„Ich weiß Jungchen, komm her." Er lässt sich das nicht zweimal sagen, bedankt sich bei den Schicksalsgöttern für den Blutfluss, denn dieser schafft immer die Brücke zwischen ihm und Madame Dubois.
Blut verbindet.
Es mag für Außenstehende verrückt, nein sogar psychotisch klingen, doch die Dame hegt eine ungemeine Faszination für diese rote Flüssigkeit, die im Aderwerk lebender Wesen aufzufinden ist.
Er humpelt zu ihr hin, gibt sich wesentlich hilfloser, als es sein Zustand verraten würde und wäre ich nicht der allwissende Erzähler dieser Misere, so würde ich ein Fünkchen Mitleid für dieses Opfer empfinden.
„Lass mal sehen kleiner Bengel. Was hast du nun wieder angestellt?"
Sie verdreht ironisch die Augen und er zuckt nur mit den Schultern.Ein verliebter Narr ist das, anders ist diese Dummheit nun wirklich nicht zu erklären. Sie tat ihm das an, daran ist kein Zweifel und doch nimmt er die Schuld auf sich.
Wie sie mit den dunklen Wimpern klimpert, ihre Finger über seine Schläfe reibt und schließlich das Blut mit der geschickten Zunge ableckt, sieht mehr als diabolisch aus.
Doch das ist Joceline.
Joceline Dubois.Ihr Name, der übrigens sowas wie die Einzigartige bedeutet, trifft ebenfalls auf ihre spezielle Person zu. Oder kennt man etwa viele Frauen mittleren Alters, die das Blut eines jungen Mannes kosten, den sie nur wenige Minuten zuvor in ihr Bett eingeladen haben?
Dieser junge Mann, Alain heißt er, lässt sich gern von seiner Madame umsorgen. Von der Frau, die ihn wie den letzten Dreck behandelt und altersmäßig die Rolle seiner Mutter übernehmen könnte.
Eigentlich keine schlechte Idee, doch wer vögelt schon mit seiner Mutter?
Das wären ganz andere Dimensionen, die hoffentlich keinen Platz in dieser Geschichte finden.Alain blinzelt verlegen, drückt seinen Kopf gegen sie, sucht Halt und so etwas wie Liebe. Immer noch versucht er es. Vergeblich.
Sucht Liebe im Hass.
Verwandelt ihren Hass in Liebe.
Zumindest hofft er das und wollen wir mal nicht allzu pessimistisch sein und der Hoffnung eine Chance geben. Immerhin ist sie das was bleibt, wenn man nichts mehr übrig hat, woran man glauben kann.„Sie sorgen sich stets um mich, wie kann ich Ihnen bloß danken?" Alain beugt sich leicht zu ihr hinunter, küsst ehrfürchtig ihre mit kleinen Falten geschmückte Stirn und bleibt in der niederen Trance der Unterwürfigkeit gefangen.
„Kleiner, du weißt welchen Dank deine Madame am liebsten mag."
Sie, die große Madame Dubois, die Gräfin eines unheimlich großen Landes in Frankreich, ertränkt seine letzten Tropfen roten Blutes in ihrem Rachen, lächelt etwas benommen und klopft ihm leicht auf die Brust. „Gut so gut so." Lobt sie ihn, den jungen Mann, der natürlich sein Glück kaum fassen kann und bis zum Ende seiner mickrigen Existenz abhängig von den Worten dieser französischen Lady bleiben wird.
Es ist weder das erste, noch das letzte Mal, dass sie sich seines Aderwerkes annimmt.
Mag sehr wohl sein, dass Alain gut einen Kopf größer als seine Madame ist, doch wahre Größe liegt im Charakter. So leid es mir tut, die Zügel hat sie in der Hand, es war nie anders und wird nie anders sein.
„Nun geh schon, sonst verliere ich noch die Fassung." Sie versucht sich zu beherrschen, ein schwieriges Unterfangen.
„Dann verlieren Sie sie."
Dummer dummer kleiner Junge.
Provoziert nicht nur, sondern gibt ihr auch noch den Freischein, die Kontrolle zu verlieren.
Das wird er bereut haben, spätestens dann, wenn sie sich auf ihn stürzt und ihm den Lebensatmen aussaugt, bis sein Körper mehr weiß, als farbenfroh ist.Doch dann wird es zu spät sein.
Zu spät für die Liebe und zu früh für den Tod.
// was haltet ihr bis jetzt von diesem in Blut getränkten Werk?
DU LIEST GERADE
Die Comtesse
Literatura Feminina18+ Madame Dubois liebt Intimitäten mit jüngeren Männern. Ihre Faszination gilt der Eroberung und Ausbeutung naiver Herzen. Sie schreckt vor nichts zurück, denn sie ist der Schrecken. Sie wird immer siegen gegen die Liebe, richtig? Selbst wenn ein...