Ich habe lange nicht mehr geschrieben und das Jahr neigt sich dem ende zu. Das Jahr, von welchem keiner mehr geglaubt hatte ich würde es überleben. Und weshalb auch immer, ich hatte. Und ich werde. Nun saß ich hier, Fieber zog durch meinen erschöpften Körper, benebelte meinen Kopf und seine Gedanken, und dachte über das vergangene Jahr nach. Über die Erinnerungen welche ich gesammelt hatte. Über den Tag an dem sich schlagartig alles zu ändern schien. Der Tag, den ich medizinisch betrachtet nicht erleben hätte dürfen. Die Worte des Arztes hallten in meinen Erinnerungen durch meinen Kopf „Wenn sie so weiter macht wird sie nicht überleben. Mit den schlechten werten die sie hat lebt sie keine zwei Jahre mehr. Vermutlich wird sie keine 18 mehr werden." und ich erinnere mich an das Gespräch zwischen meiner Mutter und dem Arzt auf dem Flur von welchem sie dachten ich bekäme es nicht mit weil ich zu schwach war. „ was aber, wenn sie recht hat? Was wenn sie wirklich einmal tief sinken muss und dann wird sie gesund? Dann geht es ihr wieder gut? Ist sie denn wirklich so krank? Ich verstehe das alles nicht." „ nun, Frau L es tut nir wirklich leid Ihnen das sagen zu müssen... aber das behauptet jede essgestörte. Und wir haben noch keine einzige erlebt oder von einer gehört welche tatsächlich auf diese Weise gesund wurden. Ihre Tochter liegt mehr tot als lebendig hier, sie kann nicht tiefer fallen es ist jetzt schon ein wunder das sie überlebt hat. Und die Erfahrung zeigt, je tiefer betroffene fallen, umso niedriger die Überlebens- und Heilungschancen. Sie muss gesund werden- und das so schnell wie möglich. Unterstützen Sie sie dabei, keinesfalls aber die Krankheit." Ich musste schlucken. Vielleicht hatten genau diese Sätze mich am leben gehalten. Wie zäh der Körper plötzlich sein konnte wenn der Geist zu kämpfen begann und leben wollte. Ich wollte es diesen Ärzten zeigen, meiner Mutter, der ganzen Welt. Ich würde 18 werden. Und in der Zwischenzeit ist viel passiert. Und dieses Jahr war es dann so weit. Im Sommer erreichte ich mein 18. Lebensjahr. Ich hatte es geschafft. Mein Lebensziel, der Moment für den ichüberlebt hatte. Und schlagartig wurde mir in all der Freude bewusst, dass ich nie ernsthaft damit gerechnet hatte. Zwischenzeitlich ging es mir sehr schlecht und ich musste zweimal Zwangsernährt werden um zu überleben, hing teilweise an Monitoren und sah kein Licht am Ende des Tunnels. Hatte versucht mir Anfang des Jahres das Leben zu nehmen im Zuge eines burnoutes mit welchem ich überfordert war. Aber ich hatte überlebt. Ich hatte gelernt das ich stärker war als ich so von mir dachte. Aber ich hatte dieses eine Zeil für welches ich überlebt hatte erreicht. Und nun? Ich hatte nie weiter geplant denn weder ich noch mein Umfeld hatten wirklich daran geglaubt. Aber hier war ich. Wieder mehr tot als lebendig, aber hier war ich. Danach viel ich in ein Loch. Ich war 18. ich war offiziell erwachsen, trug volle Verantwortung für mich. Das was ich seit Kind an wollte um von zu Hause weg zu kommen, das was mich am Leben gehalten hatte, aber auch das wovor ich so unfassbare Angst gehabt hatte. Nun konnte mich keiner mehr zwingen zu überleben, keiner zwangseinweisen. Ich musste jetzt selbst wollen. Für mich selbst sorgen. Konnte ich das schon? War ich schon so erwachsen wie alle dachten? Nein, bei weitem nicht. Ich hatte einige entwicklungskrisen aufzuholen oder auszugleichen. Aber ich musste ja stark und erwachsen sein. Also war ich das. Was fing ich jetzt mit all den Möglichkeiten meines Lebens an? Mit mir? Es überforderte mich. Also lebte ich in so in den Tag hinein, ohne festen Boden, ohne Plan, ohne Idee etwas aus mir oder meinem Leben zu machen. Und mich planmaus machte das unfassbar unglücklich. Und meine ursprünglichen Pläne für die Sommerferien waren ins Wasser gefallen. Es ging mir schlecht und ich befürchtete zwar 18 geworden zu sein, aber nicht älter zu werden. Ich quälte mich. Bekam Lähmungserscheinungen, turnte in lebensgefährlichem Gewicht durch die Gegend. Redete mir ein nicht krank zu sein. Bekam mich aus eigener Kraft nicht mehr aus diesem Loch raus. Und ich schaffte kaum mehr wenige Stunden am Stück wach zu bleiben. Schlief ich jedoch, brauchte ich danach lange um Kraft zu finden mich hoch zu stemmen. Von meinem Leben hatte ich nichts mehr. Da ich nicht aß träumte ich von essen und da ich kaum trank fantasierte ich des Öfteren vor mich hin. Und der Punkt kam erneut an dem ich spüren konnte das ich langsam starb. Das der Körper nicht mehr konnte. Er kämpfte. Mein so heruntergefahrener Puls schoss plötzlich immer wieder in die Höhe, mein Kreislauf ließ ein aufstehen kaum mehr zu. Jede Bewegung verursachte Schmerzen, selbst liegen tat in Knochen und Muskeln weh. Ich setzte ein Lächeln auf, spielte alles wie immer herunter, aber es kam der Punkt an dem es einfach nicht mehr zu ignorieren war. Und wieder kam ich ins Krankenhaus. Wenige Tage nach meinem 18 Geburtstag. Und wieder wurde mir gewaltsam eine Sonde gelegt, während ich schrie und versuchte weg zu kommen. Meine beste Freundin hielt meine Hand, aber ich konnte sie nicht wahrnehmen in der Panik. Und wieder lag ich dort mit gebrochenem Willen, Tränen rannten stumm aus meinen Augen über meine roten Wangen. Und ich bereute überlebt zu haben. Ich schob den Gedanken gewaltsam weg. Ich wollte mich nicht an diesen grausamen Sommer erinnern. An den Tod der mir so nah im Nacken saß. An die Gründe weshalb ich überlebt hatte. Aber ich erinnerte mich gerne an die kurze Zeit danach. Es war das erste mal das ich etwas ganz aus eigener Kraft geschafft hatte. Das ich etwas wirklich wichtiges in punkto Heilung gelernt hatte. Ich wollte aus dem Krankenhaus raus. Ich wollte die Sonde nicht mehr denn es quälte mich mehr als das es mir half. Sie hatten eine dicke gelegt, ich hatte also mehr schmerzen als sonst. Und ich hab mit dem kontrollverlust einfach nicht klar. Also ließ ich, ich war ja 18, die Sonde ziehen und entließ mich selbst. Und es war eine interessante Erfahrung. Obwohl von allen Seiten auf mich eingeredet wurde ich würde es nicht schaffen und wie dumm diese Entscheidung doch sei und wie sauer und enttäuscht alle waren, ich wusste irgendwie ich tat das richtige. Das hier half mir nicht. Und zum ersten Mal wurde mir richtig klar das ich absolut ohne Ausnahme die einzige war die etwas ändern konnte und dafür wollen musste. Und ich wollte. Denn das hier war nur leid gewesen. Und diese Überzeugung es zu schaffen, es zu wollen, kam von ganz tief und war unerschütterlich. Ich fuhr zu meiner besten Freundin bei der ich kurz darauf auch eine Zeitlang wohnte und begann zu essen. Selbstständig, ohne Druck, mit seelischem Beistand. Zu der Zeit kam die kleine caisey in mein Leben. Sie holten den Welpen als ich im Krankenhaus lag und als ich entlassen wurde sah ich den kleinen Vierbeiner dort umhertapern. Sie war wenige Monate alt und jetzt schon bildhübsch. Und ich glaubte es damals noch nicht, aber sie leistete später unfassbar gute Dienste und half mir durch so manche Krise- bis heute.
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Bodenlos
Teen FictionFortsetzung der beiden Bücher „Ana" und „Mental illnes Vibes" , es wird wieder um psychische Instabilität gehen, besonders um Essstörungen, depressive Episoden, ADHS und Trauma in Form von Gewalt. Hiermit eine gesamte TW für das Buch! Genauso wird e...