Elf Jahre später...
Nero saß auf einer Sitzgelegenheit auf dem großen Hof des Palastes und schaute nach oben zur Wasseroberfläche, die weit entfernt war. Seine Haare leuchteten im Licht und sein weißes Oberteil schmiegte sich wie eine zweite Haut an seinen Körper.
Er hörte Schwanzschläge und sah, wie sich seine Mutter – die Königin – im grazil näherte. Sie hatte ebenfalls langes blondes Haar, das sie zu einem Zopf geflochten hatte. Sie trug ein langes rotes Gewand und auf ihrem Kopf saß eine Krone aus schwarzem Seestein. Sie setzte sich neben ihren Sohn und streckte ihre Flosse nach vorne, die in denselben Farben schimmerten wie Neros. Neros Flosse übertraf die ihre nun in der Länge, ein Zeichen, dass er endlich ein Mann geworden war.
„Mein Sohn", begann sie mit ihrer lieblichen Stimme, die ihr Volk immer wieder verzauberte. „Dein Vater und ich denken, dass es an der Zeit ist, dass du dir eine Gefährtin suchst."
Bei diesen Worten schaute der Prinz überrascht auf, denn damit hatte er nicht gerechnet. In all den Jahren hatte er für keine Person Interesse verspürt oder das Bedürfnis, körperliche Nähe mit jemandem zu teilen. Niemand hatte es bisher in das Herz des Prinzen geschafft und langsam machten sich seine Eltern sorgen, denn seit dem Vorfall vor elf Jahren, hatte Nero sein Herz verschlossen.
Sanft fuhr sie über die Wange ihres Sohnes. „Wenn du niemanden in dein Herz lässt, wird sich die Einsamkeit dort einnisten", sagte sie.
Nero ergriff ihre Hand und zog sie sanft fort. Ich kann es nicht. Er würde niemandem mehr hineinlassen, denn die Gefahr war zu groß, dass er diese Person verlor. Nie wieder will ich einen solchen Schmerz spüren. Doch er wusste auch, dass er heiraten musste, bevor er den Thron besteigen konnte. Dafür muss man jedoch nicht lieben. Er musste lediglich seine Pflicht erfüllen.
„Ich werde darüber nachdenken", sagte er und erhob sich. Ohne ein weiteres Wort schwamm er davon.
Traurig schaute sie ihrem Sohn nach. Damals hatte er nicht nur sein Herz verschlossen, er hatte auch seine Stimme und das Leuchten in den Augen verloren. Seit diesem Tag hatte er nicht mehr gesungen, was viele betrübte. Ich bete zu den Göttern, dass jemand diese Mauern um dich einreißen wird. Seufzend erhob sie sich und schwamm zu ihrem Ehemann.
Als Nero sein Zimmer betrat, schwamm er zu dem kleinen Balkon, welcher an dieses anschloss. Dort setzte er sich in die bequeme Steinkuhle und schloss die Augen. Doch er öffnete sie sofort, denn er sah etwas an seinem Geländer hängen. Schon wieder. Sanft zog er die Papierrolle, die dort befestigt war, ab und entrollte dieses. Zum Vorschein kam ein selbstgezeichnetes Bild von ihm, wie er auf dem Balkon lag, ein zufriedenes Lächeln in seinem Gesicht. Darunter die Worte:
Dein Lächeln strahlt heller als jeder Sonnenstrahl und erwärmt das kalte Herz, das zu schlafen droht. Schenk diesem Herzen das Lächeln, welches die Kälte vertreibt.
Sanft strich er über die Zeichnung und Worte. Wieder kein Name. Diese Zeichnungen erhielt er nun seit Monaten in unregelmäßigen Abständen. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, denn er spürte die Zuneigung, die dieses Bild ausdrückte. Die Worte wärmten sein Herz und vertrieb die Dunkelheit in ihm für einen Moment.
Ich wünschte, du würdest dich mir offenbaren. Seit dem ersten Bild hatten sich Gefühle der Zuneigung für den Künstler entwickelt, auch wenn er nicht wusste, wie er ihn unerkannt zeichnen konnte. Er glaubte, es war ein Person, die im Palast arbeitete, doch niemand hatte sich ihm genähert. Sie sieht mich, nicht den zukünftigen König.
Mit einer fließenden Bewegung erhob er sich und ging nach innen, um diesen Schatz zu den anderen zu legen, in einer Truhe, wo sie sicher verwahrt waren. Werde ich dich jemals kennenlernen?
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Symphonie des Meeres
Short StoryEinst waren Kanja und Nero unzertrennlich. Gemeinsam sind die beiden Meerjungen durch die Riffe des Königreiches geschwommen. Eines Tages wird der kleine Prinz jedoch angegriffen und verliert mit seinem besten Freund auch sein Strahlen. Jahre später...