FÜNF

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•Jana•

Ich hatte es geschafft! Der erste Schultag war überstanden und ich konnte nicht sagen, wie froh ich darüber bin. Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, wie sehr ich ihn ersorgt hatte. Ich habe förmlich gespürt, wie mir eine Last von den Schultern gefallen ist, als ich gemeinsam mit Emma und Amélie das Schulgelände hinter mir gelassen habe.

Ich lag in meinem Bett, starrte an die Decke und fühlte mich so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, wann ich in meinem Leben zuletzt so glücklich war. Aber im Moment konnte absolut nichts meine Stimmung trüben. Nicht einmal der Gedanke an diesen Vollidioten. Ganz im Gegenteil, er machte mich beinahe noch glücklicher, da dieser Gedanke Rache planen bedeutet! Ich liess mir ganz sicher nicht einfach so einen Radiergummi von irgend einem Idiot an den Kopf werfen und diesen dann ungestraft davon kommen! Ich hatte vollkommen ernst gemeint, was ich zu ihm gesagt hatte. Meine Rache wird süsser werden! Allerdings wusste ich noch nicht genau wie. Vielleicht würde ich meine eigene Aussage Wort wörtlich nehmen... Wäre bestimmt auch lustig.

Aber diese Gedanken konnten jetzt noch warten. Ich werde ihn noch ein bisschen zappeln lassen und dann angreifen, wann er mit einem Angriff nicht mehr rechnete. Tja, man sollte das Überraschungsmoment immer auf seine Seite holen. Vielleicht sollte ich ihm diesen Tipp mal geben, denn mit seinem Angriff hatte ich sowas von gerechnet. Womit ich aber nicht gerechnet habe, ist, dass er Deutsch kann. Klar, ich kannte ihn nicht, aber trotzdem, das war das Letzte, womit ich gerechnet habe. Aber umso besser, so konnte ich ihn um einiges leichter beleidigen. Wir werden schon noch sehen, wer als Verlierer ausgehen wird. Ich nämlich ganz sicher nicht!

Ich setzte mich auf und sah zu Emma hinüber. Sie war immer noch mit ihrem Telefon beschäftigt. Es war mir ein Rätsel, was sie da die ganze Zeit machte. Als wir zurück gekommen sind, habe ich auch kurz gecheckt, ob mir jemand geschrieben hatte, aber wie erwartet hatte ich keine neuen Nachrichten. Von wem auch? Danach hatte ich mein Handy wieder weggelegt, da ich nicht wusste, was ich damit sonst machen sollte. Ich weiss, dass mich das zu einer Aussenseiterin machte, aber ich hatte weder Spiele auf meinem Handy, noch hatte ich irgendwelche Social Media Accounts. Ich wusste nicht, was mir das bringen sollte und da Emma anscheinend für die nächste Zeit beschäftigt zu sein schien, stand ich auf und schnappte mir meine Jacke. "Ich gehe ein bisschen spazieren. Kommst du auch?" Einen Versuch konnte ich ruhig mal starten. "Ja, gleich. Gib mir zwei Minuten."

Bis sie dann schliesslich so weit war, vergingen zwar eher zehn als zwei Minuten, aber wir machten uns dann trotzdem auf den Weg. Eine Weile gingen wir stillschweigend nebeneinander her, bis Emma irgendwann die Stille zerbrach: "Und", fragte sie, "wie gefällts dir so?" "Gut." Meine Antwort fiel ziemlich knapp aus, aber ich wusste sonst nicht was ich sagen sollte, zumal sie mich gerade mitten aus meine eigenen Gedanken gerissen hatte. "Gut? Trotz Jassim?" "Jassim?" Namen waren eindeutig nicht mein Ding. Ich hatte keine Ahnung wer sie damit meinen sollte. Gut, ich hatte meine Vermutung, aber ich war mir ziemlich sicher, dass der anders geheissen hatte. "Du weisst schon, dein neuer Freund", antwortete sie mir grinsen. Ich starrte sie immer noch verständnislos an: "Ich habe keinen neuen Freund." "Gott, Jana", stöhnte sie genervt, "Hast du noch nie was von Ironie gehört? Ich meine damit diesen Vollidiot, dessen Hobby es ist, dich zu nerven." "Der heisst Jassim?!" "Ja tut er. Sag mir jetzt nicht, dass du das nicht mitbekommen hast. Dieser Name ist ungefähr alle fünf Minuten irgendwo gefallen." "Jetzt wo du's sagst", murmelte ich, "Namen sind halt nicht so mein Ding. Aber ja, es war trotz ihm ein schöner Tag. Ich mag die Schule und die Leute scheinen sympathisch zu sein, bis auf ein paar Ausnahmen." "Sehe ich auch so, aber er ist schon irgendwie heiss, oder? Da musst du mir trotzdem, dass er ein Vollpfosten ist, zustimmen." "Dieser Idiot? Weiss jetzt nicht so. Aber auch wenn, so würde ich das ganz sicher nicht ausdrücken. Der ist auch so schon genug eigebildet und hält sich für einen König!", schnaubte ich. "Es scheint so, als ob er auch sowas ist wie ein König. Jedenfalls in der Schule." Da hatte sie schon recht, aber ich gehöre eindeutig nicht zu seinen Untertanen, die ihm alles durchgehen lassen oder ihn sogar anschmachteten. Weder jetzt noch irgendwann!

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