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Es überlief mich heiß und kalt. Grundgütiger... Ich hatte mit Alex rumgeknutscht!
Ich... Hatte... Mit... Alex... Rumgeknutscht!!!
Das war's. Von dem heutigen Tag an gelobe ich ewige Abstinenz! Wie konnte das nur passieren? Und jetzt da mir dieses kleine Detail wieder eingefallen war, schien sich der ganze Nebel in meinem Kopf wie ein Schleier zu heben. Ich erinnerte mich an alles, was letzte Nacht passiert war! Ich würde ja gerne sagen, dass es nur ein süßer, kleiner, unschuldiger Kuss gewesen war... aaaaaaaber... nö!
Das war ein French Kiss vom feinsten. Und noch dazu ein langer... Und wo wir gerade beim Gestehen sind: es war nicht bei dem einem geblieben. Wir hatten bestimmt eine Stunde wie blutjunge Teenager rumgeknutscht und es war gut gewesen. So verdammt gut.
Mannomann.. dieser Soldat konnte vielleicht küssen!
Es hat nicht viel gefehlt und ich hätte ihn angefleht mich direkt auf dem Teppich durchzunehmen. Und jetzt fiel mir auch noch ein, was ich mit Malik gemacht hatte. Okay, da konnte ich mir ein breites Grinsen nicht verkneifen... und kramte direkt nach meinem Handy. Ich hoffte, dass mein kleiner Stiefbruder gleich rein marschieren würde und ... Bingo! Danke Universum!!
Da kam er auch schon. Leanders Kinnlade klappte auf dem Boden und Luke brach schallendes Gelächter aus. Ich konnte selbst bei Alex ein Schmunzeln in den Mundwinkeln sehen. Die nervtötende Quietschkugel drehte sofort eine Nummer höher und kreischte los, als würde sie es bezahlt bekommen.
„WIE KÖNNT IHR DARÜBER LACHEN? DIESES VERSCHISSENE MISTSTÜCK IST EINDEUTIG ZU WEIT GEGANGEN!!!!"
Schnell schoß ich ein Foto und zu Sicherheit noch ein zweites - man konnte ja nie wissen, wozu es gut war und zudem musste dieser Anblick eindeutig für die Nachwelt festgehalten werden! Obwohl die Hansons allesamt einen leichten, südländischen Einschlag hatten, ging Maliks Teint nun stark in Richtung solariumsüchtig. Allerdings beschränkte sich die neue Hautfarbe auf das Gesicht, Streifen seines Halses und die Handflächen.
Dass ich es im besoffenen Zustand geschafft hatte genug vom Selbstbräuner in seine Tagesgesichtscreme zu mischen war echt ne Leistung! Luke saß mittlerweile auf dem Couchtisch, Lachtränen benetzten seine Wangen und verfingen sich glitzernd in den Dreitagebart. Auch Leander gluckste vor sich hin, vermutlich heilfroh darüber, dass dieser Kelch an ihm vorüber gegangen war.
Alex presste die Lippen fest zusammen und warf mir einen Seitenblick zu... riiiiichtig... die eine Sache, die nicht mal seine geliebten Brüder ahnten... der gute Soldat, Kriegsheld und Hottie Nummer eins war mein Partner im Crime gewesen und hatte ausgesprochen hilfsbereit den Cremetiegel gehalten.
Mit einem engelsgleichen Lächeln schnappte ich mir ein Kissen und wünschte mir Popcorn für die Vorstellung, welche die Quietschkugel nun im ersten Akt darbot.
Heimlich aktivierte ich die Diktierfunktion meines Handys - verfrühtes Geburtstagsgeschenk für meine Ideengeberin Becca - und lehnte mich zurück.

Vorhang auf, Akt eins... Auftritt Glucke!

„Oh, mein armer Schatz!! Was kann ich denn nur tun? Warte, setz dich hin und ich hole... Ähm... irgendwas um das Zeug runterzubekommen!!!" Hektisch mit den kleinen Händen flatternd führte die Heulboje den Sonnenanbeter zu einem Sessel und breitete allen Ernstes eine Decke über seinen Beinen aus. „Komm ihm ja nicht zu nahe, du gemeingefährliche Geisteskranke!" zischte sie in meine Richtung und stürmte mit wehenden Haaren aus dem Wohnzimmer. Ich muss gestehen, allmählich begann ich Luke zu mögen, denn er gab sich alle Mühe, dieses Schmierentheater mit spannender musikalischer Begleitung zu untermalen und summte begeistert von Europe ‚the final countdown' was von Leander mit enthusiastischen Beatboxen begleitet wurde.

Vorhang auf, Akt zwei ... Drama, Baby, Drama!

Furie Tessa kehrte zurück. Mamas Nagellack Entferner, einen Waschlappen mit Seifenlauge und ein trockenes Handtuch in den Armen und fiel vor Malik auf die Knie. Die ganze Zeit über hatte der Blick des jüngsten Hanson nicht meine Augen losgelassen und selbst jetzt, als die Quietschkugel anfing an ihm herum zu reiben fixierte er mich weiterhin. Ich lächelte honigsüß und zwinkerte ihm freundschaftlich zu. Tessa wurde zunehmend hektischer als ihr klar wurde, dass das so wahrscheinlich nicht funktionieren würde.
„Das geht nicht ab," jammerte sie verzweifelt und sah mit tränenerfüllten Welpenaugen zu Malik auf. Der wechselte kurz einen Blick mit Alex, atmete tief durch und wandte sich dann an das Häuflein Elend zu seinen Füßen.
„Alles gut, Schatz... das wird schon wieder!"

Und Zack! Auftritt Furie
Zurück zu Akt eins, Teil zwei

„Das wird schon wieder? DAS WIRD SCHON WIEDER? Das ist ihre Schuld! Du hast mir selbst erzählt, dass die euch diese dämlichen Kleinkinderstreiche spielt."
Ach, sieh mal einer an... die kleine Dramaqueen war mir bösen Wesen auf der Spur! Oh, nein... jetzt war ich wohl fällig... so was aber auch... Tststs...
„Ok... war eine amüsante Vorstellung, aber ich bin mal raus. Hab ein Rendezvous mit einer Tasse heißer Schokolade zu dem ich bereits zu spät komme!"
Der Blick Tessas wurde abfällig und sie kräuselte spöttisch die Lippen.
„Vielleicht wär ein Fitnessstudio angebrachter, als dir eine weitere Kalorienbombe reinzuziehen. Sport schafft nicht nur ne knackige Figur, Bewegung klärt auch deinen Verstand. Eventuell würdest du dich dann auf eine funktionierende Beziehung konzentrieren können und müsstest deinen untervögelten Frust nicht an Unschuldigen auslassen. Wenn du dich bei deinem Ex genauso verhalten hast, hast du den Schlag, den er dir verpasst vermutlich verdient!"
Der saß!
Ich wurde schlagartig ernst und mir stieg die Galle hoch. Die Erinnerung brauste durch meinen Geist und fegte alle Empfindungen hinfort.

„TESSA!" bellte Alex, sprang von Sofa auf und war mit einem Schritt bei Maliks Freundin. Die presste sich sofort schutzsuchend an ihren Liebsten und sah ängstlich zu den Navy Seal hoch. Alex' Stimme wurde gefährlich leise, als er sagte: „Du wirst dich augenblicklich bei Juna entschuldigen. Wenn du es nicht tust, kannst du unser Haus verlassen und brauchst auch nicht wiederzukommen! Ist mir egal, ob du mit Malik zusammen bist. Juna gehört jetzt zur Familie und ich erwarte, dass du sie mit Respekt behandelst."
Sofort brauste die Oberzicke wieder auf und fauchte: „Respekt? SIE respektiert hier niemanden! SIE ist das Problem! Leanders Auto? Maliks Creme? Was kommt als nächstes? Wird sie euch das Haus anzünden, während ihr friedlich schlaft?"
Ich stand auf.
Nur nicht heulen! Nicht heulen, June... warte noch 5 Minuten, bis du im Auto sitzt wo dich niemand sieht...
Ruhig griff ich mir meine Handtasche und ging in Richtung Eingangshalle.
„Ja, das sieht dir ähnlich... verschwindest wenn du weißt, dass du im Unrecht bist!" schrie Tessa mir hinterher.
Betont langsam drehte ich mich um, musterte sie voller Abscheu und dann verließ ich das Hanson Anwesen.
Ich stieg in meine kleine Nuckelpinne und fuhr vom Hof, während mir die Tränen über die Wangen liefen.
Die Selbstzweifel waren wieder da... für ein paar Tage hatte ich mich stark und frei gefühlt. Doch jetzt? Jetzt lag mir ein Tonnengewicht auf der Brust und eine eisige Kälte breitete sich in meinen Adern aus.

Ich fuhr bis ich zu einem Parkplatz am Rande eines kleinen Parks kam, hielt an und stieg aus. Blind für die Schönheit um mich herum stapfte ich quer durch die Botanik und landete schließlich unter einer Trauerweide. Erschöpft setzte ich mich und vergrub mich... Ich würde ja gerne sagen, dass ich über den Gehörten stand, doch das tat ich eindeutig nicht.
Ganz im Gegenteil!
Ich heulte mir die Seele aus dem Leib und als ich nach einer Stunde damit fertig war, wusste ich, dass ich fliehen würde. Ich musste da raus, bevor etwas Schlimmes passierte. Mir selbst... denn auch wenn ich mich mit ein paar harmlosen Streichen rächen wollte, so könnte ich doch keinem der Jungs wirklich Schaden zufügen.
Langsam stand ich auf und ging zurück zu meinem Auto, ich fühlte mich seltsam betäubt und leer... und hoffte nur, dass dieses Gefühl noch eine Weile anhalten würde...
Ich wusste, dass man mir den Heulkrampf ansehen konnte... also musste ich schnell machen. Rein, Sachen raffen und raus.
Alles unterm Radar!
Meine Mama würde sehr enttäuscht sein, aber ich würde einfach einen Notfall bei Becca vorschieben... Mom hatte ja ihre tolle neue Familie. Sie brauchte nicht nicht...
Die Autos der Jungs waren da... Mist!
Soviel zu unterm Radar.
Ach, Scheiß drauf!
Ich öffnete so leise wie möglich die Tür und huschte die Treppe hoch in die trügerische Sicherheit meines Zimmers. Rasch schlüpfte ich hinein und lehnte mich aufatmend gegen die Wand. Ich gewährte mir ein paar Sekunden um mich zu sammeln, dann stieß ich mich ab und ging zum Schrank um mein Gepäck zusammenzusuchen.

„Willst du irgendwo hin, Juni?"
Die Pullover entglitten meinem Griff und entmutigt ließ ich die Schultern sinken.
‚Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe gehen lassen, Alex? Warum?' dachte ich müde.
Seine Präsenz hüllte mich ein, als er hinter mich trat und seine großen, warmen Hände über meine Schultern gleiten ließ und mich schließlich in die Arme zog.

Liebe auf Umwegen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt