Zur gleichen Zeit war Herr Y. in großen Schwierigkeiten. Er stand neben einem Nachttelefon, das ein blaues Ziffernblatt hatte, der schwarze Hörer baumelte an einem grauen Kabel und war triefnass vom heftigen Regen. Herr Y. überlegte fieberhaft, wie er Kontakt zur Zentrale aufnehmen könnte, seit einer halben Stunde stand er neben dem Apparat und dieser gab keinen Ton von sich. Nur noch eine Ladung Briefe galt es zu verschicken, dann war er sicher, dass wusste er. Doch die Zeit rannte ihm gnadenlos hinterher, es war bereits 4:10 als Herr Y. hoffnungslos und erschöpft einen Schritt zurücktrat und etwas schreckliches sah. Neben dem Nachttelefon konnte man den Horizont erblicken und am Horizont ging die Sonne auf. Schnell versteckte sich Herr Y. unter seinem Schirm und kniete sich in das Moos auf dem Boden, vor das Nachttelefon. Seltsam, dachte er. Der Bildschirm des Nachttelefons leuchtete. Er wählte erneut die 0, die Nummer der Zentrale, dann drückte er drei Mal schnell den Knopf, auf dem ein Telefonhörer abgebildet war und nahm den Hörer in die Hand. Doch auch dieses Mal hatte er keinen Erfolg. In diesem Moment blickte er an sich hinab und bemerkte mit Schrecken, wie sich sein gelber Mantel erst grau verfärbte, dann sein Hut, als nächstes seine Schuhe. Danach fiel ihm seine Brille auf den Boden, die Uhr aus der Hand, dann löste sich sein Regenschirm auf. Herr Y. schrie so laut er konnte. „Nummer 17, abschicken! Nummer 17, abschicken!", schrie er immer wieder, doch langsam wurde seine Stimme schwach. „Nummer 17, abschicken! Sonst bin ich dran!!", rief er noch ein letztes Mal.
Zur gleichen Zeit war es im Turmzimmer von Mr. Lora unheimlich still. Der Mann hatte seine Nachtschicht schon fast abgeschlossen, noch knappe 2 Stunden, dann hatte er es geschafft. Er griff in seine Tasche, um sich die fünfte Zigarette zu gönnen. Plötzlich klingelte das Nachttelefon unheimlich laut, so laut klingelte es sonst nur in Notfällen. Schnell sprang Mr. Lora auf und ergriff den Hörer. Als er den Hörer an sein Ohr hielt schreckte er heftig auf und seine Augen weiteten sich vor Schreck. Er hörte eine verzweifelte, schreiende Stimme, doch bei den vielen Telefonaten, die er führte konnte er unmöglich alle Stimmen zuordnen. „Nummer 17, abschicken! Nummer 17, abschicken!", schrie die Stimme immer wieder. Er suchte verzweifelt in seinen Unterlagen, wen er zum Briefkasten mit der Nummer 17 geschickt hatte - und da erkannte Mr. Lora, wem die Stimme gehörte. „In Ordnung, ich gebe sofort den Auftrag zum Versenden!", rief er, legte auf und rannte los.
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Die Nachtpost
Короткий рассказHerr Y., der von Beruf Nachtpostbote ist, ist dafür verantwortlich, die Liebesbriefe der Menschen zu verschicken. Doch dabei begibt er sich in große Gefahr, die in diesem Fall für ihn fast tödlich endet...