DREI

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•JANA•

Am nächsten Morgen wachte ich auf, bevor der Wecker klingelte, da ich doch ein bisschen nervös bin. Ich war darüber ziemlich überrascht. Ich war nie nervös. Entweder verspürte ich Vorfreude oder Angst. Aber ich muss ehrlich zugeben, dass beide dieser Gefühle nicht unbedingt zu einem Schulstart passten. Ich ging gerne zur Schule und die letzten Jahre hatte ich mich immer darauf gefreut, wenn die Schule wieder losging. Ich hatte die Ferien nicht gemochte, da das für mich zuhause sitzen bedeutet hatte. Und ich war nicht gerne zuhause, da dann meine Pflegeeltern die meiste Zeit auch da waren und ich ihnen, wenn möglich, aus dem Weg zu gehen versucht habe, damit sie keine Gelegenheit hatten, mir zu schimpfen. Da ich jetzt aber nicht zu Hause war, waren sie auch nicht da, um zu schimpfen, und mir wäre es in diesem Moment ziemlich recht, noch ein, zwei Tage zu haben, bevor die Schule los ging. Aber das war nun mal nicht so und ändern konnte ich es nicht.

Ich sah zu Emma hinüber, um zu sehen, ob sie schon wach ist. Sie war bis zur Nasenspitzte in der Bettdecke vergraben und schlief noch und das obwohl sie mir gestern erzählt hatte, dass sie höllisch nervös sei.

Allgemein hatten wir uns gestern besser kennengelernt, nach dem wir beide den halben Tag verschlafen hatten. Das erste, was ich ihr über mich erzählt habe, war, dass ich Cheeseburger über alles liebte und danach hat sie den erst besten McDonald's rausgesucht und mich dort hingeschleppt, damit wir uns dort weiter unterhalten konnten. Ich hatte natürlich nichts dagegen, da ich sowieso halb am verhungern war. Wir haben essen bestellt und uns dann über unser Leben ausgefragt, ob wir Geschwister haben (Emma hat einen kleinen Bruder, ich habe Maya nicht erwähnt, da ich nicht die ganze Geschichte erzählen wollte), was unsere Hobbies sind (Sie spielt Gitarre und findet es cool, dass ich nähe, was mich ziemlich überraschte, da das an meiner alten Schule alle komplett bescheuert fanden) und was man sonst eben noch so fragt, wenn man jemanden neu kennen lernt. Ich habe ihr sogar erzählt, dass ich adoptiert bin, aber habe die meisten Details weggelassen, da ich nicht gerne darüber rede, aber ich fand es trotzdem angebracht, Emma davon zu erzählen.

Da Emma immer noch schlief, beschloss ich, schon mal ins Bad zu gehen, damit wir nachher nicht warten mussten. Ich brauchte nicht lange, da ich mich gar nicht schminkte. Ich ging auf die Toilette, kämmte mir die Haare, wusch mir das Gesicht und das wars schon.

Gerade, als ich wieder unser Zimmer betrat, läutete Emmas Wecker. Sie brummte irgendwas und stellte ihn dann ab. Scheinbar schien sie keine Frühaufsteherin zu sein. "Guten Morgen", sagte ich gut gelaunt. Sie stemmte sich kurz hoch und sah mich an: "Zu viel gute Laune, für so früh am Morgen", nuschelte sie und liess sich wieder zurück ins Bett fallen. Grinsend ging ich zu meinem Schrank, um mir eine Schuluniform heraus zu nehmen. Ich musterte sie genauer. Gestern hatte ich sie einfach in den Schrank gehängt. Sie bestand aus einem weissen Rock, der wahrscheinlich bis knapp zu den Knien reichte. Über die Länge konnte ich mich nicht beklagen, aber ich würde darunter auf jeden fall eine kurze Hose anziehen, da ich Röcke nicht sonderlich mochte. Für im Winter gab es einen grünen Pullover als Oberteil, der auf der linken Seite auf der Brust das Schulwappen draufgestickt hatte. Er hatte einen eingenähten weissen Kragen, sodass er zum Rock passte. An wärmere Tage konnte man sich an einem Pullunder bedienen, der mit verschiedenen Grüntönen schräg kariert war und von weissen Linien durchzogen wurde. Auch hier war wieder das Schulwappen draufgestickt.
Ich musste wirklich sagen, dass die Uniform mir gefiel. In meinen Händen fühlte sich der Stoff ganz angenehm zu tragen an.

Ich legte mir alles für heute aufs Bett bereit, zog mir dann aber irgendwelche Jogginghosen und irgendein Oberteil an, da wir gleich noch Frühstück essen gingen und so wie ich mich kannte, würde ich meine Uniform da schon vollkleckern.

Kurz darauf kam Emma aus dem Bad und es war eindeutig zu sehen, dass sie mehr Wert auf ihr Aussehen legte als ich. Sie hatte sich geschminkt und ihre Haare gemacht. Auch sie trug noch nicht ihre Schuluniform, sondern normale alltags Klamotten. Im Gegensatz zu meinen sahen sie jedoch nicht aus, als ob sie die blind aus dem Schrank geholt hatte, sondern eher so, als ob sie sich seit Tagen Gedanken darüber gemacht hätte, was sie sich anziehen soll.
"Gehen wir?", fragte ich schliesslich. Sie nickte und so machten wir uns zum ersten Mal gemeinsam auf den Weg zum Frühstück in den Speisesaal.

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