°𝑲𝒂𝒑𝒊𝒕𝒆𝒍 33•

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Zuallerletzt schlüpfte ich in ein Kleid, das nicht für den Alltag bestimmt war. Lange Zeit verweilte das altrosa Stück hinter geschlossenen Kleiderschränken. Es besaß Spitze und einen tiefen Ausschnitt - all das, worin ich mich vorerst gestreut hatte.

Mit einer anderen Facette setzte ich mich in Szene, ließ die gelockten Haare über meine Schultern fallen und trug passend dazu Lippenstift und dezentes Make-up. Ich wollte auffallen, Aufmerksamkeit erregen und Gespräche anregen - genau das, wovor ich mich zuvor geweigert hatte. Die kaltblütige Therapie, die ich für mich durchführte, erforderte Kraft und Mut, den ich in diesem Moment besaß.

Weiße, erhöhte Schuhe schmückten meine Füße und eine Clutch hing über meine Schulter, darin verstaute ich einen Schlüssel und mein Smartphone. Das zuvor bestellte Taxi wartete bereits vor dem Haus.

Gestylt tapste ich die Treppen hinab, während die Anspannung von mir abfiel. Zwar war ich spät dran, jedoch sagt man: das Beste kommt zum Schluss!

Im Dunkeln verließ ich das Haus und begab mich zum Taxi. Ich reichte dem Fahrer das passende Geld und gab ihm die Adresse, die ich zuvor auf Instagram herausgefunden hatte.

Der Taxifahrer war nicht sonderlich gesprächig, was ich nachvollziehen konnte. Schließlich gehörte auch ich zu den Personen, die meist nicht erfreut über Gespräche waren.

Auch wenn mein Herz drohte aus meiner Brust zu springen, bewahrte ich die Ruhe. Die Semesterfeier musste im vollen Gang sein, was durchaus amüsant werden könnte.

°•°•°•

Der Taxifahrer hielt auf der Straße an, als vor mir ein Anwesen auftauchte, in dem Menschen ein und aus gingen. "Hier müsste es sein," führte ich Selbstgespräche. "Ich warte solange hier, bis Sie drin sind. Es laufen auf der Straße einige Betrunkene rum," informierte mich der ältere Spanier, der mich vom Rückspiegel aus ansah.

"Danke," schenkte ich ihm ein Lächeln, stieg aus und richtete das kurze Kleid in seine Position. Hinter mir schloss ich die Tür und begab mich auf den Weg in das Anwesen.

Ein kurzer Blick über meine Schulter und schon betrat ich elegant das Anwesen, indem sich die Monster vom Lochnest aufhielten. Der Taxifahrer fuhr anschließend los und ich gelang immer weiter in die Richtung des Herzens.

Der Alkohol stach direkt in meine Nasennebenhöhlen, genauso wie die Enge der Menschenmasse gewöhnungsbedürftig war. Ich schlängelte mich hindurch, bis ich an einer großen schwarzen Tischplatte ankam und tief durchatmen musste.

Meine Augen hielt ich offen, doch von meinem Bruder und den Fernandes war keine Spur zu sehen. "Magst du etwas trinken?" Fragte der Mann, der mich nachdenklich bemerkte.

Es schien ein Barkeeper zu sein, woraufhin er mir einen Cocktail zubereitete. Zögernd und bedacht entnahm ich einen großen Schluck, nachdem er mir das Glas vor mich gestellt hatte.

"Bist du neu hier?" Fragte er mich interessiert, was ich bestätigte. "Kennst du die Fernandes-Familie?" Erkundigte ich mich, während er auflachen musste. "Natürlich! Die Frage ist, wer kennt sie nicht? Ich bin gut befreundet mit ihnen. Wieso fragst du?" Klar, ich vergaß, welche Reichweite die Familie besaß.

"Weißt du zufälligerweise, wo sie sich befinden?" Er hob die Braue und lehnte sich über die Theke. "Welchen Mann hast du von ihm im Blick?" Ich lachte auf. "Umgekehrt. Sie haben mich im Visier." Zwinkerte ich ihm zu, als ich das Glas leerte. "Ich verstehe, eine hübsche Frau, worin sich die Fernandes-Familie streiten. Was für ein seltener Anblick." Ich stimmte ihm zu und bat erneut um ein Glas, das er mir bescherte.

"Ich erzähle dir mal etwas: Ian Fernandes, den ich zutiefst verabscheue, genauso wie seine Ex-Freundin. Amüsierend hierbei ist, dass Daniel mit Valeria Sex hatte und somit Ian betrogen hat. Nicht zu vergessen, dass Daniel zur gleichen Zeit seine damalige Freundin betrogen hat. Eine sehr verzwickte Situation, nicht wahr?" Schmunzelte ich den unbekannten Barkeeper an.

Lucia VeleraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt