Kapitel 5

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POV Johanna:

Ich öffne meine Augen. Es dauert einen Moment, bis ich weiß, dass ich auf dem Schlafsofa bei Lea liege. Das Zimmer ist verdunkelt. Lediglich durch das Fenster über dem Schreibtisch fallen einzelne Sonnenstrahlen zu mir herein, die sich wiederum an der Wand über meinem Bett abwerfen.

An meinem Po spüre ich etwas Weiches. Klar eine Windel. Hatte Lea mir etwa eine angezogen? Ich will doch nicht mehr!

In meinem Mund steckt etwas, dass sich wie ein weicher Knebel anfühlt. Ich bin verwundert. Dann merke ich, dass ich mich im Bett nicht hinsetzen kann. Ich blicke an meinem Körper herunter und sehe, dass meine Arme und Beine mit festen rosa Stricken ans Bett gebunden sind.

Genervt stöhne ich durch den Knebel. Lea hat es wegen gestern getan. Sie hat Recht. Ich hätte nicht so aus der Haut fahren sollen.

Über der Windel trage ich noch ein Plastikhöschen, unter mir liegt ein Handtuch.

Ich habe Kopfschmerzen. Wenn ich jetzt spucken muss, würde ich vielleicht wegen dem Knebel daran ersticken. Mein nächstes Problem ist, dass ich nicht weiß, wann Lea wiederkommt. Sicher ist sie in der Uni, aber für wie lange?

Ruhig bleiben! Ich schließe die Augen und konzentriere mich darauf, ruhig zu atmen. Wie wird Lea reagieren, wenn sie wiederkommt? Wird sie böse sein? Werde ich weinen? Sie könnte praktisch alles Mögliche mit mir anstellen, während ich so hilflos daliege. Ich habe große Angst.

POV Lea:

Stricke tun weh. Ich wünsche es Johanna nicht, aber ich habe dennoch Sorge, dass sich solche Szenen wie gestern Abend wiederholen Ich möchte sie dann nicht mehr mit kratzigen Stricken fesseln, so durchforste ich in der U-Bahn das Internet nach Lederfesseln. Bestelle auch einen Ballknebel, da ich ihr zuletzt eine Tempo-Packung in den Mund gesteckt hatte.

POV: Johanna:

Eine Uhr hab ich nicht. Gefühlte Stunden später steht Lea aber in der Tür und lächelt.

Ich verhalte mich ruhig, aber meine Gedanken rasen. Ich bin verunsichert.

„Na?"

Lea kommt auf mich zu. Ich beginne zu zappeln. „Ganz entspannt. Ich tu dir absolut nichts. Möchte nur mit dir reden." Sie setzt sich auf die Bettkante und nimmt meine Hand. Ich beginne zu weinen.

„Hey.", sagt Lea einfühlsam und entfernt meinen Knebel. „Hab keine Angst."

Ich atme schwer. „Entschuldigung."

Sie antwortet nicht darauf, sondern beginnt zu erzählen: „Es war wegen deinen Eltern, oder?"

Ich nicke stumm.

„Weißt du... Wut zu haben ist okay. Und sie raus lassen ist okay. Manchmal muss man dann auch was kaputt schlagen. Auch das ist okay. Aber sobald man sich oder andere dabei verletzt, kommt eine Grenze. Diese Grenze hast du, so finde ich überschritten. Ich wusste einfach nicht, wie weit du noch gehen würdest. Ich hatte Angst. Und deshalb hab ich dich gefesselt. Wir müssen beide doch irgendwie miteinander klarkommen, oder? Versprichst du mir, dass du ein Problem nächstes Mal einfach bei mir ansprichst? Mit mir kannst du alles besprechen, Johanna, wirklich."

Lea lächelt mich an und streichelt mir den Kopf. „Klar.", sage ich. „Ich mach's nicht wieder so."

Lea bindet mich los, dann setze ich mich auf die Bettkante. Wir umarmen uns. „Johanna, du bist auf gar keinen Fall am Tod deiner Eltern schuld.", erklärt sie. „Den Affentanz haben sie selber begonnen."

„Aber ich war der Auslöser."

„Es gab keinen Auslöser. Ich würde doch nie mein Kind aus dem Haus jagen und mich hinterher selbst umbringen, nur weil es zum Beispiel schwul oder lesbisch ist... Verstehst du, was ich meine? Du hast gezeigt, dass du anders bist und es ist völlig in Ordnung, anders zu sein."

„Klar. Danke. Du musst mir versprechen, dass du auf mich aufpasst."

„Mach ich. Johanna wie alt bist du denn eigentlich?"

„17. Und du?"

„24."


Nach dem DrehWo Geschichten leben. Entdecke jetzt