Seid ich denken kann war mein Zwillingsbruder immer an meiner Seite. Wir haben alles zusammen durchgestanden. Den Tod unserer Mutter und die damit verbundene Trauer. Wir haben immer füreinander eingestanden und uns beschützt. Und ich wusste das wir es auch weiter zusammen schaffen würden, er anscheinend nicht.
Der Regen prasselte auf meinen dunkelblauen Regenschirm, der so garnicht zu meinen schwarz- grauen Klamotten passte und auch nicht zum Rest der Menge. Mein Vater stand neben mir, den Kopf gesenkt und die Hände ineinander verschlungen. Vor uns stand der Priester, der seine Rede hielt und hinter uns die stille Menge. Vor meinen Augen, der graue und unglaublich saubere Grabstein meines Bruders. Der wundervoll in die Erde gelassene und mit Rosen bedeckte, Sarg in dem er lag. Mittlerweile nahm ich dies nur noch halbwegs wahr, denn meine Sicht war von meinen Tränen verschwommen und mein Gehör wie betäubt. Ich nahm garnicht wirklich war, was der Pfarrer da laberte. Auch wenn es schon zwei Wochen her war, fühlte ich mich noch immer wie unter Schock. Zumal ich es mit eigenen Augen gesehen hatte.
An genau diesem Tag vor zwei Wochen, rannte ich die Treppen eines Hochhauses hinauf. Der Fahrstuhl war defekt, weshalb ich rennen musste um Jakob davon abzuhalten zu springen. Die Tränen flossen mir in Strömen über die Wangen und in meiner verkrampften Hand hielt ich mein Telefon und versuchte vergeblich meinen Bruder anzurufen.
Als ich oben ankam, sah ich ihn am Rand des Hochhausgeländers stehen. Er hielt eine Pistole in der Hand.
Als er mich hatte kommen hörten, drehte er sich zu mir um und richtete die Waffe auf mich.
Ich weiß noch das er sowas sagte wie:
»Komm nicht näher! Ich habe doch gesagt du sollst nicht kommen! Warum machst du es dir so schwer!?«
Dann hielt er die Waffe an seinen Kopf: »Es tut mir so leid Isa, aber ich halte es hier nicht aus. Ich werde im Himmel immer auf dich und Paps aufpassen. Ich verspreche dir das ich immer bei dir sein werde.«
Und als ich damals noch versuchte auf ihn zu zu laufen und ihm am Arm zu packen, ihn runter zu ziehen vom Geländer, schoss er ab und sein Lebloser Körper kippte nach hinten über das Hochhausgeländer. Ich übergab mich damals unter Schock, nachdem ich seinen Körper auf den Betonboden Aufprallen hörte.
Ich hatte dieses Geschehnis immer noch so deutlich vor Augen, als wäre es gerade erst passiert. Ich hatte mich damals nicht getraut über das Geländer zu blicken und war dankbar das ich es nicht getan hatte, weil Paps hatte es gesehen und hat seitdem nicht mehr ohne Albträume schlafen können, sagt er.Der Pfarrer war am Ende seiner Predigt und die meisten Leute gingen nun. Nur ich und mein Vater standen noch am Grab von Jakob. Nach einer Weile berührte mich Paps sanft an der Schulter. Ich wischte mir mit meinem Handrücken über die Augen um eine klarere Sicht zu bekommen und sah ihn an. Er sah auch echt ziemlich fertig aus.
»Komm Schatz, lass uns nach Hause gehen.«
»Mhm, nach Hause...«, antwortete ich betäubt. Wir liefen den schlammigen Friedhofsboden entlang, der vom strömenden Regen so aufgeweicht war das meine Schuhe darin bei jedem Schritt einsackten. Zumindest passte das Wetter zu meiner Stimmung. Wir stiegen ins Auto und ich schaute ein letztes Mal zu dem Grabstein von Jakob, bevor wir die Straße nach Berlin passierten.☆𝐓𝐢𝐦𝐞𝐬𝐤𝐢𝐩☆
Ich packte meine übrig gebliebenen Sachen aus meinem Zimmer, in letzten Umzugskarton und verschloss ihn mit Kreppband. Wir zogen nun schon zum zweiten Mal in 3 Jahren um. Das erste mal war der Grund, der Tod meiner Mutter. Und dieses Mal der Tod meines Bruders. Seid der Beerdigung sind ein paar Wochen vergangen, und wir hatten uns entschlossenen noch einmal neu anzufangen, weil besonders ich diese Umgebung wo er mit uns gelebt hatte, nicht verkraften würde.
Ich ging aus der Hocke, hob den Karton an und wuchtete ihn auf die anderen Kartons die sich an meiner leeren Zimmerwand stapelten. Aus dem Augenwinkel konnte ich durch meine offene Zimmertür, in das Zimmer meines Bruders Blicken. Viele Sachen davon hatten wir auch zusammengepackt, weil wir es nicht übers Herz brachen sie zurück zu lassen. Nur seine rote
E-Gitarre stand noch unverändert in der Halterung. Er hatte mir darauf immer etwas vorgespielt und ich bewunderte ich dafür. Ich liebte Musik, nur selbst spielte ich kein Instrument. Ich hatte mal darüber nachgedacht Gitarre spielen zu lernen, aber nach Jakobs Tod fühlte sich das nicht mehr richtig an. Ich wandte meinen Blick von der Gitarre ab, weil sich wieder mal Tränen in meine Augen strahlen und ging runter in die Küche. Mein Dad saß am Küchentisch und sah mich mitleidig an, als er sah, das ich schon wieder geweint hatte.
»Ich weiß es momentan sehr schwer für dich aber wir schaffen das Schatz...«, sagte mein Dad.
Ich lächelte ihn dankbar an. Da ich wusste, dass uns bessere Zeiten bevor standen, irgendwie hatte ich es im Gefühl.
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✩𝐑𝐨𝐜𝐤 𝐦𝐲 𝐇𝐞𝐚𝐫𝐭☆| 𝒯ℴ𝓂 𝒦𝒶𝓊𝓁𝒾𝓉𝓏
Ficção AdolescenteEine betäubende Vergangenheit, von der sie geprägt war. Ein nerviger Zufall, der sich als Glück herausstellte. Eine wundervolle Zeit, die sich ihr offen stellte. Mit neuen Freunden und einem ganz besonderen Menschen, der sich nach einiger Zeit doch...