°𝑲𝒂𝒑𝒊𝒕𝒆𝒍 27•

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Die Fahrt verlief ruhig und ermüdend, dennoch lag eine spürbare Anspannung in der Luft. Alles preiszugeben würde bedeuten, zu versagen und den Plan zu verwerfen.

Daniel öffnete die Tür des Strandhauses und wir traten ein, verstummt und bewegten uns schweigend die Treppe hinauf.

Statt mein Gästezimmer zu betreten, folgte ich Daniel in seins. "Möchtest du dich umziehen oder reicht dir ein Shirt von mir?" Fragte er, während er vor seinem Kleiderschrank stand. "Ein Shirt genügt," betonte ich.

Er warf mir ein schwarzes Shirt zu, drehte sich dann weg und konnte mich umziehen. Nachdem ich fertig war, legte ich mich ins Bett und er tat es mir gleich.

Kurze Stille herrschte zwischen uns, bevor ich sie unterbrach. "Ich habe heute morgen gesehen, dass du mich auf dem Klassenfoto erkannt hast," sagte ich. Daniel fuhr sich durch die Haare. "Eigentlich war es mir schon bewusst, nachdem du einen Alptraum hattest und den Namen Valeria erwähnt hast. Ich wollte es nicht wahrhaben."

Zögerlich legte ich meinen Kopf gegen seine Schulter. "Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll," sagte ich, überlegte kurz und fuhr fort. "Mir war zunächst nicht bewusst, dass es sich um die Fernandes-Familie handelt. Ich traf Ian, als ich unbewusst in seinem Schlafzimmer schlief. Nach und nach fügte ich Puzzleteile zusammen und wurde mir bewusst, dass er es war. Davor wusste ich nicht, dass er eine Beziehung mit Valeria hatte. Doch als ich heute morgen das Klassenfoto in der Hand hielt, blieb mir die Spucke weg." Meine Augen richteten sich auf die warme Bettdecke, meine Stimme zittrig und brüchig.

"Daniel, dein Cousin hat mir zusammen mit Valeria Unmenschliches angetan. Ich verabscheue ihn und hasse ihn dafür, dass er mich zum Suizidversuch getrieben hat. Er soll den Schmerz durchleben, den ich ständig spüren musste." Dann flossen meine Tränen und versickerten in der Bettdecke.

Es war das erste Mal, dass ich ihn überfordert sah. "Ich kann deinen Schmerz zwar nicht nachempfinden, jedoch kann ich dich besser verstehen. Du musst allerdings auch verstehen, dass er mein Cousin ist." Mit Tränen in den Augen sah ich ihn an. Seine Augen verrieten, dass er mich nicht leiden sehen wollte.

"Auch wenn es sich seltsam anhört und ich dich nicht unterstützen möchte, würde es Ian mehr verletzen, wenn unsere Liebe zueinander verstärkt wird. Er hat Gefühle entwickelt, genau wie ich, aber letztendlich bekommt er nicht, wonach er sich sehnt. Eine hübsche und intelligente Frau, die manchmal nicht ihren Mund halten kann. Außerdem würdest du Valeria den Boden unter den Füßen wegziehen, wenn sie erfährt, dass Ian an dir interessiert ist." Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.

Die Tatsache, dass mein Gegner sich auf die Seite des Feindes stellte, überraschte mich. Die Königin der Schachfiguren wurde gerade vom Schachbrett eliminiert, sodass es Gleichstand war.

"Ich weiß nicht, was ich tun soll," sagte ich unsicher. "Es liegt in deinen Händen, für welchen Weg du dich entscheidest. Ich gebe dir die Möglichkeit, in die Gegenwart zu gelangen und etwas mit mir aufzubauen." Es war klar, dass es sich hier um doppeltes Karma handeln würde.

"Ich möchte nicht wieder verletzt werden," murmelte ich, als ich an die Vergangenheit des Casanovas dachte. Ich gab Daniel eine kurze Schilderung, um ihm meine Bedenken zu erklären.

"Ich erzähle dir mal etwas, Lucia. Ich bin 25 Jahre alt und habe nicht mal die Zeit dazu, jemanden zu verletzen. Wenn ich liebe, dann richtig oder gar nicht." Immer wieder strich er mir durch die Haare.

"Könntest du mir Zeit geben? Es ist im Moment alles zu viel." Er nickte. "Wenn du mir versprichst, dich von Ian fernzuhalten. Als er stolz darüber berichtete, wie du ihn verführen wolltest, ist mir fast der Kragen geplatzt." Er wurde strenger, was ich nachvollziehen konnte.

Lucia VeleraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt