Mientje„Was ist, kleine Schwester?" Ole kam auf mich zugerannt und mit einer Kitetasche unter seinen Armen.
„Nichts." Ich versuchte das Kommentar über meine Größe zu ignorieren. Mein vier Jahre jüngerer Bruder meinte es nur gut. Dennoch hatte ich heute davon genug.
Ich sah auf den Rucksack in seinen Händen und meine Augen leuchteten auf. „Du machst es zu einem perfekten Tag. Danke großer Bruder." Er grinste und streckte seinen Kopf, der mich überragte höher.
„10er als kleines Warm-Up für morgen? Oder willst du lieber den 12er nehmen, um ein wenig mehr Power zu haben?" Er verstand mich, ohne dass ich etwas sagen musste.
Er war erst fünfzehn und heiß darauf, selbst teilzunehmen. Er würde es schaffen, das stand außer Frage.
„Der tut's", sagte ich und nahm ihm den Rucksack ab. „Vielleicht brauch ihn morgen." Ich sah zum Wasser und es war nicht schwer, Noah auszumachen. Seine Sprungtechnik war atemraubend schön.
Big Air war nichts, in dem ich antreten würde. Koordinativ hakte es bei meinen Sprüngen. So viel ich auch geübt hatte, ich war immer zu langsam.
„Er wird gewinnen", Ole verfolgte begeistert seinen Sprüngen und als ich mich umsah, taten es viele ihm gleich.
„Hoffentlich erwischt ihn eine Böe", grollte ich.
„Das wird ihm nichts ausmachen. Es sei denn, du bist die Böe", lachte er laut.
„Haha. Vielleicht überleg ich mir das noch."
„Was hat er gesagt?", fragte er interessiert und half mir, mein Material aufzubauen.
„Dass ich seine Schwester nicht umfahren soll." Ich sah sie unweit von uns am Strand stehen. „Dort drüben ist sie." Ich zeigte in die Richtung und Ole wurde ganz aufgeregt.
„Hendrikje ist toll, oder?" Sie war ein Jahr älter als er. Drei verdammte Jahre jünger als ich und so talentiert. „Stellst du mir sie vor?", fragte er begeistert.
„Ich schätze, dass brauche ich nicht." Sie kam freudestrahlend auf uns zu. Im Gegensatz zu ihrem Bruder fiel es mir schwer, sie nicht zu mögen.
„Hey Mini", rief sie, als sie näher kam und Ole grinste mich an.
„Mini?", fragte er tonlos und ich schüttelte nur den Kopf.
„Mein Bruder Ole", zeigte ich auf den Zappelphilipp, der gar nicht versuchte, seine Aufregung zu verbergen.
„Hendrikje", streckte sie ihm die Hand entgegen. „Ich weiß", grinste er sie aufgeregt an.
„Schätze, ich habe gerade einen Fan verloren", schüttelte ich meinen Kopf.
„Kann ich dir beim Starten helfen? Ich würde gerne sehen, wie du deinen Kite trimmst." Entgeistert sah ich sie an. Das war direkt.
„Hat dein Bruder keine Zeit dafür?" Er sollte das wissen. Er verbrachte sicherlich Stunden damit, wie ich auch.
„Doch. Aber du bist so klein und wiegst locker fünfzehn Kilo weniger als ich. Es interessiert mich."
„Bist du dir sicher, dass dein Bruder nichts dagegen hat?" Ich sah aufs Wasser und sah genauer hin. „Fährt er strapless?"
„Ja, das ist seine neue Leidenschaft", nickte sie eifrig. „Er übt noch." Das sah nicht nach Üben aus. Ich hatte noch nie einen Post gesehen, in dem er zeigte, dass er so gut darin ist.
„Wenn das Üben ist. Was kannst du dann?" Hatte ich das laut ausgesprochen? Ihrem Kichern zu urteilen, war es so.
„Danke. Er spricht viel über dich. Du hast einen bleibenden Eindruck hinterlassen."
„Denk ich mir." Das werde ich nicht so schnell vergessen. Es fühlte sich an, als wäre es gestern passierte.
Ich hatte die Zeit auf dem Wasser vergessen. Ich kam erst kurz vor dem Rennen raus. Dann hatte ich nicht aufgepasst. Anstatt meinen Kite zu landen, hatte ich hastig versucht die Bindung zu lösen.
Hektisch ist nie gut, wenn man eine Bar in der Hand hält. Mein Kite folgte dem Befehl, den ich ihm gab und flog direkt in seinen. Sie wickelten sich ineinander, was mich eine Stunde Arbeit kostete.
Sein Glück war, dass sein Team einen Ersatzschirm aufgebaut hatte und ihm sofort brachte. Der Schwall an Flüchen, war gerechtfertigt.
Dass er mich nach seinem gewonnen Rennen aufsuchte und es erneut tat, nicht. Es tat immer noch weh.
Meine Gedanken hingen an diesem Tag fest, während ich neben Hendrikje am Ufer saß. Ich erklärte ihr geduldig, wie ich meinen Kite trimmte und auf was ich achtete.
Sie selbst erzählte, wie sie es tat. Machen Konkurrenten sowas? Keine Ahnung, warum ich auf sie einging. Es machte Spaß. Ole saß neben mir und hatte nur Augen für sie.
„Habe ich nicht gesagt, du sollst dich von meiner Schwester fernhalten?", unterbrach uns Noah plötzlich. Ich hatte auf ihn schon eine Weile nicht mehr geachtet.
Er ließ sich hinter mir in den Sand fallen und schneller, als ich gucken konnte, griff seine Hand um meinen Board und zog an der Safety Leash.
„Was soll das?", schnaubte Hendrikje schneller, als ich der Situation gewahr wurde. „Das war absolut unnötig." Sie stemmte ihre Hände in die Hüften und sah wütend hinter mich.
Luftanhalten. Weiteratmen.
Ich holte schnell eine Leine ein und mein Bruder sprang ins Wasser, um den Kite rauszuziehen. Ich hörte sie hinter mir diskutieren, doch ich achtete nicht auf sie.
Als ich meine Bar zusammengewickelt hatte, ging ich zu meinem Schirm. Ich wollte nur noch weg hier.
Ich winkte ab, als mein Bruder mir helfen wollte. Allein sein, war alles, was ich wollte.
„Tut mir leid." Noah tauchte neben mir auf und drehte meinen Schirm um. „Ich helf dir beim Aufbauen."
„Kein Bedarf. Geh einfach."
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arche noah ✔︎
RomanceMientje fieberte nur wenigen Tagen im Jahr entgegen. Die Kitesurf-Masters in St. Peter Ording gehörten definitiv dazu. Letztes Mal endete das Event in einem Desaster, als sie mit ihrem Kite in Noah van de Meer hineinrannte und ihm fast den Start zu...