches Leben. Aber warum muss erfolgreich auch gleich unglücklich bedeuten? Wieso gibt es kein Dazwischen? Kein Glücklich-und-Erfolgreich. Es ist immer das eine oder das andere. Was ist das für eine Welt, in der jede_r seine To-Do Listen abarbeitet, Freundschaften und Beziehungen vor lauter anderer Aufgaben aus dem Sichtfeld verschwinden und man abends tot müde und mir noch mehr Vorhaben ins Bett fällt?
Wie wäre es denn, wenn man all das nicht machen würde? Wäre man glücklicher? Entspannter? Oder doch unzufrieden, weil man nichts fertig bekommt? Und um alles hinzuschmeißen braucht man Sicherheit. Doch woher Sicherheit nehmen, wenn die To-Do Listen die einzige Sicherheit waren? Und wieder beginnt der Teufelskreis von neuem.
Und er hört nicht auf.
Niemals.
Außer du stoppst ihn.

Notizbuch der Gefühle - Eine KurzgeschichtensammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt