Kapitel 22

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Kapitel 22

Marie rutschte wieder auf ihre Seite des Bettes, raus aus seiner Umarmung, drehte sich auf den Rücken, starrte an die Decke. Was hatte sie sich dabei gedacht? Das war nicht Felix. Nicht ihr Felix. Den Felix von früher gab es doch nicht mehr. Hatte es vielleicht nie gegeben. Was war da gewesen? Sehnsucht. Sehnsucht, Verlangen und sehr, sehr viel Dummheit. Gut, dass er sie aufgehalten hatte. In ihr zog sich alles zusammen und sie musste sich bemühen, einatmen zu können. Dann gelang es ihr. Dumm. Dumm auf so vielen Ebenen. Sie drehte den Kopf, sah Felix an. Gott, sie wäre fast über ihn hergefallen. Und früher... früher hätte er sie nicht davon abgehalten. Auf keinen Fall. Warum hatte er das gemacht? Gelegenheit. Hatte er nicht gesagt, dass er jede Gelegenheit genutzt hatte oder so ähnlich? Marie musste bitter lachen und wandte den Kopf wieder ab. „Klar, du hast lieber andere Frauen gefickt als mich. Und jetzt willst du gar nicht mehr. Weil ich null attraktiv für dich bin, ein ständig heulendes Wrack und überhaupt einfach... erbärmlich. Sorry deswegen. Und gut, dass du mich aufgehalten hast."

„Mann, Marie! So ist das nicht." Er hörte sich genervt an. Genervt, frustriert und irgendwie verletzt.

Sie drehte sich wieder zu ihm. Ihre Blicke trafen sich. Sie waren beide traurig. „Warum?", fragte Marie, so leise, dass sie es selbst kaum hörte. „Warum hast du die anderen Frauen gebraucht? Warum hast du das getan?"

„Weiß ich doch auch nicht", sagte er leise, und dann war zu erkennen, dass er die Zähne ganz fest zusammenbiss, sein ganzes Gesicht wirkte angespannt. „Gibt einfach keinen guten Grund", ergänzte er nach einer langen Stille.

Marie schaute wieder nach oben, an die weiße Zimmerdecke und musste schlucken. Irgendwas schien auf ihrer Brust zu legen. Sie atmete flach, zu flach. Als sie ihre Hände auf ihren Bauch legte, ging es sofort besser. Alles in Ordnung.

„Fühlst du dich nicht gut? Brauchst du was? Ich weiß, dass..."

„Dem Kleinen geht es gut", erklärte sie, ohne ihn anzusehen. Sie horchte in sich hinein und schloss die Augen. Manchmal glaubte sie, ihr Kind dann sehen zu können. Schemenhaft, ein Wesen in einer warmen, rötlichen Umgebung.

„Ich will wissen, wie es dir geht. Dir."

Marie öffnete die Augen wieder, ließ den Kopf zur Seite fallen, sodass sie Felix ansehen konnte. „Wenn ich das wüsste. Aber... offenbar ja nicht so gut. Es tut mir leid. Was eben passiert ist, meine ich. Was ich gesagt habe. Und was ich gemacht habe. Das war einfach nicht okay."

Er schüttelte den Kopf. „Was ist das, hm? Ich... ich will nicht, dass du so bist, so traurig und... wir wissen das beide, oder? Dass ich mit dir zusammen sein will. Und du aber auch mit mir. Oder?"

Sie sah ihm in die Augen, fast bereit, sich darin zu verlieren. Sie hatte ihm so vertraut. Mehr als jedem anderen Menschen auf der Welt. Sie wollte mit ihm zusammen sein, ja. Aber was er ihr vorhin erzählt hatte... Nein. Sie hatte es ja schon gewusst, wenn auch nicht mit den Details, die sie jetzt kannte. Auch wenn sie noch längst nicht alles wusste. Aber wozu auch? Vermutlich konnte er sich selbst nicht mehr an alle Details erinnern. „Wenn ich ne andere Frau gewesen wäre, hättest du mich wahrscheinlich jetzt gefickt, oder?" Sie sah, dass er ansetzte, um zu protestieren, aber sie beeilte sich, es weiter zu erklären: „Ich meine das nicht so. Ich will das nur verstehen. Das war doch ne Gelegenheit jetzt, oder? Und du meintest, du hast Gelegenheiten immer genutzt. Oder oft oder so."

„Ja." Seine Stirn war zerfurcht. „Aber... also ja, wenn ick Bock hätte und ne Frau hätte mir gefallen und mich so offensiv angemacht, dann... ja. Hätte ick wohl ausgenutzt dann, so ne Situation. Aber... also ich weiß ja, dass du gerade... weiß nicht. Is doch absurd, dass ick dich darüber wegtrösten soll, dass ick dich betrogen hab, oder?"

Quite Suddenly (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt