•𝑲𝒂𝒑𝒊𝒕𝒆𝒍 24°

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"Was hast du da?" Erschrocken, wie ich war, entglitt mir das Foto aus den Händen. Es zerbrach in winzige Teile, die sich über die gesamte Treppe verteilten.

Die volle Aufmerksamkeit richtete sich auf mich, während ich mich mit geweiteten Augen zu Ian drehte und gleichzeitig die ganze Gruppe am Treppenabsatz stand. "Ich habe das Bild genauer betrachtet und bin erschrocken, als du plötzlich hinter mir standest. Es tut mir leid." Ich bückte mich, um die vereinzelten Scherben aufzuheben.

"Lass mich das übernehmen. Du trägst keine Schuhe." Dabei schob er mich beiseite. "Das Bild war sowieso nichts besonders ansprechend." Lächelnd sah er mich an, doch der Groll in mir verstärkte sich.

Die anderen kümmerten sich um die Scherben am Ende der Treppe, dennoch als ich bemerkte, wie Daniel das Foto in den Händen hielt, hätte ich es am liebsten ihm entrissen. "Vorsicht." Ian hielt mich zurück, als ich beinahe auf eine große Scherbe trat.

Als Daniel vom Bild abließ und die Treppe zu mir hinab schaute, wusste er Bescheid. Er zeigte keine Emotionen, außer seinem leeren Blick. Meine Königin war gerade endgültig vom Schachbrett gefallen.

Meine Augen füllten sich langsam mit Tränen, die ich stark unterdrückte. "Stehst du nur so dumm da?" Maulte Pablo seinen Cousin an, der das Bild beiseite legte.

Nachdem alle Scherben entsorgt waren, trafen wir auf die anderen. "Ich kann euch das ersetzen." Die Unannehmlichkeiten waren spürbar. "Nein, das ist nicht nötig. Ob eins mehr oder weniger hängt, ist sowieso egal", meinte Amira, als wir uns alle am gedeckten Frühstückstisch versammelten.

Immer wieder bemerkte ich Daniels Blicke, während wir frühstückten. "In der Nähe ist ein angesagter Club. Vielleicht sollten wir vorbeischauen", schlug Miguel vor, der unsere Aufmerksamkeit bekam. Daniel schenkte ihm jedoch keine Beachtung, sondern sah mich immer wieder an, während er genüsslich seinen Kaffee trank.

"Vorbeischauen schadet nicht", stimmte Ian zu. "Ein Problem mit weiblichem Besuch habt ihr wohl nicht?" Lachte Alex auf, der einen ruckartigen Tritt von Amira erhielt. Sie sah ihn scharf an und wir taten es ihr gleich, als Amira sich verriet.

"Darf ich dich etwas fragen, Alex?" Er willigte ein und wir alle warteten auf die Frage von Miguel. "Schläfst du mit unserer Schwester?" Alex verschluckte fast seinen Kaffee, während Amira ihre Augen weitete. "Das geht euch nichts an!" Warf sie jedem aus ihrer Familie einen böswilligen Blick zu. Sogar Daniel, der seine Blicke von mir abwandte, betrachtete Amira und meinen Bruder skeptisch.

"Tut es so, dass ich es nicht mitbekomme", gab Daniel von sich. "Als ob du nicht mit Lucia schläfst und du der Engel der Familie wärst", lachte Pablo auf.

Der Morgen entwickelte sich zur reinsten Katastrophe und ich wünschte mir, mich im Badezimmer einschließen zu können. "Wir schlafen nicht miteinander", stellte ich klar. "Und weshalb habt ihr zwei Mal die Nacht in einem Schlafzimmer verbracht? Um Blümchen zu pflücken oder was?" Amüsiert sah Miguel mich an.

"Neidisch?" Konterte ich und beugte mich leicht über den Tisch, um Miguel anzusehen. "Nun ja-", begann er ernst, wobei Daniels stechender Blick von Ian unterstützt wurde.

"Ich werde dir meine Antwort irgendwann mitteilen, bevor dein Bruder und meine Familie mich umbringen", meinte Miguel und lächelte mich an. Miguel war anders als Daniel – machohaft und unreif. Zu stark erinnerte er mich an den Casanova aus der Vergangenheit.

"Wie steht es um den Plan für heute Abend?" Löste Amira die Spannung aus der Luft. Alle waren einverstanden, somit stand der Plan fest.

Nach dem Abräumen verschwand jeder in seinem Schlafzimmer, um der morgendlichen Routine nachzugehen. Die Nervosität stieg, während ich darüber nachdachte, wie Daniel das Foto betrachtet hatte.

Lucia VeleraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt