Kapitel 3

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Es war, als würde der Erdboden unter Sonnenglanz' Pfoten weggerissen werden. Ihre Pfoten gaben nach und sie fiel auf den Waldboden. Die Welt begann um ihr begann sich zu drehen, ihre Sicht verschwamm. Entsetzt schnappte sie nach Luft.

Golddkralle hat Schmetterlingsblüte umgebracht! Erdbeerblütes Worte echoten durch Sonnenglanz' Kopf, immer und immer wieder, ohne das ihr die wahre Bedeutung dieser schrecklichen Worte bewusst werden wollte.

Alte Erinnerungen, die sie damals krampfhaft verdrängt hatte, drängten sich an die Oberfläche ihres Bewusstseins. Es war ein kalter, verschneiter Wintertag. Honigpelz hatte sie zum Jagen auf die Wiese geschickt. Der Moment, als sie Schmetterlingsblüte sah, alleine, im Schnee liegend. Um sie herum der rotfärbte Schnee. Sonnenglanz verzweifelten Hilferufe. Die Wucht der Erkenntnis, dass ihre Mutter nie mehr wieder ihre Augen öffnen würde.

Damals hatten alle angenommen, es wäre ein wildes Tier gewesen. Der Schnee hatte alle Spuren verdeckt und weggewaschen. Doch nie hätte Sonnenglanz daran gedacht, dass es jemand aus dem NebelClan gewesen war. Und schon gar nicht, dass es ihr eigener Vater war.

Sie vernahm einen leisen Schrei, ohne zu realisieren, dass er von ihr stammt. Ihr Kopf wollte immer noch nicht der offensichtlichen Wahrheit glauben. Doch irgendwie sie wusste, dass Erdbeerblüte nicht log. Es ergab alles Sinn.

Rückwärts taumelte Sonnenglanz aus dem Busch. Ihr Kopf summte und ihre Beine zitterten. Sie fühlte sich, als hätte jemand sie in eiskaltes Wasser getunkt. Kraftlos stand sie auf. Blindlings stolperte sie davon, durch den Wald. Die Bäume verschwammen vor ihren Augen zu grünen Schatten.

Doch es taten sich mit einem Mal neue Fragen in ihrem benebelten Kopf auf. Warum hat Erdbeerblüte ausgerechnet ihr dies erzählt? Warum nicht ihrer Schwester oder jemand völlig anderen? Aus welchen Grund hat Goldkralle ihre Mutter umgebracht? Was hat es ihm überhaupt gebracht? Und was soll sie jetzt mit dieser Information anfangen? Zu Himmelstern rennen? Aber hätte das Erdbeerblüte nicht selber machen können?

Verwirrung und Wut machte der Verzweiflung und Trauer Platz. Mit einem Mal fühlte sich Sonnenglanz völlig ausgelaugt und erschöpft. Sie wollte nur noch in den Kriegerbau rennen und sich in ihrem Moosbett vergraben. Vielleicht wachte die dann auf und es stellte sich alles nur als Alptraum heraus.

Irgendwie schaffte es Sonnenglanz doch zurück in das Lager. Doch sie hatte die Rechnung ohne die Grenzpatrouille gemacht. Die wartete bereits darauf, dass Sonnenglanz mitkam. "Da bist du ja endlich! Kommst du?", rief Rotwolke, während sie ungeduldig mit den Vorderpfoten trippelte.

Entgeistert starrte Sonnenglanz die Grenzpatrouille, bestehend aus Rotwolke, Baumherz, Fleckenfell, Gelbbrise und Rosenblatt an. Erwartungsvolle Blicke ruhten auf ihr. In den letzten Minuten war so viel passiert, dass sie echt keine Kraft für alltägliche Kriegerpflichten hatte. Doch wie soll ich ihnen das denn erklären, ohne das es auffiel?

Andererseits würde ihr ein Spaziergang vielleicht einen klareren Kopf verschaffen. Sie wusste immer noch nicht, was sie jetzt machen sollte. Beerenfell wird doch seinen Grund zum Schweigen gehabt haben, oder?

Innerlich gab sie sich nun einen Ruck. "Ja, ich komme schon", rief sie, in der Hoffnung, dass ihre Stimme nicht allzu sehr zitterte. Auf immer noch leicht zitternden Beinen drehte sie sich um und folgte der Patrouille aus dem Lager.

"Es gab übrigens eine kleine Planänderung. Wir gehen zum Donnerweg", erklärte Rotwolke ihr. "Eulenflügel hat uns den genauen Überfallsort beschrieben und jetzt schauen wir mal, ob wir dort etwas finden

"Abwesend nickte Sonnenglanz. Der Streunerangiff schien plötzlich in weite Ferne gerückt zu sein. Allgemein nahm sie alles nur gedämpft wahr, als würde es nur in der Ferne stattfinden. In ihrem Kopf lag ein ihrer Nebel, der sich einfach nicht lichten wollte.

"Alles gut bei dir? Du siehst so blass aus. Vielleicht solltest du einmal zu Bereenfell", hörte sie Rotwolkes Stimme erneut.

"Äh, ja, alles gut. War nur in Gedanken versunken", meinte Sonnenglanz schnell. Weitere Probleme wie ein Besuch bei Beerenfell konnte sie jetzt echt nicht gebrauchen. Rotwolke zuckte nur mit den Schultern und stolzierte davon.

Nach einer Weile lichtete sich der Wald, der das NebelClan Lager umgab und eine weite Wiesenlandschaft erstreckte sich vor ihnen. Die Sonne brannte gnadenlos vom Himmel und nun gab es keine Bäume mehr, die ihre Pelze vor dem grellen Licht schützen konnten.

Schon von weitem konnte Sonnenglanz das ohrenbetäubende Röhren der Monster vernehmen. Und bald schlug ihnen auch schon die heiße, stickige Luft in Wellen entgegen.

Zielstrebig führte Rotwolke die Patrouille in Richtung RegenClan Territorium voran, bis sie an einer Stelle nahe dem Donnerweg ankamen. Das Gras war dort platt gedrückt und die Spuren des Kampfes waren noch ziemlich deutlich zu erkennen.

Gelbbrise lief um die Stelle herum und schnupperte gründlich, auf der Suche nach irgendwelchen Spuren. "Der Geruch ist bereits ziemlich schal, aber es waren ziemlich sicher keine Clan oder Hauskatzen", stellte er fest.

Nach einer gründlichen Suche gaben sie letztendlich auf. Die angeblichen Streuner haben keine eindeutigen Spuren hinterlassen, mit denen sie irgendetwas anfangen konnten. Sie beschlossen, ein wenig an großem Fluss entlangzulaufen und zu jagen, bevor sie zurück in das Lager kehrten. Dort gab es vielleicht noch am ehesten etwas Beute, da sich der Großteil der Tiere wahrscheinlich verkrochen hat.

Lustlos schleifte sich Sonnenglanz am Fluss entlang, ohne sich besondere Mühe zu machen, irgendwelche Beute aufzuspüren. Die Hitze macht sie träge und ihre Gliedmaßen fühlten sich wacklig an. Ihr Kopf brummte immer noch und ihre Kehle war wie ausgetrocknet.

Sie beschloss, bei einer flacheren Stelle am Fluss etwas zu trinken. Vorsichtig tapste sie die Uferböschung hinab und zwängte sich durch das dichte Schilf. Das Wasser schwappte leicht um ihre Pfoten und reflektierte das helle Sonnenlicht.

Das vergleichsweise kühle Wasser war erfrischend und klärte ihre Gedanken ein wenig. Gerade wollte sie sich wieder umdrehen, als sie ein Geraschel ganz in der Nähe hörte.

In der Hoffnung, dass es sich vielleicht um eine Maus handelte, schlich Sonnenglanz sich zum Ursprung des Geräusches. Doch als sie durch das Schilf spähte, sah sie ihre Schwester. Zusammen mit Tigersturm.

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Sonnenglanz' ErkenntnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt