Die Hogwarts-Professoren erreichten nach einem harten Kampf gegen Ranroks Anhängern das Herz der Untergrundhöhle. Während die Gruppe an den meterhohen Steinwachen vorbeiliefen, kam keiner drumherum die Architektur zu bestaunen und sich zu fragen, wie dieser Ort zuvor nie gefunden wurde. Das große Tor stand offen und sie liefen direkt durch. Dennoch mussten sie Acht geben, nicht runter ins scheinbare Nichts zu fallen. In der Ferne tief unter ihnen sahen sie ein hellblaues, fast weißes Leuchten, doch die Quelle konnten sie nicht genau ausmachen. Der Felsvorsprung war sehr bröckelig am Rand. So traten Professor Weasley und Ronen vor und versuchten genug mit Reparo alles seinen Platz zu bringen, ohne dass es wieder abfällt. Dahinzukommend zauberte Ronen eine Treppe, wo zuvor in ihrem Unwissen die Studentin ungewollt runtergerutscht war. Schließlich schien es ein langer Abstieg zu sein und keiner der Professoren war noch ein junges Reh. So begannen sie ihren Weg tiefer in den Schlund. Sharp hielt genausten Ausschau nach weiteren Kobolden oder Gerätschaften von ihnen.
„Was bei Merlin ist das?", fragte Hecat, als das schwebende Behältnis mit all der gefangenen, dunklen Magie zum Vorschein kam.
„Ich habe sowas noch nie gesehen. Besser rühren wir es nicht an", sagte Sharp.
Weasley stimmte dem nickend zu und ergänzte: „Auch wenn Eleazar nicht viel erzählt hat, hat das da sicher mit der besonderen Magieform zu tun. Hoffentlich können er und unsere Schülerin etwas mehr Licht ins Dunkel bringen."
Der Zauberkunstprofessor beschwor eine weitere Treppe für den Weitergang. Nicht viel später kamen sie den tiefsten Punkt näher und Professor Onai erblickte als erstes drei Gestalten. Sie konnte dank dem Licht der merkwürdigen Kugel in der Luft erstaunlich viel erkennen. Sofort gab sie den anderen Bescheid über ihren Fund. Sobald sie festen Grund erreichten, liefen sie und Weasley vor und untersuchten die erste Gestalt. Es war der leblose Körper des Koboldanführers. Augen weit geöffnet und eine einzige Schwärze.
Die beiden Frauen tauschten ernste Blicke miteinander aus. Sie wussten, dass kein gewöhnlicher Zauberer den wohl stärksten und gefährlichsten Kobold ihrer Zeit einfach so besiegt. Sie ließen ihre Blicke weiterschweifen zu den anderen Gestalten.
Als alle Erwachsenen näher gingen, konnte man erahnen, dass eine der beiden am Boden lag, während die andere darüber kniete. Plötzlich schlug sich Onai eine Hand vor ihren Mund und murmelte: „Oh nicht doch. Hätte ich doch nur was ahnen können."
Nur wenige Schritte vor dem schrecklichen Bild, welches ihnen alle offenbarte, verstanden sie die Worte der Wahrsage-Professorin. Eleazar Fig lag mit geschlossenen Augen am Boden, in den Händen auf der Brust ein Zauberstab. Seine faltigen Gesichtszüge sahen entspannt und schon fasst friedlich aus. Er sah so aus, als würde er in Seelenruhe schlafen. Allerdings konnte man keinerlei Bewegung in der Brust wahrnehmen oder jegliche andere Anzeichen von Leben. Doch das, was für die Lehrer am schmerzlichsten war, war das zusammengekauerte Mädchen neben ihm. Ihr Kopf lag teils auf seinen Brustkorb und sie umklammerte verzweifelte eine seiner Hände. Aus ihrer Kehle entwichen heisere Schreie, gepaart mit luftschnappendem Schluchzer. Man konnte unklare Worte von ihr vernehmen. Diesen Anblick auf Terzia Siegbjerg zerstörte das Bild der sonst so ehrgeizigen, mutigen und freudestrahlende jungen Frau, die sie werden sollte.
Professor Weasley trat als erstes näher und machte sich bemerkbar: „Ms. Siegbjerg"
Wie vom Blitz getroffen schwank ihr Kopf nach oben, genau wie ihr Zauberstab, direkt auf die Gruppe von Lehrer gerichtet. Ihr Gesicht erzählte, dass ihre Welt unter ihren Füßen zusammengebrochen war. Die Erschütterung ihren Mentor zu verlieren, nahm ihr den Rest von dem Mädchen, welches zu Beginn des Jahres nach Hogwarts gekommen war. Gerötete Augen, aus denen noch dicke Tränen rausflossen, funkelten die Lehrer an. Puren Hass und Zorn, aber auch tiefer Kummer zeichneten ihren Blick, was von den zusammengeknirschten Zähnen unterstrichen wurde. Die Hand, worin der Zauberstab lag, zitterte und kleine Funken sprühten aus der Stabspitze, bereit abzufeuern.
Weasley versuchte nochmals etwas zu ihr sagen, doch einige Zauber kamen ihnen entgegen. Aber jeder beschwor rechtzeitig den Schildzauber. Auch wenn alle wussten, dass das arme Kind zu Tode verängstigt war, so konnten sie es nicht tolerieren, selbst in die Luft gejagt zu werden. Sharp richtete daher selber den Stab auf sie, um sie zu entwaffnen, jedoch schlug Ronen sein Arm runter. Keine Sekunde später flog ein weiterer Zauber gegen die Lehrer, der erneut geblockt wurde.
Vorsichtig lief Ronen um den leblosen Körper seines Kollegen rum, im Stillen sein Respekt zollend. Terzia visierte sofort ihn mit ihrem Stab an. Er kniete sich neben sie, sodass die Zauberstabspitze ihn fasst berührte. Ronen wartete ab, was passieren würde, doch diesmal geschah nichts. Er sah ihr direkt in die Augen, ihr Blick in Angst ertrinkend. Vorsichtig umschloss er mit seinen Händen die Hand von ihr und entwaffnete sie dabei. Den Stab legte er sichtbar für sie neben sich. Das Mädchen blinzelte zwischen ihren Tränen und erkannte endlich den Professor verschwommen.
„Pro- Profe- sor Fig! Er- er", hickste sie zwischen abgehakten Atemzügen. Er legte einen Arm um sie und zog sie an sich. Sofort vergrub sie ihr Gesicht in seine Brust und krallte sich an den Stoff seines Umhanges.
„Ich weiß", flüsterte er mit gebrochener Stimme. Das Schluchzen seiner Schülerin intensivierten sich und ein folgender, verbitterter Schrei wurde von dem Stoff nur milde gedämpft.
Die stellvertretende Schulleiterin gab ein Zeichen, was alle verstanden. Während Sharp zu seinen verstorbenen Kollegen runterkniete, nach einem Puls fühlte -wenn auch leider keiner zu spüren war- und den Zauberstab von Fig und Miriam einsteckte, sprach er ein stilles Gebet. Als er dann den Körper mit dem Schwebezauber anheben wollte, löste sich die Schülerin aus der Umarmung. Terzia griff sofort nach ihn, während sie immer wieder „Nein!" rief. Mit sanftem Druck hielt Ronen sie zurück. Er stand achtsam aus, um den Rest zu folgen, bemerkte aber, dass Terzia es nicht schaffte sich aufzuraffen. Kurzerhand nahm er sie daher in die Arme und trug das Mädchen, welche immer schwerer Luft bekam.
„Anapneo", murmelte er und sofort befreiten sich ihr Atemwege, wenn auch nur lange genug zum ruckartigen Luftholen. Sie streckte den Arm aus zu ihrem Mentor und versuchte seine Hand zu fassen, was ihr aber nicht gelang.
„Nein! Nicht- er- wir müssen helfen-", versuchte sie zusagen, bevor ihre Stimme aufgab.
„Wir können leider nichts mehr tun", kam es niedergeschlagen von Hecat.
Letzten Endes ließ sie ihren Arm schlaff hängen, konnte aber ihren Blick von ihm abwenden. Sie hoffte so sehr, dass er jeden Moment einfach aufwachen würde. Doch er blieb regungslos. Die Tränen schienen kein Ende zu finden, als würde all das Leid wie ein endloser Wasserfall über sie einbrechen.
Professor Weasley sammelte Terzias Zauberstab ein, damit sie ihn später wieder haben konnte. Doch im Moment war es zu gefährlich, besonders für sie selbst. Hecat verzauberte die Leiche Ranroks, wie Sharp es getan hatte, für einen leichteren Transport den Weg nach oben.
Niemand sagte etwas, oder wagte es, die trauernde Schülerin auszufragen, was geschehen war. Der schweigende Aufstieg wurde nur von den gebrochenen Weinen begleitet.
DU LIEST GERADE
Broken Shadows - Hogwarts Legacy (Deutsch-Version)
FanfictionDas Ende eines viel zu ereignisreichen Schuljahres neigt sich dem Ende zu. Insbesondere ein Teil der fünftklässler wurde in die undenkbarsten Situationen gezogen, manchmal gewollt und andere Male... nicht. Niemand hatte gerechnet, dass der gefürchte...