#2 Dieser Wang halt!

12 4 0
                                    

,,Jiiii!", laut streckte sich Minho, bevor er niedergeschlagen seine Arme hängen ließ und sich zu mir an eine Steinmauer hinter unserem Schulgebäude setzte, wo ich schon sehnsüchtig auf ihn gewartet habe. Durch den Schwung, den er dabei draufhatte, entkam ihm ein kleiner Seufzer, der mich stark schlucken ließ. Zusätzlich stieg mir sofort sein Geruch in die Nase, der mir verriet, dass er sich gerade nochmal Deo aufgetragen haben muss. Denn diesen Geruch kannte ich nur zu gut. Nicht nur, weil ich so oft von ihm umgeben bin, sondern weil ich mir das Gleiche gekauft habe, dass ich jedoch nie draußen trage. Der Grund, warum ich es besitze ist ausschließlich der, weil es Tage gibt, wo ich ihn so sehr vermisse, dass ich mich der Einbildung hingebe, er wäre bei mir. Natürlich riecht es nicht exakt gleich, wenn ich es lediglich in meinem Zimmer oder auf meine eigene Kleidung sprühe, aber wenigstens spendet es einen kleinen Trost. ,,Ich glaube aus unserem Geschäft wird nichts.", entmutigt ließ er den Kopf zur Seite hängen und schaute mir somit direkt in die Augen, was ich sofort unterband, indem ich meinen Blick auf etwas anderes richtete.

Meine Augen wanderten zu seinen Händen, die er locker im Schoß liegen hatte, während seine Beine lang ausgestreckt waren. Ich hingegen saß im Schneidersitz, in den Händen meine Kamera, bereit für einen Auftrag. Minho, der es durch die knallende Sommersonne schwer hatte in meine Richtung zu schauen, konnte bisher aber leider nicht einen Auftrag ranziehen, obwohl er schon seit zwei Wochen unsere Mitschüler ausfragt. Darum hatten wir für heute unsere Deadline gesetzt und uns gesagt, dass wenn wir bis heute nichts finden, wir die Idee verwerfen. Aus dem Grund war er auch so niedergeschlagen, weil er wusste, was der heutige Tag bedeutet.

,,Tja dann müssen wir wohl-", fing ich gerade einen Satz an, wurde jedoch von einem Mädchen aus unserer Parallelklasse unterbrochen. ,,Hey ehm... ihr seid Minho und Han, richtig?", wir beide nickten stumm und waren froh über den Schatten, den das Mädchen spendete, das immer näher auf uns zukam. ,,Ihr schießt Fotos... richtig?", wieder folgte von uns ein Nicken, wonach wir uns ein Lächeln verkneifen mussten, was unglaublich schwer für uns beide war. ,,Ich würde gern ein schießen lassen...", mein Lächeln konnte ich nicht mehr verbergen. Wir haben endlich einen Auftrag!

,,Das kostet aber was.", grätschte Minho sofort dazwischen, was diesmal sie nicken ließ. ,, Ist euch die Person egal?", wir beide schauten uns auf die Frage hin kurz an, weil wir ehrlicherweise noch nie darüber gesprochen haben. Bisher sind wir beide stumm davon ausgegangen, dass bestimmt irgendwer einen Crush an der Schule haben wird, eben ein Mitschüler. Wen also will sie fotografieren lassen? ,,Ja, ist es!", diesmal war ich derjenige, der das Wort erhob, womit ich Minho keine Meinung ließ. Schüchtern spielte das Mädchen vor uns mit den Fingern und schien sich plötzlich nicht mehr sicher zu sein. Bestimmt lag es daran, dass ich und Minho erst zögerten. Mist! ,,Na sag, wer ist es? Wir halten das absolut geheim, also brauchst du dir keine Sorgen machen.", in ihrem Blick zeichnete sich Enttäuschung ab, was wir zunächst nicht ganz verstanden, bis sie uns in ihre Gedanken einweihte. ,,Also wenn ich wissen will, ob wer ein Foto von mir wollte, dann sagt ihr mir das nicht?", ich schüttelte den Kopf, spürte jedoch plötzlich eine Hand auf meiner Schulter. ,,Können Han und ich kurz alleine reden. Zwei Minuten nur.", ,,Klar!", damit verschwand sie, war jedoch nicht aus unserer Reichweite. Um uns zu zeigen, dass sie wirklich nichts mitbekommen, hielt sie Kopfhörer hoch, die sie sich im Anschluss in ihre Ohren streckte. Minho winkte ab, eher er mich an meiner Schulter zu sich drehte. ,,Han. Nur mal so aus Spaß gesponnen...", da war er wieder, der Unfug in seinem klugen Köpfchen.

,,Stell mal vor, wir würden auch Infos verkaufen. Also, zum Beispiel das, was Aeri eben gefragt hat. Dann könnten wir noch mehr Geld verdienen!", obwohl er enthusiastisch klang, überzeugte er mich nicht ganz. Würden wir Informationen verkaufen, dann würde das doch auch eine Unsicherheit bei den Kunden schüren, oder nicht?

,,Naja, stimmt...", angestrengt fing er an nachzudenken, wonach er meinte, dass wir einfach lügen könnten. Wir könnten behaupten, dass sei eine einmalige Sache und dass wir eine Ausnahme machen würden. Aber auch damit stimmte er mich nicht zu einer Zusage. Schnell lag jedoch schon die nächste Idee parat, die mich lächeln und nicken ließ, wonach wir dem Mädchen, was scheinbar Aeri heißt, zu verstehen gaben, dass sie zu uns kam.

,,Also.", räusperte er sich zunächst, womit er ihre volle Aufmerksamkeit hatte. ,,Wir geben auch Infos raus. Aaaber, dafür fotografieren wir die Geldübergabe, als Sicherheit, dass du niemanden verrätst das und woher du die Infos hast. Klar?", damit wäre abgesichert, dass wir etwas gegen sie in der Hand hätten, sollte sie uns in Schwierigkeiten bringen. Denn das könnten wir damit auch. Aeri war das auch sofort bewusst, weswegen sie zögerte, dann aber doch auch diese Dienstleistung in Anspruch nehmen wollte. ,,Also, ihr kennt doch diesen chinesischen Referendar, richtig?", ,,Wang?", erwiderte ich sofort, wonach sie zu strahlen anfing. Scheinbar war da jemand in einen zukünftigen Lehrer verknallt. Wow.

,,Also von dem hätte ich gern ein Foto. Am besten nach dem Sportunterricht. Weil, naja ihr wisst schon!", ihr Gesicht färbte sich knallrot, was mich und Minho frech grinsen ließ. Wir wussten ganz genau, wieso sie wollte, dass wir das Foto ausgerechnet nach dem Sport schießen. Besonders ich wusste es ganz genau. Glücklicherweise hatte ich das Privileg so ein Foto von meinem Crush schon zu besitzen. Durch meinen verstauchten Knöchel musste ich auf der Bank in der Halle sitzen, wo ich ab und an, wenn der Lehrer etwas unaufmerksam war, an meinem Handy gehangen habe. Dabei war ich aber nicht auf Instagram, Whatsapp oder so einen langweiligen Mist, sondern auf meiner Fotoapp, die mir ein paar wunderschöne Shots von Minho bescherten. An dem Tag spielten wir Baskettball und da es gerade am Anfang der Sommersaison war und die Klimaanlage nie funktioniert, herrschte in der Halle eine Bullenhitze. Zum Nachteil für meine Klasse, für mich jedoch zum klaren Vorteil. Nun habe ich ein Bild von Minho, mit tropfenden Haaren, in einem nassen aber lockeren Tanktop, das durch den Schweiß an markanten Stellen seines Körpers klebte und- ,,Klar, das finden wir safe auch raus. Aber das kostet nicht wenig.", verwirrt wechselte ich den Blick von ihr zu ihm und fragte mich, was ich denn bitte verpasst habe.

Was sollen wir herausfinden?

,,Alles klar. Schreib mir einfach bei Insta, wenn ihr alles habt, okay? Das wäre dann-", während ich in meiner Erinnerung kramte und versuchte herauszubekommen, was eben an mir vorbeigegangen war, klärten die Beiden noch die letzten Einzelheiten. Stumm beobachteten wir wie sie sich joggend und total glücklich von uns entfernte, wonach auch wir unseren freudigen Ausbruch auslebten. ,,Der erste Auftrag!", brüllte mich Minho regelrecht an, der mir spielerisch mehrfach auf mein Bein schlug. ,,Au! Kein Grund mich zu schlagen!", damit protestierte ich gegen die Berührung, die ich ehrlicherweise genossen hatte. Etwas zu sehr, weswegen ich wollte, dass er aufhört. Doch das tat er nicht. Stattdessen legte er einen Arm um mich, damit er mich durchschütteln und etwas zu sich ziehen konnte. Direkt stieg mir der leichte Schweißgeruch in die Nase, den er zuvor versucht hat mit Deo zu überdecken, was nicht gänzlich funktionierte. Zu meinem Glück, denn ich liebe seinen Körpergeruch. Trotzdem drückte ich ihn weg, weil ich diese Nähe nicht ertragen konnte.

Es war ein Teufelskreis, indem ich mich fast täglich befand.

Kommt er mir zu nahe, spüre ich, wie es mein Herz regelrecht erdrückt. Bleibt er fern, reißt er es auseinander. Minho ist wie eine persönliche Droge, von der ich nie gekostet habe, aber trotzdem einfach nicht loskomme. Ich genieße seine Wärme, seine Nähe, seinen Körper. Seinen Atem auf meiner Haut, wenn er mir etwas ins Ohr flüstert und seine Stimme, die dann so verführerisch klingt und mir ewig im Kopf umhergeistert. Aber genau dieser Genuss ist es, der mir so viel Schmerz bereitet. Es fühlt sich an, als würde ich ein Gift trinken, das mich langsam zerfrisst, jedoch verboten gut schmeckt. Minho ist die goldene Frucht, von der ich nicht naschen darf, da sie mich zu viel kosten würde. Denn würde ich versuchen von ihr zu naschen würde ich mit Sicherheit den größten Preis bezahlen. Ich würde verlieren, was mir am meisten lieb ist.

Lee Minho.

,,Freust du dich denn gar nicht?", meine Gedanken trugen mich wieder in ein Land, das so weit entfernt ist, dass ich das Hier und Jetzt total vergessen habe. ,,Doch klar!", künstlich setzte ich ein Lächeln auf, das gut genug geschauspielert war, als dass er es mir abkaufte. ,,Aber krass, dass Aeri was von dem Wang will. Ich dachte die steht mehr auf die süßen Jungs.", da war es wieder, dieses Gefühl, was ich schon vorhin einmal hatte. Im Gegensatz zu mir kannte er ihren Namen, was an sich nichts Ungewöhnliches ist, da sie in unsere Nebenklasse geht, mich aber nicht weniger eifersüchtig sein ließ. ,,Ach, ist das so?", meine Stimme klang vorwurfsvoll, was ich direkt bereute und darum überspielte. Ich machte ein Gesicht, dass Minho nur allzu gut von mir kannte. Meine Wangen plusterte ich auf und spitzte dabei leicht den Mund, während ich meine Augen etwas weiter aufmachte. Der Blick ist vielleicht niedlich, im richtigen Moment aber auch etwas mit Spott gleichzusetzen. ,,Ja, ist so.", damit piekte er mir mit einer Hand in beide Wangen, was mich die Luft stark auspusten ließ. ,,Du kannst also aufhören sü-", seine Worte wurden von dem lauten und penetranten Klingeln der Schulglocke unterbrochen, was mich ärgert.

Was wollte er gerade bitte sagen?!

Schenk mir doch Bitte ein Foto!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt