Kapitel 11 - Wunschkeks

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- Jetzt -

Trotz des warmen Wetters draußen war es in der Höhle kalt und feucht.
Weiter hinten hatte Nils Tropfsteine entdeckt, von denen sich ab und zu ein Wassertropfen löste und mit einem ohrenbetäubenden Geräusch zu Boden knallte.

Er konnte sich dunkel daran erinnern, dass er schon einmal hier gewesen war, obgleich er das Innere der Höhle nie betreten hatte.
Es war der Ort, an dem sich Garwin versteckt gehalten hatte, als er seine dunklen Pläne gegen ihn und seine Freunde geschmiedet hatte.
Hierher hatte er auch Charlie entführt. 

Die düsteren Erinnerungen passten zu der drückenden Atmosphäre dieses Ortes.

Milena hatte ihm verboten, ein Feuer zu machen. Rauch würde sich in der Höhle ausbreiten und sie vergiften, war ihre Argumentation gewesen.
Dabei bist du das Giftigste hier, dachte Nils verbittert und ihn fröstelte leicht.

Milena saß schweigend auf einem Stein und ließ abwesend den Gegenstand, den sie aus der Hüterburg mitgenommen hatten, durch ihre Finger gleiten.
Er hatte vorhin kurz einen Blick darauf erhaschen können. Es war ein silberner Ring, schwarz angelaufen vom Alter und mit mehreren kleinen, dunkelroten Steinen bestückt.
In seinen Augen sah er wie billiger Tand aus, den man auf Flohmärkten bekam, aber er wusste es besser. Sie wären nicht für einen wertlosen Gegenstand in die Hüterburg eingebrochen.

„Und was hast du damit jetzt vor?", durchbrach er die Stille.
Milena zischte ihn verärgert an, als er sie aus ihren Gedanken riss. „Meinen Teil unserer Abmachung einhalten", antwortete sie kurz angebunden.

Nils schnaubte ungläubig. Er glaubte schon lange nicht mehr daran, dass sie vorhatte, ihm zu helfen. Er biss sich schmerzhaft in die Wange. Es war ohnehin jetzt egal, für ihn gab es kein Zurück mehr, nachdem, was er getan hatte.
Er schwieg wieder und dachte nach.
Sie schienen etwas bestimmtes hier in der Höhle abzuwarten, doch er hatte keine Ahnung, was.

Er seufzte laut. „Wenn du mir schon nichts von deinen Plänen erzählen willst, hättest du wenigstens die Güte, mir zu erklären, was das mit dem Holzgriff sollte?"
Milena lachte laut. „Glaubst du, du könnest das überhaupt verstehen?"

„Versuchen wir's doch", gab Nils herausfordernd zurück.

Der Griff war es gewesen, wegen dem Milena ihn aufgesucht hatte. Als er mit seinen Freunden damals die Standuhr der Lilientals repariert hatte, hatte er ihn kurzerhand eingesteckt.
Er konnte inzwischen selbst nicht mehr sagen, wieso. Es war eine Kurzschlussreaktion gewesen. Er hatte ja auch schon davor ab und zu Dinge in Läden mitgehen lassen, was ihm immer wieder Probleme eingebracht hatte.
So weit, dass er zur „Rehabilitierung" auf dem Pferdehof in Namra gelandet war.

„Nun", begann Milena stolz, „ich wusste natürlich, dass er zu der Uhr gehört hat, die du dankenswerterweise für mich zerstört hast."
Nils zuckte leicht zusammen. Als Tischler wusste er um den Wert des kunstvoll gearbeiteten Stücks. Es zu zerstören war ihm schwergefallen.

„Und du weißt ja sicher auch, dass dies keine gewöhnliche Uhr war."

Seine Augen weiteten sich erschrocken. Charlie und Dajana hatten damals alles erzählt. „Was passiert, wenn der Türgriff am Tor montiert wird?", fragte er Milena erstickt.
Sie zuckte mit den Schultern. „Nicht sicher", sagte sie nur. „Aber etwas ist geschehen, sonst wären unsere Freunde nicht in heller Aufregung gewesen, meinst du nicht?"
Sie grinste grimmig.

„Wenn Charlie etwas passiert ist, dann..."

„Was dann?", unterbrach sie ihn forsch. „Ist sie nicht Teil deines Problems?"
Nils schwieg.
Er hatte nicht darüber nachgedacht.
Aber wenn irgendwem aufgrund seiner Taten etwas Schlimmes zugestoßen war, dann würde er sich das nicht verzeihen können!

Die zersplitterte Zeit // Armans GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt