4 \ a u f g e h e i z t e - s u r f e r

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Mientje


Aufgeheizte Surfer aus dem Wasser steigen zu sehen, war für mich normal. Nur war ich es, die mit Puls am Strand stand.

Ich sah auf Noah, wie er sich im Feld positionierte. Er kreiste ein wenig hinter den anderen, bevor ich auf die Uhr an meinem Handgelenk sah.

Noah van de Meer trug meine Liebe in seinem Namen und ich war drauf und dran, ihm zu verfallen.

Der Start wurde ausgerufen und noch immer hielt er seinen Schirm zu hoch. Worauf wartete er? Er zirkelte zu weit im Abseits.

Endlich sah ich ihn seinen Kite trimmen.Er war ähnlich dem, den er bei mir gemacht hatte. Ein kurzer, wohlkalkulierter Zug. Das Signal zählte runter und er schoss an in die Richtung, in der ich ihn sehen wollte.

„Immer dieses Drama." Hendrikje erschien neben mir und hielt Ole bei der Hand. Verdattert sah ich meinen Bruder an, der wie sie auf das Wasser blickte.

„Er gewinnt. Das ist sicher", rief mein Bruder. Es war der erste von vielen Läufen. Nichts war sicher. Der Wind war unberechenbar, so wie wir.

„Nicht in allem", kicherte Hendrikje und sah ihn an. Wann hatten sie sich genau kennengelernt? Gestern?  Ich sollte ihn schütteln und fragen, ob es sein Ernst ist, mit der Konkurrenz anzubändeln.

Verkniff ich es mir? Leider.

Ich blickte wieder zu Noah, der die erste Boje als dritter umrundete. Seine Wende war schneller, als die der, die vor ihm waren.

„Das ist immer so aufregend", hüpfte Hendrikje neben mir. „Ich freu mich schon auf morgen. Wir werden so viel Spaß haben." Ich sah sie an und war mir nicht mehr sicher, ob ich im Stande war sie zu besiegen. Ihre Augen funkelten, wie ein Kind, dass vor dem Christbaum stand.

"Sicher", bestätigte ich. Ich war so im Arsch. Wie konnte ich ihren Traum platzen lassen? Sollte es ein anderer tun. War nicht möglich, sagte ich mir. Sie war eine van de Meer. Ich sah noch einmal auf sie, wie sie begeistert ihrem Bruder zuschaute.

Er holte auf und das verdammt schnell. Von wegen Power aus dem Schirm nehmen. Heuchler. Ich beobachtete genau, wann er den Schirm für Sekunden höher lenkte, um die Bojen zu umrunden. 

Fieberte ich mit? Heiß genug war mir.

„Verdammt", fluchte ich, als er knapp verpasste, an dem Surfer vor ihm vorbeizuziehen. Er lenkte seinen Kite höher, um nicht mit ihm zu kollidieren.

„Was macht er?", fragte ich entsetzt. Noah gab weniger Kante hob seinen Schirm und verlor an Höhe.

„Ich schafft sich Platz", freute sich Hendrikje und umgriff meine Hand. Sie hüpfte neben mir, wie mein Arm, der mit ihr wippte.

Die nächsten Minuten rasten an mir vorbei, wie Noah auf dem Wasser. Er überholte den Zweiten und mein Herz sprang fast aus der Brust, als er durchs Ziel raste.

„ Ah. Egal. Er mag Slalom eh nicht", fluchte Hendrikje, als er als zweiter durchs Ziel kam."

„Es ist erst das erste Rennen", antwortete ich mit erstickter Stimme.

„Er war abgelenkt", grinste sie und gab mir eine kurze Umarmung. "Wir beide wissen, wie ein richtiges Rennen gefahren wird, oder?", grinste sie. Sie hüpfte ohne auf meine Antwort zu warten aufgeregt zum Strand. Sie hielt jubelnd ihre Arme in die Luft. Sie strahlte, als hätte sie selbst gewonnen.

Ich war zu verbissen. Ich wünschte, ich wäre ein bisschen mehr wie sie.

Mein Blick schweifte zu Noah. Sein Board raste aufs Ufer. Kurz vor dem Strand schlüpften seine Füße aus der Bindung. Die letzten Meter ließ er sich von seinem Schirm tragen und war im Nu am Strand. Teamkollegen umringten ihn, wie einige Reporter.

Er hatte noch seinen Kite in der Hand, die sind doch alle irre.

„Er hasst die Medien", flüsterte Ole mir ins Ohr. Ich sehnte es hingegen herbei. Für die nächsten dreißig Minuten sahen wir zu, wie er den Reportern antwortete. Zum Glück gaben sie ihm zwischendurch genug Luft, seinen Kite zu landen.

Sein Blick ging über die Menge und erblickte Hendrikje, die ihm schüchtern zuwinkte. Schnurstracks ging er auf sie zu und nahm sie vorsichtig in den Arm.

„Das war richtig gut", jauchzte sie in seinem Arm. Über ihre Schulter hinweg sah er mir strahlend in die Augen. Er war vollgepumpt mit Adrenalin.

Das schönste Lächeln der Welt. Surfer, die aus dem Wasser stiegen. Das Gefühl ließ sich nicht erklären. Man musste es erleben.

Mein Gesicht strahlte, ohne dass ich etwas dagegen tat. Vor mir stand immer noch Noah van de Meer. Ich freute mich für ihn und war mir sicher, dass er es sah.

„Danke", formten seine Lippen lautlos das Wort. Wofür, sollte ich fragen, doch ich war zu hingerissen von seinem Lächeln.

Er flüsterte etwas seiner Schwester ins Ohr. Sie nickte daraufhin und ließ ihn los. Ihr Zwinkern irritierte mich ein wenig. Sie eilte jedoch zu meinem Bruder, schnappte seine Hand und zog ihn mit sich.

Als Nächstes standen nur Noah und ich am Strand, zumindest in meinem Kopf. Der Wind peitschte und Haare wedelten uns in die Augen. Sie verdeckten dennoch nicht, was ich in seinen sah.

arche noah ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt