Per Zufall Glück - Kapitel 1

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„Mich hat heute jemand geküsst."

Jason schaute zu seinem besten Freund. Nicht die Wahrheit. Er konnte das Glück in den Augen von Alec sehen. Gott sei Dank. Endlich. Erleichterung durchströmte Jason, denn vielleicht würde sein Freund endlich das Trauma überwinden und endlich glücklich werden.

Leider wusste Alec nicht, wer der unbekannte Kussräuber war. Sie fanden dank Phil zum Glück schnell heraus, dass dieser Kian hieß, doch wo dieser wohnte und wie sie ihn finden konnten, blieb offen. Auch wenn Phils Vorschlag seine „Ich-denke-nicht-nach"-Eigenschaft hervorragend repräsentierte, so war es eine gute Idee.

Sie trafen sich am Samstagabend vor dem Kitty – eine Schwulenbar und beliebter Treffpunkt für gleichgeschlechtliche Paare. Was seine Jungs bisher nicht wussten, das war sein Jagdgebiet. Er kam regelmäßig her. Wenn sie ihn nicht finden, habe ich wenigstens einen schönen Abend.

Jason war ein Jäger. Er liebte es seine Beute anzuvisieren, zu jagen und anschließend zu vernaschen. Seine Partner waren immer mit einem Lächeln aus seinem Bett verschwunden. Bevor sie eintraten, fuhr er sich nochmals durch seine gestuften blonden Haare und zog sein schwarzes Hemd gerade.

Gemeinsam betraten Alec, Jason und Phil die Bar. Das Ambiente war wirklich angenehm und die Ausstattung modern. Eine schöne helle Bar mit viel Auswahl und Barhockern. „Wieso hast du uns nie mitgenommen, J?", fragte sein bester Freund.

„Ich nehm euch doch nicht in mein Jagdgebiet. Nachher schnappt ihr mir meine Beute weg", erwiderte er mit einer dramatischen Geste, doch das Grinsen verriet ihn. Dass er schwul war, wussten die beiden schon seit er mit sechszehn seinem Coming Out bei ihnen hatte. Beide hatten nur mit den Schultern gezuckt und sie hatten weitergezockt. Beste Freunde eben.

Alec klopfte ihm auf die Schulter und ließ seinen Blick schweifen. Hoffentlich findet er den Zwerg. Tatsächlich lief sein Freund plötzlich los und hielt an einem Tisch. Treffer? So viel Glück konnte man doch nicht haben. Doch es war eine Tatsache – vor ihnen saß der junge Mann vom Bild, Kian Kimmings.

Jason und Phil schauten Alec nach, der seinen Kussräuber aus der Bar entführte. Dann fiel ihr Blick auf den jungen Mann, der mit dem Entführten am Tisch gesessen hatte. Jasons Augen blieben an diesem hängen, fuhren über dessen Silhouette. Hellbraune, leicht verwuschelte Haare, die ihn an das glänzende Braun von Kastanien erinnerten, und warme, dunkelbraune Augen. Weiche Gesichtszüge und zwei Lippen, die ihn an Rosenblätter erinnerten. Er war so groß wie er selbst und verdammt, es sah süß aus. Leichte Sommersprossen waren unter seinen Augen erkennbar, die Jason reizten.

Unverblümt setzte er sich auf den freigewordenen Platz und Phil neben ihn auf einen weiteren Stuhl. „Alles gut, er hat ihn nur kurz entführt. Sie reden nur."

„Und einem Fremden soll ich das glauben?", erwiderte Shawn sarkastisch. Der Blonde hielt ihn jedoch ab aufzustehen.

„Glaub mir, Alec sucht ihn nun schon seit Tagen. Lass den beiden die Zweisamkeit, sie haben einiges zu klären. Mein Name ist Jason und Häschen, du bist genau meine Kragenweite."

Überrascht schaute Shawn den Mann an. Oh Gott.

Jason konnte sehen, wie der junge Mann ihm gegenüber den Blick scheu senkte. Verdammte Axt, hat dich der Teufel geschickt? Dieses Häschen hatte gerade den Jäger geweckt und verdammt wollte er sein, wenn er den kleinen Hoppelmann nicht einfing und unterwarf.

„Shawn", hörte er die süße Stimme, die nun leiser war.

Shawn, passend. Er mochte den Namen und ein Lächeln umspielte seine Lippen.

Wieso schaut er mich so an? Die blauen Augen bohrten sich in Shawns und er schaute wieder weg. Es war lange her, dass ihn jemand so angesehen hatte. Unangenehme Erinnerungen kamen hoch und er spielte nervös mit seinen Fingern.

Jason fragte ihn allgemeine Dinge, die er kurz beantwortete. Immer wieder schaute er auf sein Handy, machte sich Sorgen um seinen Freund, der immer noch nicht da war. Ki, wo bleibst du? Glücklicherweise öffnete sich die Tür zur Bar und sein bester Freund kam herein, direkt hinter ihm der Braunhaarige, der ihn entführt hatte. Beide schienen glücklich zu sein.

Jason und der andere rutschten zur Seite und sie holten einen weiteren Stuhl, um sich zu setzen. „Wir haben gesprochen und uns entschlossen, auszugehen", sagte Alec und sein bester Freund boxte ihm lachend gegen die Schulter.

„Nice."

Shawn schaute zu Kian, der nur mit einem leichten Lächeln nickte. Ob das gut geht...

Abends lag Shawn noch lange wach. „Jason." Er sagte den Namen, schaute zu seiner Wand. Die Augen ließen ihm keine Ruhe. Unruhig drehte er sich auf die Seite. Er war nun schon seit einem Jahr single. Seine letzte Beziehung war in einer Katastrophe geendet. Nicht nur Kian ist an ein Arschloch geraten.

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Jason stand vor dem Tisch und rührte die Sahne. Er gab frische Erdbeeren hinein und gepresste Kiwi. Süß mit einem sauren Abgang. Die Farbe war in einem Rosé, so wie die Lippen des Häschens, das er vor einem Monat im Kitty getroffen. Diese Lippen würde ich nur zu gerne vernaschen. Die Sahne kam auf einen runden hellen Boden und eine Himbeerglasur darüber. Perfekt.

Er nahm seine Kreation und ging aus seiner Backstube in den Verkaufsraum. Der helle Raum seiner Konditorei öffnete sich. Durch die großen Fenster fiel das Licht und traf auf die Wände mit dem himmelblauen Muster mit orangenen Punkten. Er trat hinter die Verkaufstheke, in der zahlreiche seiner Kreationen ausgestellt waren und mehr als Zustimmung bei den Kunden fanden. Hier gab es Kuchen und Kaffee bzw. Tee – mehr nicht. Die Leute sollten seine Kreationen genießen, denn jede war etwas Besonderes.

Vor drei Jahren hatte er das Café von seinem Opa übernommen und etwas umgestaltet. Die ursprüngliche Idee war immer noch vorhanden, doch der Raum war etwas moderner. Alles, was er kreierte, hatte er von seinem Opa gelernt und hatte nun vor zwei Monaten auch den Konditormeister gemacht. Zwei Angestellte bedienten die zahlreichen Kunden, die sich das Naschwerk abholten oder es in der Sonne genossen. Vor seiner Konditorei waren ebenfalls Stühle an der frischen Luft.

„Wie läuft's?", fragte er Emily, eine süße kleine Brünette mit Pauschbacken und einem netten Lächeln.

„Wie immer super. Wir bräuchten vom Schokoladentraum bald einen weiteren", erwiderte sie.

Jason nickte und stellte die drei runden Kuchen vor ihr ab. „Neue Kreation. Lass sie die Kunden probieren und hol dir das Feedback ein", sagte er und sie nickte. Immer, wenn er etwas Neues kreierte, gab es kleine Proben für die Kunden, die daraufhin ihre Meinung auf einen Zettel schreiben sollten. So erhielt er direktes ehrliches Feedback.

Per Zufall Liebe & Per Zufall GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt